WeihnachtskrippeWeihnachtskrippe
Weihnachtskrippe

Hans Theodor Woldsen Storm (1817 – 1888), der dichtende Jurist und Amtsrichter, von dem hier auf meinen Seiten einige Gedichte wiedergegeben sind, hat auch folgende Verse zum Weihnachtsfest geschrieben. Es sind nicht die einzigen Reime des Dichters, die sich dem Christfest widmen, doch vielleicht die schönsten. Obwohl unten eine kurze Gedicht-Interpretation zu finden ist, so zählt es doch zu den Dichterworten, die wir weniger mit dem Verstand ergründen sollten. Genießen wir Storms Weihnachtslied (welches lange Zeit nicht einmal vertont wurde), wie eine verzauberne Melodie und betrachten die Bilder, die unsere Phantasie dabei entstehen lässt.

~ Weihnachtslied ~

Vom Himmel in die tiefsten Klüfte
Ein milder Stern herniederlacht;
Vom Tannenwalde steigen Düfte
Und hauchen durch die Winterlüfte,
Und kerzenhelle wird die Nacht.

Mir ist das Herz so froh erschrocken,
Das ist die liebe Weihnachtszeit!
Ich höre fernher Kirchenglocken,
Mich lieblich heimatlich verlocken
In märchenstiller Herrlichkeit.

Ein frommer Zauber hält mich nieder,
Anbetend, staunend muß ich stehn,
Es sinkt auf meine Augenlider,
Ein goldner Kindertraum hernieder,
Ich fühl's, ein Wunder ist geschehn.

Theodor Storm

Wie eingangs bereits bemerkt, muss nicht jedes Gedicht bis ins kleinste Detail ausgedeutet werden. Im Schulunterricht wird das oft gefordert, doch man könnte in diesem Falle auch anders an die Aufgabe herangehen. Wie wäre es, zu den Versen ein Bild zu zeichnen oder ohne viel Vorbereitung ein Aquarell entstehen zu lassen. Da muss nicht einmal naturalistisch sein. Dann könnte eine Person das Gedicht rezitieren und eine zweite ihr Bild dazu zeigen. – Ein Projekt, welches auch leicht per Videokonferenz durchgeführt werden kann. Doch kommen wir nun zur Gedichtinterpretation.

Interpretation

Wie bereits erwähnt, beschreibt das Weihnachtsgedicht eine malerische Landschaft als Stimmungsbild, und am Ende fügen sich die Eindrücke in der Weise, dass der Dichter das Weihnachtsgeschehen plötzlich wieder wie ein Kind wahrnehmen kann. Soweit ist es eben ein romantisches lyrisches Werk, wobei die ursprüngliche, echte Lyrik der alten Griechen tatsächlich mit der Lyra begleitet wurde. In diesem Sinne mag vielleicht auch der Titel "Weihnachtslied" verstanden sein.
Dem Weihnachtsgedicht in seiner etwas naiv-romantischen Form mag auf den ersten Blick eine gewisse philosophische Tiefe fehlen. Wer um manche Zusammenhänge weiß, wird jedoch feststellen, dass dem nicht so ist.
Alte Bräuche im Zusammenspiel mit dem Naturgeschehen prägen unser Herz wohl am stärksten in der Kindheit, wenn der Verstand kaum oder allenfalls ansatzweise über die Sinnhaftigkeit eben dieser Weihnachtszeit grübeln mag. Die Dunkelheit der langen Sternennächte; das Erleben der Natur, die sich scheinbar in tiefem Schlaf befindet; dazu die merkwürdig würzigen Aromen der Winterluft; all das regt die Seele zum Träumen an. Es schult die Seele und nicht den Verstand. In diesem Sinne sollten wir auch die biblische Geburts-Geschichte von Jesus verstehen. Wie viele Religionskritiker haben sich daran versucht, das Leben und Wirken des Jesus von Nazaret rational zu erklären und zu bekritteln. Doch gibt es Dinge im Leben, die der Kopf ohnehin nie fassen wird, das aber Herz versteht sie, weil es sie schon kennt. Genau das ist es, was das Gedicht aussagt. Nicht selten steht das Kind in der mystischen Symbolik für den Seelenfunken im Menschen, der einer ganz anderen Art von Schulunterricht bedarf. Für sein Lernen und Wissen braucht es genau die Art romantischer Dichterworte und Weihnachtstexte, die uns Theodor Storm mit seinem Weihnachtslied hinterlassen hat.
Übrigens: Diese Verse vertonte der deutsche Komponist Peter Witte (geb. 1955) in einem wunderschönen Chorsatz.


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