Allee aus HainbuchenLaubengangartige Allee aus Hainbuchen im Schlosspark in Pulsnitz
Laubengangartige Allee aus Hainbuchen im Schlosspark in Pulsnitz

"Die Bäume eines Baumganges gehören zum Weg, zur Straße, zur Allee (französisch allée). Mit der natürlichen Landschaft stehen sie innerlich nur in losem Zusammenhang in Bezug auf die Arten. Die Allee, der Weg ist ein Bauwerk. Bepflanzt man ihn mit Bäumen, so steht die Wahl der Art unter dem Gesichtspunkt des Baugedankens der Gartengestaltung; wir haben freie Wahl."

Der Zweck

"Im Garten nach baulichen Gestaltungsmotiven dienen Allee einerseits zur Trennung großer Glieder des Geländes, und sie umschließen andererseits die von ihnen begrenzten Flächen: sie fassen ein ganzes Gebiet zusammen, umrahmen es. Dabei ist es keine unabänderliche Eigenschaft der Allee, gerade gerichtet zu sein; doch ist der zwingende Durchblick eines geraden Baumganges mit seinen tiefen Schatten im Inneren und einem leuchtenden Ziel am Ende ein Mittel für große Wirkungen. Durch lichte Landschaft, lichte Gärten führend, bildet der Schattengang einen gewünschten Gegensatz: das lichttrunkene Auge beruhigend, den Sinn sammelnd und doch unterhaltend durch ein Spiel der Baumschatten mit eindringendem Licht; klar im Wuchsplan der Äste trotz allem Zweiggewirr, einstimmig durch die Moos- und Flechtenpatina; einheitlich im Eindruck, trotz der Verschiedenheit der einzelnen Baumpersönlichkeiten; scharf gezeichnet im Schnee; verzaubert im Rauhreif; heiter durch Vogelgesang im sicheren Geäst von Himmelsblau durchlächelt, von weißen Wolken überflogen, von Mondsilber durchwebt oder düster im Schatten niederästiger, dicht- und großlaubiger Arten; geheimnisvoll raunend im tropfenden Nebel; ringend im Sturm; durchsponnen vom Sonnenglanz im Frühlingswehen, so erscheint uns der alte Baumgang, die mindestens fünfzigjährige Allee." so beschreibt uns der legendäre Gartengestalter Willy Lange seine Ansichten zur Thematik. [1]

Allee im Vorgarten Doch nicht nur romantischen Zwecken dienten und dienen Allee, sie können auch ganz praktische Aufgaben erfüllen. Das Schattenspenden [2] wurde schon erwähnt. Obstbaumalleen haben zudem die Aufgabe, Wirtschaftsobst zu liefern. Die geeigneten Sorten an Obstbäumen fassen wir unter dem Begriff des Straßenobstes zusammen. Die Wegbeschattung ist ein erwünschter Nebeneffekt. Und nicht zuletzt sollten die Baumarten erwähnt werden, die als Bienenweiden bezeichnet unseren kleinen Nützlingen Nahrung liefern. Dazu zählen unter anderen Linde, Robinie, Bergahorn und Kastanie. In der Stadt bringen Alleen und darüber hinaus alle Straßen- und Parkbäume den deutlich mess- und fühlbaren Effekt der Verbesserung des Kleinklimas. Sie schlucken Lärm, Staub und erhöhen die Luftfeuchtigkeit. Zudem bremsen sie Luftströmungen, also den Wind in den Straßen. Das Grün der Blätter beruhigt die Augen. Ein weiterer ideeller Nutzen ist, dass bei der Verwendung von sommergrünen Gehölzen der Wechsel der Jahreszeiten für die Stadtbewohner miterlebbar wird, als in einer Stadt ohne Grün, wo ein Tag dem anderen gleicht, abgesehen von Tageslicht- und Wetteränderungen. In urbaner Umgebung mit dichter Bebauung sollte auf Bäume, die Tiefwurzler sind, zurückgegriffen werden. Ihnen macht der nahe Druck von Stein und Asphalt weniger aus als Flachwurzlern.

