Tränendes Herz (Dicentra spectabilis) – mehr als eine Bauerngartenblume

Tränendes Herz Dicentra spectabilis

Das Tränendes Herz hat die botanische Bezeichnung Lamprocapnos spectabilis (bekannter ist das Synonym Dicentra spectabilis) und vielerlei volkstümliche Namen, wie Hohe Herzblume, Herzblume, Flammendes Herz, Herzerlstock, Frauenherz oder Marienherz, und ist eine bekannte mehrjährige Schmuckstaude für bunte Staudenrabatten. Neben der Verwendung in Blumen- und Staudengärten sie eine typische Pflanze des Bauerngartens, wo sie zur Zierde, aber auch als Schnittblume dient. Vor allem blüht das Tränende Herz zu einer Zeit (Mai und Juni), wo im Garten gar nicht so viele Blumen geschnitten werden können, denn die Frühlingsblumen sind bereits verwelkt und die Sommerblumen sind noch nicht im Flor.

Ich erwähnte, dass das Tränende Herz eine typische Bauerngartenpflanze ist, doch das ist sie noch gar nicht so lange, wie man vielleicht vermutet. Die Staude hat ihre Heimat im Korea, Nordwest-China und Südwest-Sibirien wo sie in lichten Laubwäldern wächst, doch nicht an zu trockenen Standorten.

Von Sibirien gelangte die Pflanze 1810 in den Botanischen Garten von St. Petersburg, von wo sie zunächst auch nach England (1816) kam. Doch dort ist sie wegen falscher Pflege eingegangen und wieder in Vergessenheit geraten und wurde ein zweites Mal durch den schottischer Gärtner und Forschungsreisenden Robert Fortune (1812–1880) im Jahre 1840 (oder 1846) erneut über England in Europa eingeführt [2]. Vermutlich hat sie sich dann bei uns aber in der ausgehenden, botanisch sehr interessierten Biedermeierzeit recht rasant verbreitet, aber nicht nur auf dem Lande, sondern auch in den Stadtgärten. Bemerkenswert ist, dass die Herzblume in der traditionellen Blumensprache nicht zu finden ist, doch intuitiv weiß ein jeder, dass sie Symbol unsterblicher und aufopfernder Liebe ist.

Tränendes Herz

Wichtiger Hinweis, Botanik

Die hier vorgestellte Art und die Sorten sind 60 bis 90 cm hohe Herzblume. Daneben gibt es aber auch noch die Zwerg-Herzblumen, welche der Laie oft für das Tränende Herz ansieht und kauft. Die Zwerg-Herzblume ist zwar eine hervorragende Staude, weil sie sehr robust ist und sehr lange blüht, doch sie bleibt relativ klein (25 cm) und ist vom Charakter her mehr etwas für Naturgärten.

Zwerg-Herzblume Dicentra exima Habitus und BlüteDie Verwechslung mit der Zwerg-Herzblume (Dicentra exima) ist für den Käufer möglich!

Bis vor wenigen Jahren wurde Lamprocapnos spectabilis noch der Pflanzengattung Dicentra spectabilis zugeordnet, doch nunmehr ist es eine eigene Gattung (siehe Systematik). Der botanische Name Lamprocapnos spectabilis hat die Bedeutung lámpro (griechisch) = glänzend; capnos = ist ein alter botanischer Name für Erdrauch; spectábilis = ansehenswert, spektakulär. Das lámpro ist hierbei wohl die Andeutung an die Träne. 

Die herzförmig ausgebuchteten Blüten hängen an einer einseitig elegant gebogenen und überhängenden, vielblumigen Traube. Die äußeren Kronblätter sind von reiner rosaroter Farbe und an den Enden zurückgebogen. Weiterhin sind die zwei Kronenblätter mit einem weißen tropfenförmigen Fortsatz versehen, der optisch wie eine herabfließende Träne aussieht. Die Blütezeit reicht von Ende April bis Juni, manchmal beginnt die Blüte erst im Mai. Es gibt wenige Plätze in Deutschland  an denen die Lamprocapnos spectabilis verwildert auftreten. Der Grund hierfür ist, dass die Art kaum Samen ausbildet, doch hin und wieder ist das möglich. Bei uns gibt es nicht zu viele Insekten, welche mit ihren Rüsseln bis zum Grund der Blüten reichen und diese bestäuben. Dies vermögen nur die langrüsseligen Gartenhummeln (Bombus hortorum) und die Pelzbienen (Anthophora plumipes). Die Pflanzen sind für Menschen giftig und haben in allen Pflanzenteilen giftige Alkaloide. Bei der Berührung mit Pflanzensaft kann es zu Kontaktallergien kommen. [1]

