Fast auf jeder Gartenschau gibt es auch Ausstellungen zur Thematik "Grabgestaltung modern". Auf diese Weise hat man sich in den vergangenen Jahren mehr und mehr mit den unterschiedlichsten Möglichkeiten der Gestaltung von Begräbnisstätten auseinandergesetzt. Die Bilder, die ich von diesen Ausstellungen mitgebracht habe, sollen nicht dazu führen, Ideen und Beispiele sofort zu kopieren, sondern auffordern, sich über den Sinn eines gestalteten Grabes Gedanken zu machen.
Gleich vorweg will ich zu bedenken geben, dass wir uns nicht vom ersten Impuls leiten lassen sollten. Bei den Ideen und der Umsetzungen einer modernen Grabgestaltung haben wir mitunter extreme Ergebnisse, von außergewöhlich gut gelungen bis absolut schauderhaft.
Und so finden wir in zunehmendem Maße leider auch Scheußlichkeiten auf den Friedhöfen, welche dann zwanzig oder dreißig Jahre lang dort anzuschauen sind. Aus diesem Grunde sollten wir gut überlegen, wie wir moderne Grabgestaltung umsetzen und bedenken, dass unser Geschmack in einigen Jahren auch eine Wandlung erfahren kann.
Ideenfindung Grabmal
Über die Fragen, wozu wir Gräber anlegen und warum wir Grabmale setzen, habe ich an anderer Stelle ausführlich geschrieben. Doch kurz zusammengefasst sei gesagt, dass der Mensch, seit er sich als Mensch definiert, seine Angehörigen bestattet und den Ort der letzten Ruhestätte immer wieder besucht. Dieser Ort ist scheinbar nötig, ob man das nun kulturell, religiös oder psychologisch erklärt. Fehlt der Platz, an dem Blumen niedergelegt oder gepflanzt werden können, merken Angehörige bald, dass ihnen etwas fehlt.
2) Der Spiegel ist ein Symbol für die Anderswelt.
Das Grab als Beet oder Hügel ist also der Ort der Trauer und hilft den Hinterbliebenen bei der Überwindung derselben. Das Grabmal, sei es nun ein Kreuz, eine Holzstele, ein Grabstein oder ein anderes künstlerisches Werk, ist ein Denkmal. Auf diesem wird das Leben des Verstorbenen zum Ausdruck gebracht. Deshalb finden wir oft Geburts- und Sterbedaten und gegebenenfalls ein Symbol oder Spruch, der auf das Leben des hier beigesetzten Menschen hinweist.
Nicht die Angehörigen sollte sich auf dem Grabmal wiederfinden. Das heißt zum Beispiel, dass Inschriften, wie "UNSERE LIEBE MUTTER" nicht richtig sind, denn durch das "UNSERE" wird das Grabmal zum Gedenkstein der Trauernden.
3) Windspiel an Stelle eines Sinnbildes auf dem Grabmal.
Daraus folgt, dass wir bei der Ideenfindung für das Thema der Grabmalgestaltung nicht unsere Befindlichkeiten zum Ausdruck bringen sollen und müssen. Das kann durchaus etwas Gutes sein. Um eine sinnvolle Idee für die Grabgestaltung in moderner Form zu finden, sollten wir zuallererst an das Leben desjenigen denken, den wir zur letzten Ruhe betten.
Was gab es für Besonderheiten in seinem Leben? Können wir diesem einmaligen Menschen damit ein Denkmal setzen? Mit diesen Überlegungen wäre der erste Schritt getan. Haben wir ein Thema gefunden, so sollte sich dann das Grabdenkmal in seiner Gänze, also Material, Form, Bearbeitung, Symbolik und Inschrift dieser Thematik unterordnen.
Mut zur Farbigkeit
Moderne Bepflanzungen und Grabmale, so wie sie hier abgebildet sind, regen an, über Totengedenken und Farbe nachzudenken und über Farbigkeit und Bestattungskultur überhaupt. Lange Zeit wurden Tod und Trauer nur mit der Farbe Schwarz in Verbindung gebracht. Das hat sich in den letzten Jahrzehnten bis hin zur Buntheit gewandelt.
Da vielen von uns die Farbensymbolik vertraut ist, will ich an dieser Stelle darauf hinweisen, dass im frühen Mittelalter in Europa Rot die Trauerfarbe war. In manch anderen Ländern ist es noch immer so.
4) Das Geheimnis einer gelungenen Farbigkeit: Zurückhaltung und Sparsamkeit der künstlerischen Mittel.
Nun sollten wir bei der Grabmalgestaltung die Farbgestaltung nicht einfach nur so auf Schrift und Symbol reduzieren, was häufig gekünstelt wirkt, und erst recht nicht auf den Stein selber. Leider gibt es mittlerweile diesbezüglich schon viele schlechte Beispiele.
