Lausitzer Findlingspark Nochten BodendeckernelkenDianthus gratianopolianus, die Pfingstnelke gibt es für Gärten in verschiedensten Sorten
Dianthus gratianopolianus, die Pfingstnelke gibt es für Gärten in verschiedensten Sorten

Wenn wir von Landschaftsgärten in Sachsen lesen, so haben wir in der Regel Anlagen vor Augen, welche aus den Zeiten der Romantiker herrühren. Wie bereits an anderer Stelle erwähnt, entwickelten sich diese aus den entsprechenden englischen Gartenanlagen erfuhren eine gedankliche Steigerung mit der Idee, eine komplette Kulturlandschaft gartenartig umzuformen. Fürst Pücker und sein Muskauer Landschaftspark ist die Verkörperung dieser Anschauung. Mitte des 19. Jahrhunderts gab man, abgesehen von örtlichen Parkerweiterungen, allgemein solche großgefassten Pläne wieder auf; nicht zuletzt wegen der zu hohen Kosten.

Der "Eiszeit-Garten"

Es ist ein bemerkenswerter Zufall, dass nur eine halbe Stunde Autofahrt entfernt, in südwestlicher Richtung, 200 Jahre später das Thema der gestalteten Kulturlandschaft erneut in den Fokus der Gesellschaft tritt. Es ist die Sanierung der Bergbaualtlasten, die durch den jahrzehntelangen Braunkohleabbau über Tage in der Lausitz anstanden. Seit Mitte der 1990er Jahre begann die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau- und Verwaltungsgesellschaft (LMBV) auf 14.000 Hektar des einstigen Lausitzer Braunkohlerevier die größte künstliche Gewässerlandschaft Europas zu erschaffen. In diesem Zusammenhang entstand auch der Lausitzer Findlingspark Nochten, der zwischen Boxberg und Nochten nahe am Bärwalder See (wunderschöner Badestrand) liegt. Die Kosten der von 2000 bis 2003 geschaffenen Anlage übernahm das Landes Sachsen und der in der Region tätige Stromerzeuger Vattenfall. Heute ist der Park ein beliebtes Ausflugsziel in der Region, für Ansässige, Touristen und Gartenfreunde gleichermaßen.

Heidelandschaft im Landschaftspark Nochten

Den Findlingsgarten, den man als eine riesige Steingarten-Landschaft beschreiben könnte, passt eigentlich gar nicht in ein uns bekanntes Gestaltungformat. Bei näherer Betrachtung ist es jedoch sicher kein Fehler, die Anlage als eine Art Eiszeitalter-Landschaftsgarten anzusehen, also kurz gesagt: als Eiszeit-Garten.
Immerhin besteht die Grundstruktur des Parks aus Findlingen, also aus dem Geröllmaterial der Eiszeitgletscher, die vormals hier das Land bedeckten.

Die Lausitz in der Eiszeit

Zur Elster-Eiszeit vor 400.000 bis 320.000 Jahren, war das Gebiet völlig mit Gletschern überdeckt, die bis Dresden und Wilsdruff reichten. Während der nachfolgenden Saale-Eiszeit vor 347.000 bis 128.000 Jahren, schob sich die Eiskante der Nordischen Gletscher bis kurz vor die spätere sächsische Landeshauptstadt und die tauenden Eismassen bildeten zu dieser Zeit schon in Anfängen den späteren Elbstrom heraus. Südlich dahinter schloss sich eine polare Wüste an, eine eisige Einöde ohne jegliche Vegetation, in der sich nach zunehmender Erwärmung vermutlich auch der neu aufgetauchte Neandertaler-Menschentyp des öfteren verirrte. Das Klima wurde wärmer und wieder kälter und es beherrschte die Würm-Weichsel-Kaltzeit vor 115.000 bis 11.700 Jahren die Region. Doch der Eispanzer reichte dazumal nur bis nach Brandenburg und die Lausitzer Landschaft mag sich damals schon eher so, wie im Findlingspark dargestellt haben, auch wenn heute dessen Flora gartengestalterisch überhöht und künstlich ist. Gegen Ende dieser letzten europäischen Eiszeit wurden aber auch schon wieder die letzten Neandertaler vom modernen Menschen verdrängt, der in ungeahnter Schnelligkeit neuartige Kulturtätigkeiten entwickelte. Mit zunehmend rascher Klimaerwärmung gab es im Vorderen Orient und Nordafrika bald die ersten Ackerbaukulturen. Hier oben im Norden waren allerdings noch vor 10.000 Jahren nur Ödlander und Schotterwüsten anzutreffen und die Elbe gab einen unwirtlichen, kalten Strom durch den Schmelzwasserabfluss und dieser bildete ein riesiges Urstromtal heraus.

