Obelisken in LuxorPaarweise aufgestellte Tehen-Pfeiler Luxor
Paarweise aufgestellte Tehen-Pfeiler Luxor

Der Obelisk (Tehen-Pfeiler ist die wissenschaftliche Bezeichnung) ist sicher eines der bekanntesten Monumente in Stein, welches man neben den Pyramiden mit den alten Ägypter verbindet. Er galt als das auf den Himmel weisende Zeichen des Sonnengottes Re. Die Verjüngung des Obelisken zur Spitze hin, sollte die Strahlen der Sonne versinnbildlichen, so meinte es jedenfalls Plinius der Ältere (ca. 23 bis 79 n. Chr.)[1], und so griff man später in der Renaissancezeit auf diese Erklärung zurück. Heute gibt es mehrere Erklärungsmodelle, wie der Ursprung aus phallischer Symbolik (dem männlichen Prinzip) oder der Ableitung von dem pyramidenförmigen göttlichen Benben-Stein von Heliopolis, also von einem Steinkult, wie man ihn in der Antike auch vom Omphalos-Stein in Delphi her kennt. Eine weitere Theorie ist es, dass der Tehen-Pfeiler auf die wechselseitige Beziehung zwischen Pharao und Sonnengott weist und das Königtum legitimiert. In diesem Sinne ist er ein "Pfeiler der Macht".

Der heute übliche Begriff "Obelisk" ist die vom griechischen hergeleitete und heißt so viel wie "Spieß" - der alte ägyptische Name war "Techen“, was offiziell mit "Himmelsspalter" übersetzt wird. Dieser Himmelsspalter kann spekulativ durchaus als eine Art Antenne verstanden werden, die von der physischen in der metaphysische Welt reicht und den sichtbaren, wie unsichtbaren Kosmos verkörpert, beziehungsweise welche in den metaphysischen Raum eingreift.

Grabmal Obelisk Johannesfriedhof DresdenBeliebte Grabmalform in der Gründerzeit (1870 bis 1914).

Zunächst zur Form der Obelisken. Es sind Monumente, welche aus einem langgestreckten, viereckigen, monolithischen Granitpfeiler bestehen, der sich nach oben verjüngt, und in eine besondere Spitze, den Pyramidion, ausläuft. Diesen assoziierten die alten Ägypter mit dem besagten Benben und war bei Pyramiden und Obelisken vergoldet. Am Morgen trafen dann die ersten Sonnenstrahlen auf die Spitze und das Gold, was eindrucksvolle Lichteffekte hervorrief. Dieser Pyramidion findet sich in Parallelfunktion und -bedeutung auch auf den Spitzen der Pyramiden. Dies ist vermutlich die hintergründige Symbolik welche wir auch auf den Ein-Dollar-Geldscheinen abgedruckt finden, womit wir die Querverbindung in die modere Zeit haben. Das Motiv des Obelisken wurde nördlich der Alpen in der Zeit der Renaissance Mode, etwa als Schmuckelement in der Architektur. Der Grund hierfür war das auflebende Interesse für die Antike und die Studienreise der Künstler und Gelehrten in Italien und Rom. Die altägyptische Kultur war in der Renaissance noch fast völlig unbekannt [2], doch originale ägyptische Tehen-Pfeiler fand man in Rom etliche vor, weil die Römischen Kaiser diese nach der Unterwerfung Ägyptens in ihre Reichshauptstadt transportieren und dort aufstellen ließen. So ließ Augustus zwei Obelisken aus Heliopolis nach Rom schaffen, von denen der eine im Cirkus Maximus und der andere im Campus Martius errichtet wurde; ersterer (Schaft 24 m hoch) schmückt seit 1589 die Piazza del Polo, letzterer (mit Postament 26 m hoch) seit 1789 den Platz vor der Curia Innocentia, dem heutigen Abgeordnetenhaus. Auch Caligula ließ aus Heliopolis einen Obelisken (25,5 m hoch) kommen und im Circus Vaticanus (Circus Gai et Neronis) aufstellen; dieser wurde 1586 auf den Petersplatz (vor dem Vatikan/Petersdom) versetzt. Im Ganzen gibt es in Rom zwölf ägyptische Obelisken, darunter sind neun mit Hieroglyphen versehen. Der größte, der Lateranische Obelisk, ist 32 m (mit Postament 47 m) hoch und wurde vor der San Giovani in Laterano 1588 aufgerichtet. Dieser Tehen-Pfeiler wurde ursprünglich vom König Tuthmosis III. für den Sonnentempel zu Teben bestimmt und später von Konstantin den Großen (erster christlicher Kaiser) im Circus Maximus aufgestellt. Im 19. Jahrhundert verschenkte die ägyptische Regierung drei verschiedene Obelisken nach:

