Amor PlastikAmorplastik im Seifersdorfer Tal bei Dresden.
Amorplastik im Seifersdorfer Tal bei Dresden.

Wer gern alte Gärten- oder Parkanlagen besucht, der findet dort oft zahlreiche Statuen mit den verschiedensten Protagonisten. Im Barock, also einer Zeit, in der die Theaterkunst hoch im Kurs stand, posieren auf den Postaments die unterschiedlichsten Figuren. Der Themenkreis, auf den sich die Bildhauer (ebenso wie die Kunstmaler für ihre Gemälde) bezogen, war neben dem Jahreskreis vor allem die antike Mythenwelt. In diesem Zusammenhang taucht immer wieder der Liebesgott Amor auf.

Verantwortlich dafür ist die Kunstepoche der Renaissance, in der die intellektuelle Oberschicht der Gesellschaft die antiken Werke (Literatur, Bildhauerei, Architektur) neu entdeckte. Ab dieser Zeit finden wir also in der Malerei, in der Bildhauer- und genau genommen auch in der Gartenkunst Anlehnungen an die Vorstellungen der antiken Griechen und Römer.jacues louis david Cupido und Psyche 1817Amor und Psyche von Jacques-Louis David, 1817 (Klassizismus)

 

Erst ab der Epoche der Romantik kam es auch zu einer Rückbesinnung auf die germanische Mythologie, doch selbst im frühromantischen Landschaftspark im Seifersdorfer Tal finden wir die oben abgebildete Amor-Plastik. Die Amouren begleiten uns dann bis in die Kunst der Gegenwart hinein. Zur Erinnerung sind hier noch einmal die wichtigsten Stilepochen aufgelistet, welche wir beim Besuch von Gärten, Parks und Schlössern im Hinterkopf haben sollten:

Die wichtigsten Stilepochen der Kunst

  • Antike (3000 vor Chr. bis 300 nach Chr.)
  • [ ... ]
  • Renaissance ( Kernzeitraum 15. bis 16. Jahrhundert )
  • Barock ( ca. 1600 – 1720)
  • Rokoko ( ca. 1720 – 1770)
  • Klassizismus (ca. 1760 – 1830)
  • Biedermeier ( ca. 1815 – 1850) kein klassischer Kunstbegriff
  • Romantik ( ca. 1790 – 1840 )
  • Historismus ( ca. 1750 – 1850)
  • Jugendstil (ca. 1880 – 1920)
  • Moderne (ca. 1900 – 1950)

Die Mythologie

In der griechischen Mythologie ist Eros der Gott der erotischen Hinwendung an das andere Geschlecht. In der Mythologie der Römer ist es Amor (auch Cupidus, Cupido), der als Gott personifiziert die erotische Liebe darstellt. In der römischen Version tritt allerdings das Erotische zurück und Amor ist eher das auslösende Moment und das Sichverlieben mit all seinen Merkwürdigkeiten, Phasen und Spielarten. "Cupido" wird ins deutsche mit Begierde oder Leidenschaft übesetzt und erklärt so die römische Version recht gut. Amor bezeichnet im lateinischen die Liebe in ihrer begehrlichen Form. 

Amor und Psyche DoppelplastikLiebesgott mit Psyche. Sandsteinskulptur im Barockgarten Großsedlitz bei Dresden.

Interessant mag sein, dass schon bei den alten Griechen der Gott Eros im religiösen Kult keine erwähnenswerte Rolle spielte, aber um so mehr in der Literatur (Liebesgedichte), in den gestaltenden Künsten und in der Musik. Seit der Zeit des griechischen Dichters Apollonios von Rhodos (295 v. Chr. – 215 v. Chr.) gilt Amor in der Literatur meist als Sohn von Venus und Mars und aus der Verbindung mit Psyche stammt die Tochter Voluptas ("Lust"). Den bekanntesten antiken Erzählstoff über Amor finden wir bei Apuleius in seinen Roman "Metamorphosen" *. In diesen eingebettet ist die Erzählung von Amor und Psyche.

Klassische Motive, Darstellungen

In der griechischen Klassik (ca. 500 – 336 v. Chr. [Alexander der Große] ) tritt uns Eros als schöner Jüngling entgegen (Attribute sind Peitsche, Netz, Sandalen) In der folgenden hellenistischen Zeit ( 336 v. Chr. bis 30 v. Chr. [Römisches Reich]) findet sich dann die künstlerische Darstellung des Liebesgottes als Kleinkind (Putte) mit Pfeil und Bogen. Wer vom Pfeil des Knaben getroffen wird, bei dem wird die Leidenschaft geweckt. Weniger bekannt ist allerdings, dass nur ein Pfeil mit goldener Spitze dies bewirkt. Verwendet Amor jedoch einen Pfeil mit bleierner Spitze, so tötet es jegliche erotische Leidenschaft.

Die neuen Kunstmotive 

Eine wahre Fundgrube zur Thematik sind die Gedichte der deutschen Schriftstellerin Engel Christine Westphalen geb. von Axen (1758 – 1840). In ihren Band "Gedichte: Kleinere Gedichte, Denkmäler, Elegien u. Idyllen, Band 3" Hamburg, 1811 finden wir zahlreiche Gedichte, welche sich um den leichtsinnigen Liebesgott ranken. Z.B. Eros und die Muse Erato; Amor und Minerva; Der gefangene A.; usw.

Amor im Seifersdorfer Tal

Am Ende schauen wir noch einmal zu der Statue im Seifersdorfer Tal, einem der ältesten Landschaftsparks in Deutschland

Amor mit Sanduhren Zeitsymbolik

Vor der zierlichen Skulptur, die in dem Gelände nicht leicht zu finden ist befindet sich eine Schriftplatte aus Sandstein und verbindet auf diese Art und Weise die Dichtkunst mit der Gartenkunst. Wie so oft ist auch hier das Thema der leichtfertige Knabe, der wohl nie erwachsen werden will. Doch wird der Geflügelte in der Literatur deswegen oft gemahnt, so wird er, gemeinsam mit den Sanduhren in den Händen und nahe am Fluss des Tales stehend, zu einer Metapher für die Zeit:

Eine Sanduhr in jeglicher Hand erblick’ ich den Amor!
Wie? der leichtsinnige Gott! mißt er die Zeit?
Langsam fliehen aus einer die Stunden entfernter Geliebten
Die andre läuft schnell den gegenwärtigen ab.