Zaun am BauerngartenDer Zaun ist das erste Wesensmerkmal unserer Gärten.
Der Zaun ist das erste Wesensmerkmal unserer Gärten.

"Er war am Anfang ein umzäuntes Stück Land zum Zweck der Pflanzenzucht. Schutz dem Inneren, Trutz nach außen, das will der Zaun, und daher ist er der allererste Wesensteil aller Gärten. [...] Wer zuerst eine Pflanze in den Boden setzte, um ihre künftige Frucht zu ernten, wer sie mit Gerten schützte und so den ersten Zaun um Pflanzenzucht stellte, der schuf den ersten Garten. [...]

An der Hütte am Hause wird's gewesen sein, aber zunächst nicht, um die Wohnung zu erweitern oder einen angenehmen Raum mit Bank und Baumlaubschatten, mit Bäumen und Brunnenbecken zu schaffen, sondern um Pflanzenzucht zu Nutz- und Heilzwecken mit umfriedigenden Gerten zu umgürten." So definierte Willy Lange 1909 den Begriff des Gartens und wie wir weiter sehen werden, hat auch der linguistische Ursprung mit dieser einfachen Definition zu tun.

BauerngartenBauerngarten in seiner Urform - hier noch getrennt vom Haus

Gerte und Stockwerk

Die ältesten ländlichen Gärten waren also mit ihrer Einfriedung zu allererst ein Schutzraum und Wohnplatz für Mensch, Haustier und Nutzpflanze und bezeichnet zuerst einmal nur einen umfriedeten Raum. Die Gerte, also die geschnittene Weiden- und Haselrute war das Material der Flechtzäune für die Einfriedung. Weide, ursprünglich im Wort: wida (und gleichfalls verwandt mit vitis, der Weinrebe) bedeutet im Wortkern "winden". Aus Flechtwerk baute man den schlichten Zaun.
Mit der gleichen Technik errichtete man aber auch die Häuser: mit Holzpfählen, Flechtwerk und Lehm. "Stock-Werk" sagt man heute und denkt dabei wohl nicht mehr an die alte Bautechnik. Auch das Wort "Wand" hat gleich der Weide und dem Wein im Wortstamm das "winden" - "das Gewundene" in sich. So auch der "Walm" - die Linguisten übersetzen den Walm mit "Strohgeflecht". Somit verrät der Name die Art der alten Dachkonstruktion. Der "Flechtbau" ist der Vorläufer des Holzbaues.
Ursprünglich verwendete man auch lebende Zäune. Der "Stecken" war das gesteckte Weidenholz für den lebenden Zaun. Man baute und formte mit lebenden Baustoffen den Hag, die Hecke, die Hürde, den Hain oder die Laube. Der Mensch war Teil der Natur und er baute mit der Natur.

Flechtwerk - und gesteckter Zaun

Schauen wir genauer auf Wortverwandschaften:

  • Mittelhochdeutsch: garte, althochdeutsch: garto, gotisch: garda, was mit "Hürde" (Flechtwerk) übersetzt werden kann.
  • daneben: Mittelhochdeutsch und althochdeutsch: gart, gotisch: gards, das heißt: Haus.
  • das englische yard = Hofraum, wie das französische (altfränkische) jardin.

und weiter auf die beachtenswerten sprachlichen Verwandschaften:

  • Gerte - Mittelhochdeutsch gerte, althochdeutsch gerta, gotisch gazds, das heißt: "Stecken".
  • Ein mit Gerten gesteckter Zaun oder "Dornhag" (Dornenhecke), welcher die Nutzpflanzen am Wohnplatz des Menschen vor wilden Tieren schützt, ist das Urbild eines Gartens.

Flechtzaun

Der eingefriedete Hof

Der Wortsinn des Gartens = Umzäunung, lässt sich mit kleinen Lautänderungen auf tiefergehende Sprachwurzeln zurückverfolgen: Lateinisch: hortus = Garten, griechisch chortos = eingefriedeter Hof. Durch Dentalsuffix erweiterte indogermanische Wurzel: "gher" (mit weichem g gesprochen, nahe dem j)
gorodo-s = Zaun, Umzäunung
vergleiche: russisch gorod = Stadt (wie in Nowgorod)
tschechisch hrad = Schloss (wie in Hradschin).
polnisch ogorod = Obstgarten
Hebräisch: gan; von ganan = beschützen
Chinesisch: yuan = Park; you (Tier)garten

Das allen bekannte "Paradies" ... Paradiesgarten haben wir von den Griechen in unseren Sprachschatz aufgenommen: paradeisos - die Griechen übernahmen es aus dem Altpersischen; hier lautet es pari-daeza und bedeudet zunächst Umzäunung, in zweiter Hinsicht dann umzäunter Park. vergleiche: Lateinisch: parare = absondern, trennen.

Paradiesgärtlein "Paradiesgärtlein - Oberrheinischer Meister, um 1410/20, Mischtechnik auf Eichenholz

       
gardau gerte (j)gher yuan
gart gerta (j)gorodo-s you
gards gazds hrad paradeisos
yard hortus gan pari-daeza
jardin chortos ganan parare

In der Tabelle sind zur Übersicht noch einmal alle oben genannten Wortvarianten aus aller Welt zusammengefasst. All die obenstehenden Wörter variieren im wesentlichen die Konsonanten: "ch": wie in "machen" - mit Lautverschiebung zum "r" und "g": in Anlehnung an "y", "j" und "i" (Halbvokal) und "d".

Vereinfacht gesagt kann man aus diesen Worten aus den verschieden Sprachen das Urwort für Garten herausfiltrieren. Es besitzt die Konsonanten G -CH - D, deren innerer Wortsinn hier herausgestellt ist.


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