  • Paris – Obelisk von Luxor auf der Place de la Concorde
  • London – Nadel der Kleopatra – am Embankment, nahe der Victoria Embankment Gardens in London, außerhalb der City of London
  • New York – Nadel der Kleopatra im Central Park

Kritische Beobachter vermuten, dass, der von Kaiser Caligula georderte Tehen-Pfeiler, der nun mit einem Kreuz bekrönt in der Vatikanstadt (Vatican City)  steht, ein Symbol des Sonnenkultes ist, dem Teile des Vatikans angeblich anhängen sollten. Diese These lässt sich weder bestätigen, noch absolut widerlegen. Kaiser Konstantin, also derjenige Kaiser, der das Christentum zur römischen Staatsreligion machte, war zuvor glühender Verehrer des Sonnengottes Sol und tatsächlich gibt es eine Metamorphose in der Kirchengeschichte, in welcher Sol als Christus umgedeutet wurde. Zudem steht der Obelisk auf dem Petersplatz im Zentrum eines überdimensionalen, auf den Platz gezeichneten Sonnenrades, was zwar in der Draufsicht das Christusmonogramm (Ligatur von X und P) darstellen könnte, doch es ist genauso auch ein Rad mit acht Speichen. Spekulieren ist nicht verboten und wer weiß, vielleicht mussten beim Wechsel der römischen Staatsreligion alte Rechte transformiert werden, um die neuen geistlichen Herrschaftsansprüche zu fundamentieren und vielleicht taten das auch schon die römischen Kaiser, indem sie die Tehen-Pfeiler nach Rom verbrachten. Spinnt man diesen Gedanken zu Ende, dann müssten sich auch heute noch derartige Transformationen vollziehen und die Sonnen-Obelisken dort auftauchen, wo neue Machtansprüche begründet werden.

Die älteste Obelisken und deren Bedeutung

Die ältesten Obelisken finden sich in den Sonnentempeln der 5. Dynastie (2504 bis 2347 v. Chr.). Diese Monumente wurden aus Kalkstein gehauen und mit Rosengranit ummantelt. Wie man Rosengranit damals ohne Eisen und Bronze bearbeiten konnte, bleibt allerdings ein Rätsel, denn die frühe Bronzezeit terminieren wir von 2200 bis 2000 v. Chr. Die Wahrzeichen jener uralten Kultur waren von Anfang an eng mit dem großen religiösen Zentrum in Heliopolis verbunden, wie mit dem Kult des Sonnengottes Re, welcher das ägyptische Pharaonen-Königtum stützte und begründete. Diese Pfeiler sind auch als Legitimation des Königtums zu verstehen. Merkwürdigerweise wurden die Obelisken später ab dem Neuen Reich paarweise aufgestellt und verkörperten damit Sonne und Mond. Eine ganz ähnliche Symbolik findet sich in denen der zwei Säulen, etwa am salomonischen Tempel in Jerusalem. Die Verbindung der Ägypter zweier Säulen (Obelisken) mit dem Dualismus von Sonne und Mont, also Tag und Nacht siegelt sich interessanterweise im Gedankengebäude der Freimaurer wieder, welche die biblischen Tempelsäulen Jachin und Boas ebenfalls als Dualismus von Tag und Nacht verstanden, noch ehe die ägyptische Bedeutung von paarweise aufgestellten Obelisken allgemein bekannt war. Andere Deutungen in der Art, dass die spitzen Säulen den Phallus des Osiris darstellen sollen, und derartigge Auslegungen, welche gern den Freimaurern zugesprochen werden, sind falsch und in sich nicht schlüssig. Die Mythen um den Tod des Osiris, dessen Wiedererstehung und die Mythen um seine Schwester-Gattin Isis und der Geburt von Horus, besitzen eine völlig anderes Bildprogramm, etwa die "sterbende" Weizenkörner bei der Saat und deren Keimung, als ein Sinnbild für das Erwachen vom Tod. Besser ist es, den Tehen-Pfeilerkult als einen Ausdruck des Sonnenkultes einzuordnen und bei der Sinnbewertung darauf zu achten, ob die Obelisken allein oder paarweise aufgestellt wurden. Was die Freimaurer betrifft, so sind deren Ritualobjekte immer nur Säulen gewesen. Die ägyptisierenden Symbole kamen bei ihnen auch erst nach der Ägypten-Expedition Napoleons in Mode, also hundert Jahre nach der Gründung der ersten Freimaurerlogen. Kulturgeschichtlich mag die Säule ihren Ursprung im Phallussymbol oder aber im Baum und Baumstamm haben. Die Tehen-Pfeiler Ägyptens sind keine Säulen im Sinne dieser mit Kreisquerschnitt, oder auch keine Stelen, sondern bewusst geometrisch geformte Gebilde. Ihnen liegt, wie bei den Pyramiden eine heilige Geometrie zugrunde.

