Artischocken Knospen
Erntereife Knospen

Kein geringerer, als John Seymour (1914–2004) schrieb in seinem Klassiker "Selbstversorgung aus dem Garten": Im richtigen Augenblick gegessen – also jung und knusprig – ist die Artischocke meiner Ansicht nach das beste Gemüse überhaupt." Ich meine, da gibt es gar nicht mehr viel darüber nachzudenken. Wer den Platz dafür hat, der baue sie  an.

Die Artischocke (Cynara scolymus) ist eine beeindruckende Pflanze, die mit ihren großen, silbrig-grünen Blättern und den imposanten Blütenknospen sowohl optisch als auch kulinarisch begeistert.

Ursprünglich aus dem Mittelmeerraum stammend, wird sie mindestens seit 100 Jahren auch in Deutschland erfolgreich kultiviert. Mit ein wenig Geduld und der richtigen Pflege sollte sie also auch in deinem Garten daheim gedeihen.

Ich für meinen Teil benötige wohl Geduld, dieses mehrjährige Distel-Gemüse bei uns im Garten zu etablieren, da es hier regelmäßig die Winter nur sporadisch überlebt, obwohl hier im Elbtal bei Dresden die Wintermonate eher mild sein sollten...

Mit diesen Hinweis ist wohl aber schon das Hauptproblem genannt, welches uns bei Anbau begleitet und das ist die Überwinterung. Die optimale Kultur ist diejenige, mit der Überwinterung, doch ist auch der einjährige Anbau möglich.

Ansonsten ist die Kultur einfacher, als man glauben mag, vorausgesetzt, dass wir bei uns im Garten den Boden tiefgründig lockern können. Das ist der zweite wichtige Punkt, der zu nennen ist. Wichtig ist außerdem, dass wir ausreichend Platz für das Distelgewächs haben, der zudem sonnig und warm sein sollte.

✅ 👩‍🍳 Für den Selbstversorgungsanbau lohnt es sich aber auch einen festen Plan zu haben, was die Verwendung und Verwertung der Knospen in der Küche betrifft. Auf dieses Thema gehe ich unten noch einmal kurz ein.

Artischocke junge KnospenIm richtigen Augenblick gegessen, also jung und knusprig, ist sie eine Delikatesse...

Kurz noch die botanische Zuordnung:

Die Artischocke (Cynara cardunculus var. scolymus) gehört zur Familie der Korbblütler (Asteraceae) und war bereits den alten Römern bekannt. Der Schriftsteller Lucius Iunius Moderatus Columella (gest. um 70) erwähnt das Gemüse unter dem Namen Carduus Cinara.

Besonders enge Verwandtschaft:

Die Artischocke ist eine Kulturvariante der Wilden Karde (Cynara cardunculus), aus der auch der Charty (Kardon) hervorging. Chardy (Cynara cardunculus var. altilis) ist eine Gemüseart, die für ihre fleischigen Blattstiele kultiviert wird, während die Artischocke für ihre Blütenknospen angebaut wird.



Anbauanleitung

1. Standort und Bodenbeschaffenheit

Artischocken lieben sonnige, warme Standorte mit durchlässigem, nährstoffreichem Boden. Ein windgeschützter Platz ist ideal, da die großen Blätter empfindlich auf starke Winde reagieren. Schwere Böden sollten mit Sand oder Kompost aufgelockert werden, um Staunässe zu vermeiden. Ein pH-Wert zwischen 6,5 und 7,5 ist optimal, also der ph-neutrale Boden.

2. Aussaat und Anzucht

Vermehrung durch Schösslinge

Die günstigste Art der Vermehrung ist das Schneiden von Stecklingen (Schösslingen), die wir im April von gut entwickelten Mutterpflanzen gewinnen. Für diese Zwecke graben wir die Mutterpflanze von an einer Seite frei und schneiden mit einem scharfen Messer die geeigneten Schösslinge so ab, dass sie noch ein Stück des alten Wurzelstocks behalten.