Abstände bei der Pflanzung

Die Baumabstände können stark variieren, was an der Umgebung und an den verwendeten Gehölzen liegt. Abstände zwischen 4,5 m und 14 m [3] sind durchaus möglich. Eine noch größere Distanz als die hier angegebene höchste Entfernung führt zu einem Verlust der optischen Wirkung einer geschlossenen Allee. Wenn der Pflanzabstand von der gewählten Baumart abhängt, so gilt das nur bedingt, denn man kann auch Bäume, die sehr ausladend werden wie beispielsweise Kastanien, sehr eng pflanzen. "Die Alten" fanden solch enge Baumgänge romantischer, als weite. Die gewollte Enge treiben die Bäume gegenseitig in die Höhe. Die Allee schließt schneller und dichter, der Dom der Laubenwölbung wird höher, besonders, wenn der Weg selbst recht schmaler ist, schmaler, als heute allgemein gebaut wird. "Was wir heute als Erbe der Vorfahren ehrfürchtig genießen, jene engen, langen gestreckten Baumtempel, sollten wir auch den folgenden Generationen schaffen: durch die engere Bepflanzung von Parkwegen, so W. Lange. Mit der Dichtpflanzung gibt es einen gewissen nahtlosen Übergang zum Laubengang, der ein ähnliches Gestaltungsmotiv darstellt.

Tunneleffekt

Die Fotos von der romantischen Hainbuchenallee auf dieser Seite habe ich in einer Parkanlage gemacht. Sie befindet sich im Schlosspark der sächsischen Pfefferkuchenstadt Pulsnitz. Diesen Schlosspark kann man unterhalb des Pulsnitzer Schlosses besuchen, und ich kann nur jedem dazu raten, der sich einmal in der Nähe befindet. Der älteste Teil dieser Allee (Bild unten) ist sicher über 150 Jahre alt und erstreckt sich über eine Distanz von ca 100 m. Diesem schließt sich eine jüngere aber auch schon zu ehrwürdiger Größe gewachsene Nachpflanzung an, die sich auch noch einmal über eine Länge von ca 100 m erstreckt. Der Weg zwischen den Bäumen des älteren Teils ist 3,80 m breit. Durch diese Pflanzung entsteht dann auch dieser schöne Tunneleffekt, welcher durch eine weitere oder auch engere Pflanzung nicht in diesen idealen Proportionen vorzufinden wäre. Das kann man gut an der besagten jüngeren Anlage feststellen,wenn man an deren Eingang steht und die Umgebung auf sich wirken lässt. Sie wurde leider enger und an einem schmaleren Weg gepflanzt wurde, vermutlich, um den gewünschten Effekt schneller zu erhalten.

Die Baumarten

Zunächst ist wichtig festzuhalten, dass man für die Pflanzung eines Baumganges nur eine Baumart und Sorte verwendet. Wer durch eine Artenmischung Natürlichkeit in solche eine Pflanzung bringen möchte, der verkennt, dass alle vom Menschen vorgenommenen Pflanzungen keine Natur sind. Die romantische Wirkung einer solchen Anlage entsteht ja durch einen gewissen optischen Rhythmus, welchen Mischpflanzungen nicht bewirken. Zudem kann im ungünstigen Fall eine Baumart sogar die andere verdrängen.

Hainbuchen AlleeFreundliche Düsternis

Die Allee lebt von dem Kontrast des schützenden Grüns, des schützenden Blätterdaches auf der einen Seite und einer gewissen Düsternis auf der anderen Seite. Dieses gewollt Heiter-Bedrohliche kennen wir auch aus den chinesischen Gärten und ist eine Kunstform der Gartengestaltung überhaupt. Entsprechend sollte die Auswahl der geeigneten Baumart sein, welches z.B. frischgrünes Laub hat zugleich aber eine fast schwarze oder zerfurchte Rinde. Selbst die Herbstlaubwirkung (beispielsweise Rotbuche) ist nicht außer Acht zu lassen, sowie schöne Effekte in der Blütezeit (z.B. Goldregen) oder in der kurze Zeit des Blattaustriebes (rotlaubiger Austrieb bei Blutbuche). Eine Liste geeigneter Alleebäume ist also die eine Sache; die genaue Kenntnis von Habitus und Physiognomie der Gehölze und ein besonderes Einfühlungsvermögen die andere.

Zwei romantische Betrachtungsweisen

Zur romantischen Beschreibung des Willy Lange, wie sie ober ausgeführt wurde, finden wir auch lyrische Erwähnungen wie im Gedicht von Christian Morgenstern.

Strassenallee


Quellen:

  • [1] Willy Lange; Gartengestaltung der Neuzeit; Leipzig 1928 – Seiten 217 bis 220. In älteren Auflagen (z.B. von 1907) ist die Thematik nicht aufgegriffen.
  • [2] Ich vermute, dass viele Alleen im 18. Jahrhundert entlang der Verkehrswege gepflanzt wurden, da man damals viel mit Pferd und Kutsche unterwegs war und schattige Wege im Sommer für die Pferde schonender waren, als offene Verkehrswege
  • [3] https://www.strassen.nrw.de/umwelt/gehoelze-an-strassen/alleen.html
  • Brockhaus' Konversations-Lexikon, 14. Auflage, Erster Band Leipzig 1908; Allee – Seite 416 (Definition)