Alfred Brauchle – Hypnose und Autosuggestion: Erste Nachauflage erschienen 2004

Ein "Kultbuch", das mit seiner Thematik Erkenntnisse der Psychologie der ausgehenden 20er Jahre aufgreift – das besondere Geschenk für besondere Freunde

L e s e p r o b e

Geleitwort zur vorliegenden Ausgabe

hypnose-und-autosuggestion-alfred-brauchleAls mein Vater nach dem 2. Weltkrieg in der Zeit seines Praxisverbots durch die örtliche Besatzungsmacht das Buch Hypnose und Autosuggestion schrieb, hatte er das Ziel, dem Leser eine Hilfe an die Hand zu geben, damit er sich selbst besser verstehen kann.
Das Buch ist derzeit vergriffen. Daher freue ich mich, dass Herr Klaus Bach dieses Buch Interessierten zugänglich machen möchte, im Rahmen der von ihm untersuchten Heilhypnose. Dass er aus Dresden kommt, einer Stätte des Wirkens meines Vaters und in der Nähe meiner Geburtsstadt Graupa, erleichterte mir meine Zustimmung zum Vorhaben, ihn als Inhaber der Rechte an diesen Werken zu bestimmen.
Da der Mensch nicht nur aus Körper besteht, sondern in diesem Körper auch sein Geist lebt, ist es Ziel des Buches, diese Ganzheit zu verdeutlichen. Manche nennen es Seele, andere das Unterbewusstsein. Mit sich selbst eins zu werden bedeutet, dass der Einzelne sich annimmt und sich und sein Inneres achtet. Nur wenn Körper und Geist in Harmonie sind, ist der Mensch gesund.
Um Wege aufzuzeigen, diese Harmonie zuerst zu verstehen und dann auch tätig zu unterstützen, hat mein Vater dieses Buch geschrieben. Hierbei hat er, so weit es irgend ging, in der Alltagssprache geschrieben, um verständlich zu sein und um zu erreichen, dass der Leser sich wieder findet und den Mut faßt, das, was er gelesen hat, auch für sich anzuwenden. Die chinesische Medizin sieht den kranken Menschen als ein Ganzes. Heute anerkennen wir diese Sichtweise als ihre eigentliche Kunst. Ein Wesen aus Materie und Geist kann nur dann gesunden, wenn beiden, Körper und Geist, geholfen wird.

München, 22.März 2003 Diplomingenieur (TH) Bartlin Brauchle

ein weiterer Auszug...

Coué

Neben Wetterstrand hat ein anderer Schüler der Alten Schule von Nancy große Bedeutung erlangt. Es war der Apotheker Emile Coué, der im Jahre 1885 die Bekanntschaft mit Liébeault in Nancy gemacht und dessen Verfahren der hypnotischen Einzelbehandlung eine Zeitlang ausgeübt hatte. Gleich Wetterstrand ist Coué zu einer Beeinflussung in der Gemeinschaft gelangt.
Aber während Wetterstrand im Rahmen einer Sammelbehandlung den Einzelnen besonders vornahm und ihn in eine möglichst tiefe Hypnose hinabzudrängen versuchte, verzichtete Coué allmählich auf die ausgestreckte Lage seiner Patienten und die Anstrebung einer tieferen Hypnose. Er begnügte sich vielmehr bei seiner Behandlung mit einer oberflächlichen Entspannung seiner Zuhörer, und er richtete seine Heilbeeinflussungen in der Stärke der gewöhnlichen Umgangssprache an alle gemeinsam. Vor allem aber, und darin liegt die große Bedeutung des Verfahrens Coués und ein vielleicht nicht geringer Vorsprung gegenüber Wetterstrand, begnügte sich Coué nicht mit einer Beeinflussung seiner Anhänger, sondern legte sein Hauptgewicht auf ihre Erziehung zur Anwendung der Selbstsuggestion.
Bei der großen Ähnlichkeit, die zweifellos zwischen dem Verfahren des Stockholmer Arztes und des Nancyer Apothekers besteht, erschien es mir merkwürdig, daß Coué niemals etwas von der Existenz Otto Wetterstrands gehört haben wollte. Seit 1910 spricht man von einer Neuen Schule von Nancy, als deren Begründer wir Coué bezeichnen müssen. Es wiederholt sich in der Neuen Schule von Nancy das Schauspiel der Alten: dem Praktiker Liébeault stand der Theoretiker Bernheim zur Seite, genau wie dem Praktiker Coué der Theoretiker Baudouin zu Hilfe kam. Neben ihren Begründern zählt man zur Neuen Schule von Nancy die Gesamtheit der Ärzte, Psychologen, Erzieher, die aus der unmittelbaren Nachfolge Coué hervorgegangen sind. Das Bekenntnis zur Neuen Schule von Nancy ergänzt höchstens, aber widerspricht nicht einem Bekenntnis zur Alten Schule, und eine Vereinigung von Coué und Wetterstrand in einer Person wäre ideal.

