Hier habe ich einen interessanten Beitrag aus älterer Zeit vom Gartengestalter Willy Lange, der Anfang des 20. Jahrhunderts viel über Gartengestaltung publiziert hat. Er geht im Speziellen auf die falsche Vermischung von Architektur- und Naturgärten ein und erwähnt auch die fehlerhafte Gestaltung mit Rosen. Ich habe mir erlaubt, dem Beitrag hier und da einige Hinweise beizufügen.
»Hochstamm, Rosenpyramide, die Berankung von Gitterwerk, diese künstlichen Formen der Rosenpflanze haben im Rosengarten ihre Berechtigung. Im Landschaftlichen Garten bedeutet dagegen jeder Rosenhochstamm, einzeln oder in Reihen am Wege, mit Festons [Gehängen] von Clematis und anderen Schlingpflanzen verbunden, jedes Beet von Rosen, mögen sie auch noch so schön sein, einen Misston im Ganzen. Gleiches gilt von allen hochstämmig gezogenen Pflanzen, die ihrer Natur nach Sträucher sind.
Auch die Berankung von Wänden, Häusern, Lauben mit Rosen ist eine Vergewaltigung der Physiognomie der so genannten Kletterrosen. Sie klettern und ranken von Natur überhaupt nicht, sondern werfen ihre schlanken Blumenloden nach allen Seiten hin aus dem Strauch. So sind sie im landschaftlichen Garten auf sonnigen Hügeln, an Abhängen oder überhängend über gerade und schräge Stützmauern, angelehnt ''klimmend'' an sparrigen Buschbäumen der Eichen [Tiefwurzler, sie stören die Rosen nicht], Akazien, Wachholder, Kiefern und anderer, am rechten Ort.
Ein Haus mit Rosen umrankt! Ein poetischer Begriff, aber ein Verstoß gegen die Naturwahrheit. Wenn das Haus von Rosen umgeben ist, steht es auch in Rosen, von ihnen umschlungen in einem tieferen Sinne, und zum Beklettern der Wände haben wir andere Pflanzen [selbstkletternde Arten]. Nur solche, die mit Haftorganen ausgerüstet sind, sollte man an Wänden klettern lassen. Die Schlingpflanzen, wie Glyzinien, Jelängerjelieber fordern logisch-ästhetisch an Wänden ein Spaliergitterwerk, um dessen Stäbe sie sich schlingen. Am Hause, an Lauben, an den Wänden, am Vorbau, Balkon, Terrassengeländer können sich aber auch die so genannten Kletterrosen in freiem Wuchs das Haus, ohne es doch gezwungen zu beranken - wie auch die Liebe sich nicht erzwingen lässt.
Auch Sammlungen anderer Pflanzen: Stauden, Georginen [Dahlien], Kakteen, Blattpflanzen, Alpenpflanzen erhalten dann einen besonderen Platz und besonderer Form, wenn sie sich in das landschaftliche Gartenbild nicht organisch einfügen lassen, weil ihr Erscheinungsbild nicht zu den herrschenden natürlichen Motiven passt. So lassen sich längs einer Mauer, der Weg mit Buchsbaum begrenzt, Stauden als Blumenrand in wirkungsvollen Farbzusammenstellungen und in planmäßiger Blütenfolge anordnen. Die Mittel geben hierzu die Listen.
Dahlien und Gladiolen, kurz alle Sortimentsblumen werden am besten in geometrisch oder architektonisch ausgestalteten Teilen des Geländes vereinigt. Bei all diesen Sammlungen handelt es sich um die Wirkung der Pflanze, der Sorte an sich und in äußerlicher Beziehung [Farbunterschiede, Höhenunterschiede] zueinander, aber nicht um ihr Aufgehen und harmonisches Mitwirken in einem landschaftlichen Bilde.
Die Vermischung von Beeten mit landschaftlicher Anordnung, die Unklarheit der Motive, die sich auch in Sinnwidriger Vereinigung von Ziergebäuden mit landschaftlich sein sollenden Gartenbildern zeigt, hat neuerdings [um 1930 geschrieben] dazu geführt, dass Menschen mit klarem Sinn für das Vernünftige, organisch Zusammengehörige den Naturstil des Gartens ganz verworfen haben. Besonders die Künstler des Zweck- und Sachstils haben dagegen geeifert. Die Widersinnigkeiten liegen aber nicht darin, die Pflanzen im Garten nach natürlichen Motiven zu vereinigen, sondern in allem dem, was diesen Motiven nicht zugehörig ist und doch hingebracht wird. Wer würde es heute dulden, dass auf einem Bild eines deutschen Eichenwaldes vom Maler eine Palme dargestellt würde, bloß weil die Palme auch eine Pflanzenschönheit ist!
Ebenso falsch ist es, Palmen [in Mitteleuropa] in das landschaftliche Gartenbild eingliedern zu wollen. Das geht nicht; es ist immer ein Misston, um so mehr, wenn die Palmen wie am Orte gewachsen erscheinen, durch beranken, Eingraben der Kübel und Töpfe usw... Das Gegenteil ist richtig: Alle nicht in die landschaftliche Physiognomie [Physiognomie = Ausdruck der Lebensbedingungen, Naturbedingungen, in der körperlichen Gestalt.] passenden Pflanzen müssen in deutlich sichtbaren, möglichst schönen Gefäßen [Kübel, architektonische Hochbeete] stehen.«
Willy Lange (um 1930)