Nymphenburg, Geometrischer Garten.Nymphenburg, Geometrischer Garten, 1907.
Nymphenburg, Geometrischer Garten, 1907.

Der geometrisch gegliederte Garten hat nicht zum Ziel, eine Naturgestaltung nachzuempfinden, sondern klar in Architektenmanier die künstliche Formung umzusetzen. Künstlerisch sind sie auf der Stufe menschlicher Gestaltungskraft und gehen nicht über das geometrisch Gebundene oder architektonisch Gegliederte hinaus. Das geschieht im Gegensatz zu der innerlich naturgesetzlich begründeten Freiheit des Künstlers, und trotzdem ist die geometrische Gartengestaltung eine handwerklich hohe Gartenkunst, weil jede Situation aus ihrer Eigenart heraus gestaltet werden muss.

Schlussendlich ist auch Neues nicht zu schaffen, weil die Elemente der Komposition immer die alten bleiben und die Komposition selbst in den italienischen und französischen Gärten ihren Höhepunkt erreicht hatte. Doch scheint uns auch die einfachste Form des Kunstgartens, also die rein geometrisch aufgebaute Gartenanlage als eine primitive Art der Gartengestaltung, so werden uns die folgenden Ausführungen eines besseren belehren. Alles was hier über Perspektivwirkungen, optische Gleichgewichte u.v.m. zu beachten auf das dringendste angeraten ist, gilt im gleichen Maße für alle anderen Stilformen der Gartengestaltung.

Da es sich um Formung handelt, wird jede Form, jedes Ornament, das man auf einem Gegenstand irgend welcher Art, z.B. in Stickereien, Geweben, auf Tellern findet, für eine Einzelheit oder für die Gesamtkomposition der Flächengliederung des geometrischen Gartens als Vorbild dienen können. Die jeweilig modernen Formen können also auch im Kunstgarten angewendet werden. Wie weit sie sich im besonderen Falle bewähren, lehrt die Erfahrung.

Perspektivische Verschiebungen

Zu beachten ist: Die perspektivische Verschiebung bei seitlicher Betrachtung kann das auf dem Papier vortrefflich wirkende Ornament ungünstig beeinflussen, und umgekehrt eine wenig ebenmäßige Zeichnung aus gleichem Grunde im Garten erfreulich sein. Am wenigsten störend, weil uns geläufig, ist eine perspektivische Verschiebung gerader Linien. Durch sie werden eher günstigste malerische Wirkungen im Raum erreicht. Bei bogigen Mustern von Beeten kommen dagegen oft Knickungen durch die Perspektive zustande, die den in der senkrechten Projektion gezeichneten schönen Fluss der Linien unangenehm unterbrechen.


Literatur & Quellen: Lange, Willy: Die Gartengestaltung der Neuzeit, Leipzig 1907 – mehrfach überarbeitetes Kapitel aus "Der geometrische Garten".