Sandsturm Muskauer HeideSandsturm in der Muskauer Heide

Muskauer Heide

Zurück zum Lausitzer Findlingspark in Nochten. Nach dem kurzen Ausflug in die Geschichte der letzten Eiszeiten, wird dem Leser sicher klar, dass dieser riesige Steingarten ein gewisse Authentizität besitzt und sich bestens in das Bild der natürlichen Landschaft fügt, die heute durch die vielen gefluteten Tagebaue um so mehr an eine Landschaft erinnert, die nach einer relativ kurzen geologischen Zeitepoche an diejenige vor 10.00 bis 5.000 Jahren anschließt. Genau genommen ist dieser Schluss ganz ohne Bruch geschehen, denn die durch den Braunkohleabbau zerstörte, ursprüngliche Landschaft gehört zur Muskauer Heide, einem eigentümlichen Naturraum mit aufgewehten Dünen. Diese Heide ist eines der größten Binnendünengebiete Deutschlands.

Spielplatz

Tagesausflug mit Familie (Ostsachsen)

Der Nochtener Findlingspark mit einer Fläche von über 20 Hektar Größe ist ein Tagesausflugsziel für die ganze Familie. Der Park wird seit der Eröffnung 2004 ständig erweitert, so dass man bei einem Besuch immer wieder etwas Neues entdecken kann. So entstanden im Laufe der Zeit verschiedene Attraktionen wie „Klein-Skandinavien“, ein außergewöhnlicher Spielplatz, ein „Pfad der Sinne“, verschiedene Themengärten, ein Waldseebereich, ein großer Steppenbereich und vieles mehr. Dem Botaniker präsentieren sich verschiedene Heidelandschaften die aus der ganzen Welt hierher kopiert wurden und der geologisch Interessierte trifft auf eine Findlingssteinsammlung mit Informationen zur Herkunft und zum Alter dieser Materialien. Ein Imbiss vor Ort, oder Gastwirtschaften im Umland sogen für das leibliche Wohl der Besucher. So ist alles perfekt. Nur kalte, windige Tage solltest du meiden, vor allem, wenn du im Findlingspark den ganzen Tag mit Kindern verbringen willst.

Gestaltung mit Findlingen im Hausgarten

Gartenbesitzer und Freund von Stauden- und Steingärten findet hier einen Mustergarten im Großen, dessen Details und Prinzipien auch in kleineren Gärten übernommen werden können. Das Wichtigste, was man hier für die Hausgartengestaltung lernen kann, das ist die richtige Lagerung von Findlingen. Diese sollten nämlich mindestens zur Hälfte in den Boden eingegraben werden, ansonsten sie unnatürlich und fremd “wie hingelegt” aussehen. Besonders schöne Findlinge wirken am schönsten, wenn sie in einem moosartigen Pflanzenteppich liegen, der möglichst nur aus einer oder aus wenigen Pflanzenarten bestehen sollte. Als Kontrastpflanzung zu solchen harmonischen Formen eignen sich knorrige Gehölze (Zwerggehölze) mit düstererem Habitus. Damit folgt man einer alten Gestaltungsregel, welche auf Gegensatzwirkungen aufbaut. Eine selten schöne Gartenanlage, welche auf Findlinge aufbaut, befindet sich 200 Kilometer nördlich in Berlin Marzahn: Koreanischer Garten.