Freud

Einen ganz andern Weg als Wetterstand und Coué ging der Wiener Psychiater Siegmund Freud, den wir als den genialen Begründer der Psychoanalyse bezeichnen müssen. Er hat das grundlegende Werk von Bernheim über die Hypnose ins Deutsche übersetzt und auch zu Beginn seiner ärztlichen Praxis die Hypnose zu Heilzwecken ausgeübt. Bei Gelegenheit der hypnotischen Behandlung einer hysterischen Patientin erlebte er und mit ihm Dr. Breuer, daß diese Patientin zu reden und sich heftigen Gemütserregungen hinzugeben begann. Diese Reden und Erregungen ließen auf ein Erlebnis schließen, das sich in der Hypnose immer wieder vordrängte, obwohl es dem Bewusstsein völlig entschwunden war. Ein quälendes Erlebnis offenbar, das sich in der Hypnose Luft verschaffen wollte. Die immer wiederkehrenden Gemütsentladungen in der Hypnose brachten eine allmähliche Beruhigung der Patientin und eine Befreiung von den hysterischen Symptomen mit sich. Aus diesem Erlebnis mit einer Hypnotisierten entwickelte Freud im Laufe der Jahre seine psychoanalytische Lehre. Während die Anhänger der Alten und der Neuen Schule von Nancy bestrebt sind, neue hoffnungsvolle Gedanken, die heilen sollen, in die Seele ihrer Patienten einzuträufeln, also einen vom Bewußtsein ins Unterbewußtsein absteigenden Vorgang anstreben, haben die Bemühungen von Freud sich allmählich zu der Lehre verdichtet, daß man starken unterbewußten Erlebnissen die Möglichkeit geben müsse, ins Bewußtsein aufzusteigen, um dort gesichtet und mit den übrigen Erlebnissen verknüpft zu werden. Bei diesem aufsteigenden Vorgang hat Freud auf die Anwendung einer tiefen Hypnose späterhin ganz verzichtet und sich damit begnügt, den Patienten im Wachzustand zu einer hemmungslosen Preisgabe seiner Einfälle und Vorstellungen, seiner Empfindungen und Träume zu erziehen. Dabei liegt der Kranke auf einem Sofa, während der Arzt am Kopfende des Patienten sitzt und in einer dann und wann eingefügten Aussprache seine Deutungsarbeit leistet. Man hofft, in diesem aufsteigenden Prozess zu einer Erkenntnis unterbewußter Triebregungen zu gelangen und damit zu einer Befreiung von den nervösen Symptomen und zu einer Beherrschung der Persönlichkeit. Ein Schüler Siegmund Freuds, zwar ein abtrünniger Schüler, ist Alfred Adler, der Begründer der Individualpsychologie. Während nach der Auffassung von Freud die Sexualität in ihrer weitesten Form als Triebkraft den nervösen Symptomen zugrunde liegt, behauptet Adler, daß der Geltungstrieb manche Menschen von ihrem falschen Lebensstil aus auf die unnützliche Seite des Lebens und dadurch zur Produktion von nervös-seelischen Störungen treibe.