Systematik:

Lamprocapnos spectabilis (einzige Art der Gattung) –  Lamprocapnos (Gattung) – [Sub-Sub-Tribus] Fumarieae – [Sub-Tribus] Fumarioideae (Erdrauchgewächse) – [Sub-Tribus] Papavereae – Unterfamilie [Tribus]** Papaveroideae – Die Pflanzenfamilie der Papaveraceae (Mohngewächse) – Ordnung der Hahnenfußartigen (Ranunculales) – Eudikotyledonen – Klasse der Magnoliopsida (Bedecktsamer)  ** Tribus = Pflanzen-Unterfamilie

Verwendung

Standortbedingungen, Pflege

was den Standort betrifft, so ist diese beliebte Blütenstaude etwas wählerisch und ich selber hatte in der Vergangenheit meist etwas Pech mit der Kultur, ebenso wie den Londoner Botanikern (siehe oben), welchen die Pflanze ebenfalls einging. Auf vollsonnigen und trockenen Standorten gehen die Stauden innerhalb weniger Jahre ein, doch auch an Plätzen, wo starke Konkurrenz durch Wurzeln von flachwurzelnden Gehölzen besteht. Die Winterfröste sind kein Problem. Die Schmuckstaude liebt frischen, tiefgründigen, humusreichen und nicht zu schweren Boden, sowie Streu- oder Halbschatten.

Während ihre Entwicklungszeit, also besonders im Mai und Juni, darf die Staude nicht trocken stehen, sondern muss gut gegossen, aber auch gedüngt werden (flüssiger Blumendünger nach Anleitung). So behandelt, kann das Tränende Herz sogar an einem entsprechenden Platz im Rasen stehen (natürlich mit grasfreier Wurzelscheibe). Man muss die Schmuckstaude nur ungestört wachsen lassen, was eine Hauptvoraussetzung für die Kultur ist, dann werden sie über viele Jahr hin zu beachtlichen Exemplaren. In Staudenrabatten kommt es nicht selten vor, dass sie bei Reinigungsarbeiten im Frühjahr beschädigt werden, weil die Pflanzen nach dem Winter dort kaum auszumachen sind – ein Schicksal, was sie mit dem Rittersporn teilen. Weil das so ist, sollten wir den Standort der Pflanzen im Spätherbst mit einem Stab markieren.

Verwendung

Auf die Verwendung wurde oben schon mehrfach eingegangen. Grunert [2] erwähnt sie traditionell im Bauerngarten im "traulichem Verein" mit altmodisch wirkenden Blumen, wie Brennende Liebe (Lychnis chalcedonica), Pfingstrose und Zimt-Himbeere (Rubus odoratus). Im Staudenarten ist es der gelb blühende Gemswurz (Dorioicum orientale), welcher den farblichen Komplementärkontrast liefert und es ist die Akelei (Aquilegia vulgaris), welche blühend das Tränende Herz begleitet. Beide Stauden haben ähnliche Höhen. An dieser Stelle ist es notwendig, nochmals darauf hinzuweisen, dass wir Staudenrabatten so anlegen sollten, dass gleichzeitig möglichst viele der Pflanzen gleichzeitig blühen. Nur so haben wir die romantischen Effekte, welche wir uns so sehnlichst wünschen.

Die Vorstellung, jeder Zeit "etwas Blühendes" auf der Rabatte zu haben zu müssen, ist ein gestalterischer Irrtum. Der Blüteneffekt ist völlig verpufft, wenn die Stauden einer Rabatte nur einmal hier und mal da aufblühen. Eine Eigenschaft der Natur ist es – jeweils für eine kurze Zeit – verschwenderisch mit ihren Kräften umzugehen. Diesen Effekt müssen wir gestalterische nachvollziehen, dann wird unser Garten diese natürliche Kraft ausstrahlen. Alles immer, und zu jeder Zeit haben zu wollen, also blühen zu lassen, würde zwar auch gelingen, doch wäre von keiner besonderen gestalterische Wirkung. Das sollten bedenken, wenn wir das Tränende Herz in der Gartengestaltung verwenden.

