Eine Komposition verschiedener Gartenformen kann oft die besten Wirkungen ergeben, doch weniger die Vermischung sondern die Nebeneinanderstellung und höchstens eine gewisse Verzahnung: Ein streng formaler Garten gerät durch die freie Ausbreitung von Blumen aus den benachbarten Gartenteilen in einen malerischen Stilmix. Doch die Verzahnung ist hier eher zufällig.
Zuerst muss man auf eine klare Trennlinie zwischen nebeneinanderstehenden Garten-Stilformen achten, bevor am Ende die Natur die Formen vereint. Es kann somit ein reizvolles Durcheinander in der bildmäßigen Raumwirkung entstehen. Aber formale Übergänge zwischen den Formen des Hauses und dem natürlichen Garten sind es dann doch nicht. So können z.B. ein paar regelmäßige Wild-Blumengruppen am Hause nicht etwa von ihm zur "Natur" überleiten.
Wenn aber z.B. ein niedriger Zaun auf einer niedrigen Terrassenmauer den geometrisch - architektonischen Teil des Geländes abschließt gegen die nach Naturmotiven geschaffenen Pflanzungen, so können diese wohl Terrassenmauer und Zaun mit ihren Vorposten erklettern, beranken, umspinnen: Das ist dann ein Zusammenklingen verschiedener Motive, die, jedes für sich, ihre eigene Logik, d.h. Gestaltungsgesetze, haben. Das Trennende und im letzteren Sinne, Vereinigende ist dann eben die Terrassenmauer mit dem Zaun, in unserem Beispiel. Durch formale Trennung im Grundriss entsteht so ein Nebeneinander, das aber im Raume als künstlerische Vereinigung wirkt. Geometrische und architektonische Form lassen sich leicht komponieren. Beide für sich oder beide gemeinsam können, wie oben angedeutet, mit der natürlichen Gestaltung komponiert werden.
Ebenso ist der Bauerngarten leicht mit dem Naturgarten in (getrennte) Gemeinschaft zu bringen; etwa da, wo ein landschaftlich zu steigerndes Gelände zur Verfügung steht, auf dem ein Landhaus im bäuerlichen Stil errichtet wird, das man mit den farbenprächtigen Reizen des Bauergartens umgeben will. Ein reicher ausgestattetes Haus kann mit einem wenig ausgedehnten, aber reichen Kunstgarten umgeben werden.
Beide letztgenannten Fälle bieten besonders dann begründete Motive zur Entfaltung von Blumenpracht, wenn der herrschende Landschaftscharakter selbst bei künstlerischer Steigerung innerhalb der ihm eigenen Physiognomie uns diese Farbenfreuden versagen würde; also z. B. beim Vorherrschen von Kiefernwald auf trockenem Boden. Ist der Grundsatz der Trennung einander berührender Gartenformen hinreichend betont, so wird das Folgende nicht im Widerspruch hierzu erscheinen: Es ist künstlerisch von hohem Reiz, wenn einmal die gleichsam übersprudelnde Lebensfülle des Pflanzenwuchses die fest gezogenen menschlichen Schranken, Beetlinien, regelmäßig bepflanzten Rasenflächen malerisch überwuchert.
Was beim architektonischen Garten von der Auflösung der Symmetrie durch freie Pflanzungen gerühmt wurde, kann auch im geometrischen Garten gelegentlich erreicht werden. Immer aber ist es die Naturkraft, die man, scheinbar unbeabsichtigt, gewähren lässt, ohne dass das Prinzip der Regelmäßigkeit dadurch aufgehoben würde. Solche Erscheinungen geben das Gefühl des langen Bestandes, der heimischen Sesshaftigkeit, gelassener Behaglichkeit, gediegenen Gartenreichtums, im Gegensatz zum eben Fertiggewordenen, abgezählt Gepflanzten, das viele Gärten an sich tragen, die vor lauter "Pflege" nicht zur Ruhe, zur Entwicklung malerischer Schönheit kommen."
Literatur & Quellen:
- Lange, W. Die Gartengestaltung der Neuzeit, 1907, Überarbeitetes Kapitel "Der geometrische Garten".
- Bilder: Englische Gärten, nach Zeichnungen von George S. Elgood mit Anmerkungen von Gertrude Jekyll (Gertrude Jekyll, Some English Gardens, London: Longmans, Green & Co 1904 Some english Gardens, After Drawings by George S. Elgood with notes by Gertrude Jekyll