Anders ist das aber mit der Wirkung von farbigem Glas und Licht oder bei Elementen aus glasierter Keramik. Die Bildbeispiele auf dieser Seite sollen Anregungen geben. Aber auch ein Besuch auf einer Bundes- oder Landesgartenschau kann uns inspirieren.
Und nicht zuletzt kann man Farbigkeit auch mit den Pflanzen, die das Grab schmücken, ausdrücken. So ist es beispielsweise eine schöne Möglichkeit, mit der Lieblingsfarbe des Verstorbenen ein Erinnern zu schaffen. Das Bild 5) ist meiner Ansicht nach ein gutes Beispiel, wie das Gedenken mit Farben zum Ausdruck gebracht werden kann.
Ideen für die Bepflanzung
Zunächst ist eine grüne, möglichst geschlossene Pflanzendecke die einfachste Art, eine Grabstelle zu bepflanzen. Wenn wir uns wenig Arbeit machen wollen, darüber hinaus aber doch eine individuelle Bepflanzung wünschen, dann wäre mein Vorschlag, die Grabstelle an besonderen Gedenktagen blühen zu lassen. Dieser zeitlich punktuelle Blütenschmuck kann mit winterharten Blühstauden und blühenden Zwiebelpflanzen umgesetzt werden.
So können wir beispielsweise mit Tulpen im April an den Geburtstag des Verstorbenen erinnern und mit einer Zwergrose an den Hochzeitstag im Sommer. Im Herbst, zum Sterbetag ist es vielleicht ein Tümpel von Herbstzeitlosen, welche an den Trauertag erinnern. Und auch die kalte Jahreszeit hat ihre Blüten. So kommen die Winterlinge oft schon im Februar zum Vorschein, und die Christrose blüht noch im Dezember.
5) Grabgestaltung modern und bunt. Farbenfrohe Herbstbepflanzung, die aber nicht kunterbunt ist.
Wer etwas mehr Mühe und Geld investieren möchte, der kann mit wechselnden Bepflanzungen wunderschöne Blütenteppiche gestalten. Das ist sowohl mit einer Frühjahrs- und Sommerbepflanzung zu machen als auch mit Wechselpflanzungen für alle vier Jahreszeiten.
Schöne Vorlagen für hochwertige Grabgestaltungen können wir uns jedes Jahr von den Gartenausstellungen holen, die alle Jahre in Deutschland, Österreich und in der Schweiz stattfinden. Dabei sollte man aber nicht vergessen, dass derartige Ausstellungen Leistungsschauen sind. Sie gehen in der Regel über "das normale Maß" hinaus. Das müssen sie auch, damit Ideen und Anregungen überhaupt wahrgenommen werden. So kann man mal grundsätzlich Neues sehen, Anregungen sammeln und manches vielleicht selber umsetzen.
Allerdings ist es oft nicht möglich, die Beispiele eins zu eins zu kopieren. Schon dieselben Pflanzensorten zu kaufen, ist nicht so einfach. Und Abweichungen im Pflanzenmaterial können ein ganz anderes Ergebnis zur Folge haben. Schlimmstenfalls geht die Harmonie der Farben verloren.
Trotzdem soll uns das nicht hindern, Musterpflanzungen nachzugestalten. Für den Anfang rate ich, erst einmal nur drei Zierpflanzenarten zusammenzustellen. Haben wir eine gute Kombination gefunden, können wir weitere passende Blumen oder Blattzierpflanzen hinzufügen.
Haben wir einmal eine schöne Variante der Grabbepflanzung gefunden, dann empfiehlt es sich, diese auch in den kommenden Jahren beizubehalten. Kontinuität bringt Ruhe und Harmonie in die gesamte Anlage. Änderungen wird es ohnehin geben, weil es heutzutage wirklich schwierig ist, jedes Jahr dieselben Zierpflanzensorten beim Gärtner zu bekommen.
Schöne Beispiele für Grabbepflanzungen, welche du selber weiterentwickeln kannst, finden sich auch hier auf diesen Infoseiten.
Was ist auf dem Friedhof erlaubt und was verboten?
Wenn man hier auf dieser Seite die Fotos der Grabstellen betrachtet, so kommt dem Praktiker gleich der Gedanke: "Das ist auf dem Friedhof doch eh verboten!" Oder?
6) Kann Grabgestaltung modern sein? Auf den Gartenausstellungen haben wir oft Leistungsschauen der Gartenbau- und Steinmetzgewerke, welche nur auf Ausstellungen gehören.