Kant, Hufeland, Feuchtersleben

Schon um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert hatte der Königsberger Philosoph Immanuel Kant auf Veranlassung des Königl. Preuß. Staatsrates und Leibarztes C. W. Hufeland ein Büchlein...

ein weiterer Auszug...

...gegen seine Stimmungen und Leidenschaften vorgeht, wie man zum Meister der Erziehung an sich und seinen Kindern werden kann. Die Grundgedanken, auf denen meine Lehre basiert, sind:

1. Jeder Gedanke in uns ist bestrebt, Wirklichkeit zu werden.

Das hatte schon Bernheim vor mir behauptet.

2. Nicht der Wille ist die bedeutsamste Eigenschaft in uns, sondern die Einbildungskraft,

die Fähigkeit, sich etwas glauben zu machen. Und kommen Wille und Einbildungskraft irgendwann miteinander in Konflikt, dann ist es immer der Wille, der unterliegt und die Einbildung, welche siegt. Worauf beruht denn die Schlaflosigkeit sonst als darauf, daß der Schlaflose sich sagt, 'ich will' schlafen, aber 'ich kann nicht'. Könnte der Schlaflose sich einbilden, wenn er zu Bett geht, es könne niemand so gut, so tief, so erquickend schlafen wie er, niemals würde er die Nacht schlaflos liegen. Der Asthmatiker 'will' bei Nebel leicht und frei atmen, aber er 'kann nicht'. Der Stotterer 'will' geläufig sprechen, aber er 'kann nicht'. Der Melancholische, Neurastheniker 'will' über seine traurigen, zwanghaften Gedanken Herr werden, aber je mehr er sich anstrengt, 'desto weniger kann er'. Der mit Migräne behaftete Kranke 'möchte so gern einen klaren, schmerzfreien Kopf haben', aber 'er weiß', daß der Kopfschmerz doch bei der nächsten Gelegenheit wieder in seiner alten Heftigkeit auftreten wird. Immer das gleiche Lied: Der Wille sagt, 'ich will', und die Einbildungskraft siegt. Ich will Ihnen durch einige Experimente zeigen, wie gefährlich es sein kann, sich etwas einzubilden“. Und zu einem seiner Patienten gewendet, sagte er dann: „Machen sie eine Faust, so fest Sie nur können, immer fester, noch fester, bis sie zittert. So, und jetzt denken Sie: 'ich will die Faust wieder öffnen, aber ich kann nicht, ich kann nicht, ich kann nicht...' Versuchen Sie nur fest, die Faust zu öffnen; sofern Sie weiterdenken, daß Sie es nicht können, wird es Ihnen auch nicht gelingen... Und nun denken Sie: 'Ich kann'. In fast allen Fällen gelang das Experiment. Die Patienten konnten zunächst, solange sie dachten, 'ich kann nicht', die Faust auch mit aller Willensanstrengung nicht öffnen; erst wenn sie sich sagten, 'ich kann', öffnete sich die Faust langsam wieder. In dieser Art machte der Meister mit jedem der Neuangekommenen Kranken einen Versuch, der unter dem Einflusse Coués und der zuschauenden Menge wohl immer gelang. So erfuhren die Leidenden, daß sich ihre Gedanken und Einbildungen („ich kann die Faust nicht öffnen“) in Wirklichkeit umsetzten. Waren Patienten mit Schmerzen da, so bestrich Coué mit seinen Händen die schmerzhaften Stellen, oder er ließ sie bestreichen und so schnell als nur möglich dabei sagen und denken: es geht vorbei, es geht vorbei, es geht vorbei... Meist waren nach kurzer Zeit die Schmerzen gemildert oder verschwunden, oft, wenn sie nervös waren, für immer. Einmal hatte ein alter, ergrauter, bucklig einhergehender Mann die Sitzung aufgesucht. Mit der einen Hand stützte er sich auf einen Stock, mit der anderen...


Danke für die Zeit, die Sie sich genommen haben. Hier ist das Ende der Leseprobe erreicht !

Agnes Kühne & Klaus Bach