Bambus: ein Gras und stilprägender Universalbaustoff

Asiatisches Flair Gartenbuddha

Bambus ist ein Gras. Doch manchmal sind die unscheinbaren Dinge in der Welt von größerem Nutzen als jene, die vorgeben, bedeutend zu sein. Gras ist ein Beispiel dafür. Wir bewundern uralte Eichen und schlanke Tannen, sagenumwobene Zedern oder einen übervollen Apfelbaum. Bäume bringen Nutzholz und zahlreiche Obstsorten hervor, doch in der Not könnte man darauf verzichten, nicht aber auf das Gras.

Gras ist unser Hauptnahrungsmittel, so kurios das klingen mag. Doch Brötchen, Brot, Bier, Korn und Schottischer Whisky sind Produkte aus Gräsern. Denn nichts anderes sind Weizen, Roggen und Gerste. Hafer und Mais sind ebenfalls wichtige Grundnahrungsmittel und als Tierfutter nicht mehr wegzudenken. Gras ist das wichtigste Futtermittel für das Vieh. Milch und Käse haben letztlich ihren Ursprung in saftigen Wiesen und Weiden.

Mit Stroh deckte man früher die Dächer, aus Stroh fertigte man Schuhe und Kopfbedeckungen; Strohhüte sind heute noch modern. Neuerdings wird Stroh auch in Kraftwerken verbrannt.

Miscanthus, das Riesenchinaschilf,  ist ein Neuling in der Landwirtschaft und wird in der Zukunft ein bedeutender nachwachsender Rohstoff werden, besonders als Brennstoff für spezielle Kraftwerke. Miscanthus ist nicht nur als Energierohstoff nutzbar. In jüngster Zeit werden seine hervorragenden Eigenschaften als Werkstoff entdeckt und eingesetzt. Ob Estrich, Wand, Dämmstoff, Verpackung, Verbundstoff oder abbaubarer Kunststoff, Chinaschilf lässt sich mannigfaltig einsetzen.

Nun komme ich auf den Bambus zurück. Man sagt, aus Bambus lässt sich jeder Gebrauchsgegenstand herstellen, der zum Leben nötig ist. Hütten, Zäune, Brücken, Wasserrohre, Stühle, Becher und sogar Bambussägen lassen sich fertigen. Diese Pflanze ist also ein idealer Rohstoff, sie ist extrem hart und fest, dabei aber filigran und fast schwerelos im Wind. Sie hat also zwei Extreme in sich vereint.

Vielleicht war es dieser Kontrast, der die Philosophie des fernen Osten anregte, das Ying und Yang, die Philosophie der korrespondierenden Gegensätze. Gegensätzlichkeiten spielen im chinesischen Garten eine sehr wichtige Rolle. Man stellte den Garten als idealisiertes Landschaftsbild dar immer mit dem Gegensatz einer gewissen Heiterkeit und Melancholie. Die alten Chinesen hatten dafür eine eigentümliche Bezeichnung. Man sprach vom "Lachenden" und vom "Bedrohlichen".

Bambus als Einzelpflanze oder als ein sich im Winde wiegender Hain strahlt diese eigentümliche melancholische Gelassenheit und Leichtigkeit aus, dessen Wesen ich auch in der Architektur der Pagoden wiederfinde. In Holz gebaut tragen sie mit ihren geschwungenen Dachfirsten jene Architektur des Bambus' in sich.

Nutzgarten
Nutzgarten
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Bambus – ein Maximum an Schönheit und Nutzbringung

Bambus ist nicht formbar. Dadurch entsteht eine spezielle Geometrie des Bauens mit diesem Material oder besser gesagt, es entsteht eine eigenständige Bau-Philosophie, die Philosophie des rechten Winkels. Dieses Gedankengut wurde in Holland von der Künstlervereinigung De Stijl aufgegriffen.

Die großen polaren Kräfte des Lebens, "Natur und Geist, das Statische und das Dynamische, das Horizontale und das Vertikale", sollten in der Kunst zum Ausgleich kommen. Der rechte Winkel und die drei Grundfarben, ergänzt um Schwarz, Weiß und Grau, galten als die elementaren Ausdrucksmittel.

Notiz: Der Bauhausstil und der Stil der neuen Sachlichkeit führten diese Gedanken fort. Sie fanden in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts ihren Ausklang. Dieser war vielleicht nicht das Ausklingen von Ideen, sondern das Aussterben von Ideen.