Artischocke Schösslingim April abgetrennter Schössling [3]

Ohnehin sollte eine alte Pflanze nicht mehr als drei dieser jungen Schösslinge behalten dürfen, womit das Pflanzmaterial in der Regel nicht knapp ist. Von den abgetrennten Stecklingen pflanzen wir drei Stück an einen Platz.

✅ Alternativ können im Frühjahr Jungpflanzen aus dem Gartenfachhandel gekauft werden.

Vermehrung durch Aussaat

Es gibt zwei Möglichkeiten, die Artischocke mittels Aussaat zu kultivieren – jedenfalls wende ich sie an. Das ist einerseits die direkte Saat im freien Land um den 10. Mai. Darauf hin entwickeln sich die Pflanzen über das Jahr zunächst ohne die Bildung der begehrten Blüten. Dann lasse ich sie überwintern und habe sofort nach dem Winter kräftige Pflanzen zur Verfügung. Allerdings gelingt die Überwinterung nicht jedes Jahr. Auch de Saat im Juli ist möglich (siehe unten).

Parallel dazu wende ich aber die üblicher Methode an, welche mit der Aussaat Ende Februar im warmen Gewächshaus oder Zimmer am Fenster beginnt.

▶️ Aussaat: Ab Februar bis März im Haus oder Gewächshaus bei 18–22 °C. Man sät in kleine Töpfe und pflanzt, wenn nötig, später in größere um. Neben der Frühjahresaussaat ist auch die Saat im Juli möglich [2]. Anschließend werden die Töpfe an einem hellen, kühlen Platz überwintert, etwa in einem Kalthaus oder an einem hellen Fenster in einem temperierten Zimmer. Sie dürfen aber nicht zu dunkel stehen, da die Pflanzen sonst vergeilen.

▶️ Keimdauer: Etwa 10–20 Tage.

▶️ Pikieren: Nach dem ersten Blattpaar in größere Töpfe umsetzen.

▶️ Auspflanzung: Ab Mitte Mai nach den Eisheiligen ins Freiland setzen. Ich pflanze mit gut 30 bis 40 Zentimeter Abstand drei Jungpflanzen an einen Platz, die sich dann quasi zu einem Busch entwickeln.

Junge ArtischockenGesäte und überwintert Artischocke

3. Pflege und Düngung

▶️ Gießen: Regelmäßig und durchdringend, aber Staunässe vermeiden.

▶️ Düngen: Alle zwei bis drei Wochen mit organischem Dünger (z. B. Kompost oder Hornspäne).

▶️ Mulchen: Eine Schicht halb verrotteter Kompost, der locker aufgebracht ist, die Feuchtigkeit im Boden.

Wichtig: Ausgeizen ... ja oder nein?

Wer große Artischocken-Knospen haben möchte, der entferne überzählige Seitentriebe, um kräftigere Blütenknospen zu fördern.

Manche Gartenfreunde mögen aber eher kleine, ganz junge Knospen ernten. In dem Falle lässt man die Seitentriebe dran, anstatt sie auszugeizen. Für viele kleine Knospen wird die Pflanze einfach natürlich wachsen gelassen, ohne die Seitentriebe zu entfernen.

✅ Regelmäßiges Ernten der jungen Knospen kann zudem die Bildung neuer Knospen anregen.

4. Ernte

Die Erntezeit beginnt ab Juli und kann sich bis in den Herbst erstrecken. Geerntet werden die noch geschlossenen Knospen, bevor sie aufblühen. Gourmet-Freunde sind sich jedoch uneinig, in welchem Stadium die Artischocken ideal sind:

Manche bevorzugen große, gut entwickelte Knospen, die durch Ausgeizen gefördert werden, während andere die zarteren, kleinen jungen Knospen schätzen (Babyartischocken), die durch Verzicht auf das Entfernen von Seitentrieben in größerer Zahl entstehen.

Die Knospen werden zur Ernte mit einem Stück Stiel abgeschnitten. Wer die Blüten stehen lässt, kann sich an den dekorativen violetten Blüten erfreuen, die auch Bienen und Schmetterlinge anziehen.