Für Gräber

Auch für die Gestaltung von Gräbern ist die Staude eine geeignete Pflanze. Hier ist es ähnlich, wie im Garten. Die Herzblume blüht, wenn die Frühjahrsbepflanzung vorbei ist, aber der Sommerbepflanzung noch nicht in vollem Flor steht. Auf dem Friedhof ist diese Blume zum volkstümlichen Symbol geworden, wie der Name "Marienherz" verrät, doch allgemein galten die Blüten als ein Symbol der Liebenden (zu Lebzeiten) = Flammendes Herz, sowie als Symbol des Liebeskummers und des Trennungsschmerzels, als das Tränende Herz als Friedhofsblume.

Herzblume auf einem Grabstein als SymbolDas Tränende Herz als Grabmal-Symbolik

Ich habe die Blüten auch schon als Grabmalsymbol gefunden, wo sie in Stein gehauen so viel ausdrücken, wie die gepflantzte Staude. Für die Grabbepflanzung sollten wir aber besonderes die richtigen Standortbedingungen beachten (siehe oben).

Vermehrung, Pflanzung

Lamprocapnos spectabilis lässt sich im Wurzelstock teilen und auf diese Art selber auch gut vermehren, doch brauchen dann die ausgegrabenen und geteilten Pflanzen einige Jahre, bis sie kräftige Stauden sind. Die Vermehrung durch Stecklinge ist auch möglich, doch geht man dabei so vor, dass beim Stecklingsschnitt immer eine schmale Scheibe des Wurzelhalses am Steckling belassen werden muss. Dazu schneiden wir im Frühjahr junge Triebe, wenn diese 5 bis 6 cm lang sind, mit einem kleinen Schild, vom Wurzelstock ab. Die Schnittwunde wird zur Desinfektion mit Holzkohlepulver bestreut und der Steckling in sandige Erde z.B. auf ein Beet gesteckt. Anschließend stülpen wir ein Einmachglas über den Steckling, der bis zum Herbst bewurzelt. In den Gärtnereien nimmt im Sommer auch noch Achseltriebe, an denen ebenfalls ein Stückchen Rinde verbleiben muss, und bewurzelt und überwintert sie unter Glas. Bei der Pflanzung gekaufter Stauden müssen wir darauf achten, dass der Boden tiefgründig locker ist und dass wir die Setzlinge nicht zu flach einsetzen. Da wie die Stauden im Topf kaufen, sollte diese nach deren Einpflanzen und Andrücken, besser 0,5 cm tiefer im Boden stehen, als zuvor im Topf.

Sorte Alba weiße BlütenDie Sorte 'Alba'

Als Pflanzzeit rate ich April, Mai oder den späten August zu wählen. Nach der Pflanzung wird gut angegossen und zunächst noch nicht gedüngt. Diese ratsame Dünung sollte erst im Juni mit einem Blumenvolldünger erfolgen. Bei Trockenheit muss gegossen werden und das besonders nach dem Düngen. Der Pflanzenabstand der Stauden beträgt untereinander 70 cm.

Sorten

Die Sorten werden heute sehr oft noch mit der alten Artbezeichnung benannt, wie zum Beispiel Dicentra spectabilis 'Alba', statt Lamprocapnos spectabilis 'Alba'. Besonders bei der weißblumigen Sorte 'Alba' müssen wir auf die richtige Art achten, denn auch von der Zwerg-Herzblume gibt es eine weiße, gleichnamige Sorte und so sind Verwechslungen möglich. Die Art, welche wir kaufen wollen, ist die höhere Form, welche mehr als kniehoch wird und entsprechend müssen wir uns dann in der Sortenbeschreibung eingehender informieren. Die Zergformen der Herzblume bleiben unter 30 cm.

  • 'Alba' – schneeweiße Blüten 50 bis 70 cm
  • 'Goldheart' – rosa/weiße Blüten, gelbes und gelbgrünes Laub, nur im Halbschatten/Schatten pflanzen
  • 'Valentine' ® – kirschrot/weiße Blüten; teilweise schwarzrot durch das Laub schimmernde Stängel

Anmerkungen und Literatur:

  • [1] Giftpflanze des Jahres 2017
  • [2] Maiwald, V. Geschichte der Botanik; Wien und Leipzig 1904
  • Grunert; Gartenblumen von A bis Z; Radebeul 1972