Balkonfesnter mediterranes HausAm Eigenheim beliebt: mediterranes Flair.
Am Eigenheim beliebt: mediterranes Flair.

Ich bin Gärtner und Publizist und kein Architekt, doch bei der Bewertung mancher architektonischer Fragen ist das manchmal besser. So zum Beispiel beim Thema rund um südländische Balkonfenster. Wir haben diese bodentiefen, vielleicht noch mit jalousieartigen Klappläden versehenen Fenster und die dadurch geprägten Häuserfassaden des Südens in unseren Urlaubserinnerungen. Bei der Planung des neuen Eigenheimes möchte mancher dann auch gern diesen mediterranen Stil übernehmen. Das ist durchaus verständlich, wird aber häufig falsch umgesetzt bzw. nicht zu Ende gedacht.

Das mediterrane Haus mit romantischen Balkonfenstern (französische Balkone) soll daheim für viele der Stein gewordene Urlaubstraum werden. Darum ist es sinnvoll, einmal über den Zweck dieser Fenster nachzudenken, denn sie sind im Original nicht nur Zierde und Balkon. Wenn wir uns etwas mehr Gedanken über das Wie und Warum dieser Architekturdetails machen, dann können wir diese Bauidee des Südens für unsere Zwecke sogar noch etwas perfektionieren.

"Französische Balkone": Der Zweck ist die schnelle Lüftung der Räume

Mediterranes Stadtbild© Anna-Mari West - Fotolia.com Nicht aus Jux und Tollerei baute/baut man im Süden die Fenster tief, häufig bodentief, es hat einen wirklich triftigen Grund. Der hauptsächliche Zweck dieser Fenster ist die schnelle Lüftung des Zimmers bzw., in der richtigen Anordnung, des ganzen Hauses auch ohne Klimaanlage.

Und selbst der jalousieartige Schlagladen, der von Außen vor das Fenster geklappt werden kann, gehört zu dieser einfachen und wirksamen Klimatisierung des Hauses. Die Kombination von äußerem Klappladen und bodentiefen Fenster ermöglicht es, auch an heißen Tagen die Räume im Haus temperiert zu halten.

Das längliche Fenster mit innen angebrachter Jalousie, wie es inzwischen häufig an neu gebauten Häusern zu sehen ist, wirkt sich dagegen eher kontraproduktiv aus. Und die Fassade bietet mit ihren "Schießscharten" einen unschönen Anblick. Wer aber an solch einem Lüftungsfenster festhalten möchte, dem rate ich, es mit einem kleinen Balkon oder wenigstens mit einem zierenden Scherengitter zu versehen.

Generell sollte man aber bedenken, dass es um vieles praktischer ist, die Fenster nicht bodentief anzubringen, um Möbel im Zimmer flexibler stellen zu können. Wegen einer besseren Lichtausbeute und einer evtl. schöneren Panoramasicht, ist es in unseren Breiten außerdem besser, die Fenster nicht so schmal zu konstruieren. Perfektioniert ist dieses Prinzip in der nordalpinen Veranda, die zudem Schiebefenster hat und somit beim Öffnen keine Fensterflügel den Raum versperren. So kann man den Raum beispielsweise an einem schönen Herbsttag mit offenen Schiebefenstern so nutzen, als säße man draußen im Garten unter dem Terrassendach. Solche Veranden sind, so möchte ich behaupten, sogar noch praktischer als Wintergärten, in denen man mehr isoliert in einem Glashaus sitzt. Mit der Veranda bewohnt man quasi den Garten.

Sichtschneisen schaffen, herkömmlich Architekturkonzepte verwerfen

Und zum Schluss noch ein wichtiger Aspekt, bevor man sich für ein breites Panorama- bzw. schmales Hochkantfenster entscheidet: Ersteres ermöglicht die Sicht auf ein schönes Panorama. Ob das immer so schön ist, muss individuell entschieden und sollte keinesfalls außer Acht gelassen werden. Das vertikale Fester ermöglicht gezielte Sichtschneisen in die Umgebung und kann unerwünschte Ansichten ausgrenzen.
Wenn man unter diesem Gesichtspunkt ein Haus plant, dann ist ein Fenster eine sehr individuelle Sache. Und man sollte das Eigenheim mehr von innen heraus planen. Die einfache Platzierung der Fester in eine optisch gestylte Fassade wird somit zweitrangig. Nicht jeder aber hat den Mut, solch ein Konzept durchzusetzen. Häufig machen auch Architekt und Bausatzung eines Ortes so manchen Strich durch die Rechnung.

Beispiel einer mutigen und genialen Umsetzung der Idee: Das Sommerhaus Albert Einsteins in Caputh (bei Potsdam). Es ist eine Kombination von nordischem und südalpinem Baustil.

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