5. Überwinterung

Wie oben bereits erwähnt, können in milden Regionen Artischocken überwintern und damit auch mehrjährig kultiviert werden. Vor dem Winter sollten die Pflanzen stark zurückgeschnitten und mit einer Schicht aus Stroh, Reisig oder Laub abgedeckt werden.

Fazit

Mit etwas Planung und Pflege lässt sich die Artischocke auch in deutschen Kleingärten erfolgreich anbauen. Sie bereichert nicht nur den Speiseplan, sondern ist auch ein echter Hingucker im Garten. Wer ihr die richtige Aufmerksamkeit schenkt, wird mit einer reichen Ernte und vielleicht sogar mit einer mehrjährigen Pflanze belohnt.

Entscheidend für den Gebrauch – vor allem im Bereich der Selbstversorgung aus dem eigenen Garten – so meine ich, ist die mögliche schnelle Zubereitung. Und hier kommt die Ernte der ganz jungen Knospen ins Spiel. Die beste Anregung, um über das für und wieder dieses Ratschlag nachzudenken, ist der nun noch folgende...



... Rezeptvorschlag:

👩‍🍳 Ganz junge Artischockenknospen, oft als "Babyartischocken" bezeichnet (sie sind ein Gourmet-Gemüse), sind zart und können meist vollständig gegessen werden, da der "Heu" (die faserige Mitte) noch nicht ausgebildet ist. Hier ist eine einfache Zubereitung:

Vorbereitung

  • Äußere harte Blätter entfernen, bis die zarten, hellen Blätter sichtbar sind.
  • Spitze der Knospe abschneiden (ca. 1/3) und den Stiel kürzen.
  • Optional: In Zitronenwasser legen, um Oxidation zu verhindern.

Schnelle Zubereitung (z. B. gebraten)

  • Knospen halbieren oder vierteln.
  • In einer Pfanne Butterschmalz, Kokos- oder Palmfett erhitzen, Knospen bei mittlerer Hitze 5–8 Minuten braten, bis sie goldbraun und weich sind.
  • Mit Knoblauch, Salz, Pfeffer und Kräutern (z. B. Thymian oder Petersilie) würzen.
  • Optional: Etwas Zitronensaft für Frische hinzufügen.

Alternative Zubereitung

  • Roh: Sehr junge Knospen können dünn geschnitten in Salaten verwendet werden, z. B. mit Parmesan und Vinaigrette.
  • Gekocht: Kurz (5–10 Minuten) in Salzwasser mit Zitrone blanchieren, dann als Beilage oder in Antipasti servieren.
  • Mariniert: Nach dem Blanchieren in Olivenöl, Essig, Knoblauch und Kräutern einlegen.

Tipp: Babyartischocken müssen nicht wie große Artischocken geschält oder vom Heu befreit werden, was die Zubereitung erleichtert. Sie eignen sich perfekt für leichte, mediterrane Gerichte.

Quellen und weitere Erläuterungen

[1] SEYMOUR, John; Selbstversorgung aus dem Garten, Wie man seinen Garten bestellt und gesunde Nahrung erntet; Stuttgart 2005, Seite 161

John Seymour (1914–2004) war ein britischer Farmer, Autor und Pionier der Selbstversorgungsbewegung. Geboren in London, studierte er Agrarwissenschaft und arbeitete auf Farmen in England und Afrika. Er lebte zeitweise in der Schweiz, Indien und Wales. Bekannt wurde er durch Bücher wie Das große Buch vom Leben auf dem Lande und Selbstversorgung aus dem Garten, die nachhaltiges Leben und Autarkie fördern. Sein Hof in Irland war ein Anziehungspunkt für Anhänger. Seymour starb 2004 in Pembrokeshire.

[2] BIER, A.: Lohnende Gemüsezucht, Erfurt um 1925, im Verlag des Erfurter Führer im Obst- und Gartenbau., Seite 81

[3] RÜMPLER, Theodor (bearbeitet von); Illustrierte Gemüse- und Obstgärtnerei, Verlag von Wiegandt, Hempel & Parey; Berlin 1879 – 524; Seite 289ff

Text und Bildmaterial G. Jacob [GJ.4.8] ZählpixelI

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