kleines Haus farbige FassadeJe kleiner, je mehr Farbigkeit ist möglich.
Je kleiner, je mehr Farbigkeit ist möglich.

Hier folgt das überarbeitete Kapitel "Farbe" aus "Die Gartengestaltung der Neuzeit" von Willy Lange aus dem Jahre 1907: Es ist ein wertvoller Standartratgeber zur Thematik der Farben und ihrer Verwendung in der Gartengestaltung bis hin in den Wohnbereich des Hauses hinein. Lies die Regeln genau und wende sie bewusst und zielgerichtet an: "Die Empfindung für Farben in unserer Gesellschaft ist ständig wechselnd, schon mit der Entwicklung der einzelnen Persönlichkeit jedes Menschen; es wechseln die Farben mit der jeweiligen Mode, sowie mit den Auffassungen der Künstler (Malerei), sowie auch im Zusammenhang mit der vorherrschenden Architektur und dem Wohnstil. Auf dieser Grundlage wechselt der Sinn für Farbe, ihre Verwendung in den verschiedenen Zeiten, früher mit Jahrhunderten und Generationen, heute sehr schnell, mitunter von Jahr zu Jahr.

Darum lässt sich Unabänderliches nicht sagen. Aber gewisse Grundlagen der Farblehre, welche dann doch zeitlos scheinen, sind des Studiums wert, obwohl man sich bewusst bleiben muss, dass innerhalb der Farbenbezeichnungen so viele Töne möglich sind, dass aus Harmonien, die man sich beim Nennen der Farben vorstellt, Dissonanzen werden können. Mit dieser Einschränkung sei folgendes, ohne Begründung im Einzelnen, behauptet:

nach Willy Lange
Zwölfteiliges Spektrum nach Jo...

Farbenkreis und Komplementärfarben

Wenn man die Farben in einem Kreise so aufschreibt, wie die Abb. 247 zeigt (schwarz-weiß-Zeichnung oben), so gilt:

  • Farben, die nicht dem gleichen Ton angehören und doch weniger als ein Viertel des Kreises voneinander entfernt sind, erreichen keine befriedigende Wirkung. Trennung solcher einander nahe liegender Farben durch Schwarz verbessert die Wirkung.
  • Zwei Farben, die mehr als ein Viertel des Kreises voneinander getrennt sind, wirken zusammen befriedigend.
  • Alle Farben, also auch im Kreise benachbarte, lassen sich angenehm vereinigen, wenn man die eine sehr hell, die andere dunkel (satt) wählt.
  • Drei Farben kann man befriedigend vereinen, wenn sie voneinander etwa ein Drittel des Kreises entfernt sind.
  • Mehr als drei Farben zusammen erzeugen Buntheit.
  • Sollen mehr als drei Farben mit geschlossener Wirkung vereinigt werden, so sollen die "Mehr als drei" Abschattungen dieser sein und sich der entsprechenden herrschenden unterordnen und benachbarn.

Grautöne

Schwarz passt fast zu allen satten Farben, wirkt gegensätzlich zu hellen, passt schlecht zwischen dunklen und hellen, verbessert durch Zwischenstehen schlechte Verbindungen dunkler Farben. Grau passt zwischen zwei Farben besser als Weiß, wenn die eine dunkel, die andere leuchtend ist, und es passt besser als Schwarz zwischen zwei Farben, wenn die dunkle die helle überwiegt. Schwarz, Weiß, Grau sollten in der Farbe getönt sein, welcher sie als der herrschenden benachbart oder vorgestellt sind. Daher vermeide man das einige Zeit so beliebt gewesene leuchtende Weiß von Bänken und Tischen im Garten.
Wir finden zwar bei unseren Vorfahren oft weiß gestrichene Bänke, aber es ist von denen, die immer auf die viel größere Vernunft unserer Vorfahren in Gartendingen hinweisen, vergessen worden, dass erst die Verwitterung des Weiß' diese Färbung unserem veränderten Sinn erträglich macht; also nicht frisch drauflos gestrichen, sondern weiß abgetönt, zum Beispiel nach grünlichgrau vor grün oder nach gelblich in der beherrschenden Nähe einer gemörtelten Wand.

LoveToTakePhotos Tempelrot Farben Japanischer GartenZinober und mennige ist das Tempelrot in den japanischen und chinesischen Gärten. Dazu der grüne Kontrast.

Grün und Rot

Grün als Anstrich passt nicht zum Grün des Laubes. Gitterwerk-, Zäune, Bänke seien daher nicht grün gestrichen. Und doch finden wir grüne Bänke, Fensterläden befriedigend, aber nur vor dem Hintergrund von hellen Hauswänden, auf orangefarbenem oder grauem Kies. Rot passt zu Grün, ist in Mengen zu aufdringlich, kann aber in bescheidener Menge (bzw. getönt), zum Beispiel an einer grazilen Bank auftreten, als gemalte Blumen auf einem Fensterladen, als Verzierung von Spitzen der Blumenkästen.