Richtig ist, dass viele Friedhöfe genau vorschreiben, wie ein Grabmal auszusehen hat oder eben, wie es nicht auszusehen hat. Da wird zum Beispiel oft die Kombination verschiedener Materialien verboten, Steine dürfen nicht asymmetrisch sein, und darüber hinaus vieles mehr.
Was aber kaum bekannt ist und darum nur selten in Anspruch genommen wird: viele Friedhofssatzungen besitzen den Zusatz, "Grabmale mit künstlerischem Anspruch" außerhalb der Norm können genehmigt werden. Das setzt natürlich die Fähigkeit voraus, dass alle Seiten − Antragsteller, Bildhauer und Friedhofsverwaltung − in der Lage sind, gut zu kommunizieren und eine Einigung zu erzielen.
Leider wird oft recht vorschnell der Friedhof bzw. die Verantwortlichen in der Verwaltung als der große Verhinderer gescholten. Dabei ist es wohl eher so, dass außergewöhnliche und künstlerisch wertvolle Grabmale durchaus genehmigt würden, wenn bei einer etwaigen Ablehnung aber nicht immer gleich mit Gerichtsprozessen gedroht werden würde.
Manche Dinge gehen auf einem Friedhof wirklich nicht, und wenn das Nein der Verwaltung akzeptiert werden würde, dann wären die Verantwortlichen auch mal zu gewagten Experimenten bereit. Nur besteht eben ein gewaltiger Unterschied zwischen echter Grabmal-Kunst und kitschiger Massenware.
7) Regenbogen aus Glas
Leider macht ein Gericht diesen Unterschied nicht, und aus dem Grunde wird von den Verwaltungen dieses heiße Eisen gar nicht erst angefasst. Man begnügt sich halt lieber mit einem mehr oder weniger guten Durchschnitt.
Deshalb hier meine schon oft wiederholten Empfehlungen: mehr miteinander reden, öfter etwas Außergewöhnliches wagen, aber als Entscheider sowohl den Mut zum klaren Ja als auch zum klaren Nein haben. Wer die Regeln beherrscht, der kann auch Ausnahmen machen.
Die Friedhofsträger haben ihre eigene Sicht auf die Gestaltung und sie müssen außerdem das Gesamtbild der Friedhofsanlage im Auge haben. So ist beispielsweise in Grabfeldern, wo eine Ruhestätte neben der anderen liegt, kein Raum für individuelle Grabmale. Außergewöhnliche Denkmale, wie auf den Bildern 1), 2), 3), 4), 6) und 7) zu sehen, fordern Raum und ausreichend Platz um sich herum. Eingeengt zwischen anderen Gräbern leidet die optische Ruhe des Grabfeldes, und es kommt zur Ablenkung bei der Betrachtung solch eines Kunstwerkes.
Aus diesem Grunde sollte eine Verwaltung spezielle Grabstellen auf dem Friedhof bereithalten und bei der Stellenvergabe im Vorfeld schon darauf hinweisen. Am einfachsten gelingt das, wenn schon ein ähnliches Mustergrab auf dem Friedhof vorhanden ist. Wenn wir all diese Regeln beachten, dann werden unsere Friedhöfe auch moderne Zeiten überstehen.
Anmerkungen:
- Grabmal mit blauem Glas: Grabmal vom Freiburger Bildhauer Josef Dettlinger. Edelkastanie, gesägt und gebürstet. Weitere Materialien sind Seidenföhre (Seidenkiefer, Pinus strobus), Dallglas (handwerkliches, farbiges Gussglas) und eine Bleiabdeckungen.
- Bild 7) Regenbogen/Glas: Steinmetzwerkstatt Holger Ritter (Neukirchen): Glas (bemalt) und Kalkstein, als Stele für ein einstelliges Wahlgrab. Allerdings denke ich, dass man hier entweder auf den Regenbogen oder auf die Rose hätte verzichten können, beide Symbole konkurrieren mit- und passen nicht zueinander.
- Bild 4) Regenbogen und Plastik aus Bronze: Kunstgießerei Strassacker, Grabmal aus Kalkstein von Lars Müller (Gera)
- Bild 4) Das Geheimnis der gelungenen Farbigkeit: Zurückhaltung und Sparsamkeit der künstlerischen Mittel.
- Bild 3) Denkmal mit Klangspiel: Grabmale aus Keramik sind nichts Neues, doch Andrea Schürgut (Keramikatelier "Feuermale") hat sie in völlig neuer Form erfunden. Auf der Ausstellung waren einige zu sehen. Hier ist das Windspiel Symbol für Windhauch und Klang der Seele - ein Grabmal zur Berührung.
- Alle Bilder stammen von der gelungenen und zeitlosen Ausstellung auf der BuGa 2007.
Video-Notizen zu dieser Ausstellung