Ich bin zwar selber gelernter Baumschulgärtner, doch beim Obstbaumschnitt musste auch ich immer wieder in Büchern nachschauen. Mit den Jahren habe ich mir nun alles noch einmal selbst erarbeitet und hoffe, dir eine einfache, leicht zu merkende und logische Anleitung zum Fruchtholzschnitt geben zu können:
Der Grund, dass man eine entsprechende Anleitung, etwa zum Apfelbaumschnitt falsch versteht ist der: Der Laie denkt, dass sich eine schöne Baumkrone nach vorgegebener Form ordentlich verzweigen muss, also vom Leitast zu den Ästen der unteren Ordnungen. Auf dem Bild (2.) habe ich versucht, es entsprechend darzustellen.
Diese Vorstellung suggeriert, dass die Verzweigung immer im gleichen Maßstab von der Krone über die großen Ästen bis hin zu den kleinen Zweigen übertragen werden muss. Doch das ist falsch. Die geordnete Verzweigung gilt vom Prinzip her nur für das Baumkronengerüst und nicht für die Zweige, an denen letztlich die Früchte wachsen (Fruchtholz).
Um das Prinzip besser zu verstehen, denkt man sich den Baum vom Fruchtholz her. Die früchtetragenden Triebe sind diejenigen, die nicht so sehr in die Länge wachsen sollte. Das Fruchtholz ist kurzwüchsig und setzt dicke Blütenknospen an. Sie befinden sich meist geometrisch ungeordnet am Baumgerüst.
Säulenäpfel haben nur einen einzigen Gerüstast
Das minimalistischste Beispiel für das oben Gesagte ist ein Baum mit nur einer Verzweigung (Bild 4. A) und noch Einfacher (Bild 4. B) der Säulenapfel oder gleichwertiges Säulenobst. Da besteht das Gerüst, also die Krone, nur aus einem Mitteltrieb und dann verzweigt sie sich nicht mehr.
An diesem einzigen, säulenförmigen Gerüstast hat man nur seitlich treibende Ästchen mit Blütenknospen (4.).
Weil hier das Kronengerüst fertig ist, ist nur noch der "Fruchtholzschnitt" auszuführen:
Der "Fruchtholzschnitt"
- Zuerst schaut man, ob eine Gerte lang und peitschenartig gewachsen ist (geile Triebe). Dieser Peitschentrieb wird dann kurz über der Basis abgeschnitten (5.) C. (schneiden auf Beiauge, siehe auch unten im Text).
- Auch die weniger stark wachsenden Seitenäste werden etwas eingekürzt – meist 1/3 - früher kürzte man meist mehr - Skizze (5.).
- Ist ein Fruchtastzweig älter, dann kann er nochmals um die Hälfte gekürzt werden.
- Ist ein Fruchtast sehr alt und schrumpelig, dann schneidet man ihn auf Astring zurück (relativ flach am Ast, dann treibt er nicht mehr aus), oder du lässt einen Stummel von etwa 1 cm stehen (schneiden auf Beiauge), dann treibt an dieser stelle ein neuer Fruchtast aus einem sogenannten "Schlafenden Augen" aus. Diese Knospen sind unter der Rinde an der Astbasis versteckt und im Prinzip nicht sichtbar.
Mit dieser Schnitttechnik kann ein Gerüstast, und sei es nun nur der Eine beim Säulenobst, ganz gleichmäßig dicht mit den Fruchtästen besetzt sein und tatsächlich Früchte ansetzten, wie es oben im ersten Beitrags-Bild zu sehen ist (bei Verwendung einer geeigneten Sorte). [TJ.27.10] I