Folkloristische Farbgebungen

Blumenmalerei auf grünen Fensterläden ist bäuerlich, durch Überlieferung gerechtfertigt, aber in der Farbenwirkung nicht in unserem Sinne harmonisch. Durch Überlieferung feststehend und charakteristisch sind auch Farbenzusammenstellungen an Häusern völkischer Bauweise, Landschaftlich verschieden, zum Beispiel rot der Ziegel, mit weißen Fugen, weißen Fensterrahmen, grünen Läden, Blumenkästen grün mit weißen oder roten Spitzen am Gitterwerk, weiße Tore in grünen Hecken, grüne Zäune mit weißen Spitzen. Wo es sich um Gebäude nach Folkloremotiven handelt, sind die Farben genau dem Vorbild entsprechend zu vereinigen, ohne Rücksicht auf Farbenlehren, aber in Rücksicht auf unser Empfinden und die Verwitterung unter Beimischung von Grau zu jeder Farbe, damit das Schreiende gebrochen wird.

66283 mediterraner HofMediterranes Flair. Was macht es aus?

Patina und Pastellton

Das Holz wird in holzreichen Gegenden entweder gar nicht gestrichen und bekommt dann einen silbergrauen Verwitterungston, oder es wird rot getönt; endlich finden sich in Balken und Zierleisten einfache Kerbschnittmuster, die zum Beispiel in Tirol mit roter und blauer Wasserfarbe getönt sind. Wollten wir auf den schönen Patinaton zum Beispiel bei Lauben, Brücken warten, so würde uns bis dahin das frische Holz stören. Ohne den Verwitterungston in der Entwicklung zu hindern, kann man aber das frische Holz mit silbergrauer Lasur einmal anstreichen.
Patina- und auch Pastellfarbtöne können, wenn sie entsprechend eingesetzt werden, das mediterrane Flair in den Garten bringen. Im Süden, wo durchaus auch gern die satten Tönungen genommen werden, werden diese durch das grelle Sonnenlicht aufgehellter wahrgenommen. Somit geben Pastelltöne (z.B. an Gittern, Bänken, Pergolen usw.) die Illusion eines sonnenreichen südlichen Gartenplatzes. Mittlerweile gibt es auch eine ganze Reihe von Gartenblumen, deren Blüten in Pastellfarben gehalten sind und besonders in mediterranen Gärten zum Einsatz kommen sollten.

Mit Pflanzen, Blüten und Farben Stimmungen erzeugen

Beim Studieren der Thematik "Patina und Pastelltöne" bemerken wir bereits, dass es möglich ist, mit dem Colour der im Garten zur Verfügung stehenden Mittel besondere Gemütsstimmungen zu erzeugen. Dies versuchten schon die Gestalter der fernöstlichen Gärten oder die Planer der romantischen Landschaftsgärten. In den chinesischen und japanischen Anlagen erreichte man dies zwar mehr durch die Formensprache, doch es ist ein unumstößlicher Fakt, dass auch mit den Farben das Gemüt des Betrachters angesprochen werden kann:

  • Weiße Blüten, welche einen Gartenplatz dominieren, wirken immer auch etwas geheimnisvoll und mystisch, das Gestaltlose verkörpernd
  • Rosa wirkt wie Weiß geheimnisvoll und verzaubernd, es schafft Märchenwelten
  • Blaue Töne vermitteln Weite, Ruhe und gestatten das Träumen
  • Gelb bringt Heiterkeit in den Gartenraum
  • Rote Blüten müssen von der Nachmittags- und Abendsonne beschienen werden, sie vermitteln Heimatgefühl, Sicherheit und Wärme
  • Orange ist nicht nur die Mischung aus Rot und Gelb, sondern auch deren Stimmungsmischung; die Farbe leuchtet auch in der Mittsommernacht
  • Grün entspannt die Augen und die Seele, wir fühlen uns dazugehörig heimisch und nicht fremd; Hellgrün erfrischt und füllt uns mit Energie

Sommerblumenrabatte

Bunt – Blumenbeete

Auch die Buntheit, wenn sie durch Pflanzenfarben entsteht, ist erträglich, ja heute uns wieder erfreulich: die Harmonie wird durch das hindurchschimmernde Sonnenlicht, durch Reflexe erzeugt. Keine Pflanzenfarbe tritt uns rein entgegen, auch in der Masse nicht, sondern Blattfarbe, Gezweig, Licht und Schatten wirken mit. Daher hat es keinen Wert, über die Farben, zum Beispiel für Teppichbeete oder Blumenrabatten Regeln aufzustellen. Je mannigfaltiger das Teppichmuster, je verschlungener, je kleiner die einzelnen farbigen Teile, desto gegensätzlicher müssen die Farben sein, damit die verwickelte Gliederung klar bleibt. Je größer die farbigen Flächen, desto weniger satt sollen die Farben gewählt werden und desto geringer die Unterschiede in der Tönung (vgl. z.B. Hausanstrich mit wenig Unterschieden und doch wirksam abstechenden Gesimsen). So wirken auch in Gruppen geringe Unterschiede, wenn die einzelnen Farbflächen groß sind."
Zum Bild des "Farbkreises nach J. Itten" ©pico-Fotolia.com; Johannes Itten (1888–1967) war Kunstmaler und -theoretiker und lehrender Meister am Bauhaus in Weimar. Der Schweizer Künstler (Schule der Konkreten) entwickelte eine eigene Farbenlehre und gilt als Begründer der Farbtypenlehre. Der Kreis des Willy Lange ist von anderer Natur. Hier sind die Töne in den einzelnen Vierteln des Kreisen in Beziehung zueinander relevant.

T. Jacob