Schmirma Öchlitz  Dorfkirche Altar Symbol ObeliskAltarbild in der Dorfkirche zu Schmirma bei Weißenfels. Erklärung siehe unten.

Erwähnenswert ist, dass es Obelisken - wenn auch in wesentlich kleinerer, mannshoher Form – bei den Assyrern gab. Ein Beispiel hierfür ist der Schwarze Obelisk von Salmanassar III. (Regierungszeit von 858 bis 824 v. Chr.). Doch sind diese Säulen in die Kategorie der Stelen zu beschreiben. Ähnlich verhält es sich mit den merkwürdigen Säulenkunstwerken in Äthiopien. Ein Beispiel dieser Steinmetzarbeiten ist der der sogenannten Obelisken von Aksum in Äthiopien. Dieser und weitere, bis zu dreißig Meter hohe, schmale Stelen sind jeweils aus einem monolithischen Granitblock gebrochen und behauen. Manche haben eine Form, welche an Obelisken erinnern, manche sind wie mehrstöckigen Gebäude (Stockwerkstelen) gearbeitet und sehen tatsächlich wie Hochhäuser aus. Die Stelen haben die Funktion Gräber zu markieren. Sie stammen aus dem alten Königreich von Aksum, welches geheimnisvolle Wurzeln zum israelischen Königshaus des David aufweist und auf die Königin von Saba zurückgehen soll.

Neuzeit - Architekturmotiv, Gärten, Denkmale usw.

Bei uns finden wir, wie bereits erwähnt, Obelisken seit der Renaissance als architektonisches Schmuckelement und bald auch als Denkmal und Brunnenstele und spätestens seit dem Barock als Grabmal. Nicht unerwähnt darf bleiben, dass die Grundform der Kursächsischen Postmeilensäulen eine Obelisken-Form besaßen und zum Teil barock verziert wurden.

Seifersdorf ObeliskObelisk im Seifersdorfer Tal bei Dresden als Teil einer romantisierenden Landschaftsparkanlage.

Nach der Barockzeit finden wir die ägyptischen Monumentalpfeiler vielfach in den Gärten und Parks des Klassizismus und der Romantik über den Biedermeier bis in die Gründerzeit hinein. Anstoß dazu gab der Ägyptenfeldzug Napoleons [2] und die darauf hin aufflammende Begeisterung für die alte mystisch anmutende ägyptische Kultur. Ein Beispiel ist die doch recht beachtliche Steinsäue im hier beschriebenen Seiferdorfer Tal, dem ältesten deutschen Landschaftsgarten bei Dresden.

Obelisk modernes GrabmalModernes Grabmal in ruhiger, statischer Optik.

Zum Schluss sollen noch drei letzte, ganz verschiedene Varianten, welche den Obelisken als symbolträchtiges Kunstmotiv aufgreifen, vorgestellt sein. Ein sehr schlichtes modernes Grabmal aus Sandstein ist das erste Bildbeispiel. Die Obelisk-Form gibt dem Denkmal eine gewisse statische Ruhe und damit auch dem Auge ein ruhiges Bild. Auf diese Weise ist es möglich ein Grabmal auf vier Seiten gleichwertig zu beschriften, ohne dass eine der Seiten besonders vorgehoben ist. Im Hintergrund ein sehr interessantes Grabmal zum Thema: "Nähme ich Flügel der Morgenröte und bliebe am äußersten Meer, so würde auch dort deine Hand mich führen und dein Rechte mich halten." (Psalm 139,9-10).

Ebenfalls ein Grabdenkmal ist das zweite Beispiel. Es steht auf dem historischen Nikolaifkirchhof in Görlitz. barockes Obelisk Grabmal Nikolaifriedhof GörlitzBarockes Grabmal auf dem Nikolaifriedhof in Görlitz.Die Besonderheit der Gestaltung ist diese, dass hier am Fuße des Obelisken Jesus Christus dargestellt ist, der mit einem Fuß auf die besiegte Verführer-Schlange des Paradieses tritt. Jesus als das "Licht der Welt" ist hier der Sieger über die Finsternis und verbindet die Lichtsymbolik mit dem Säuengrabmal. Das Detail Bild dazu ist hier. Interessant ist auch der dreieckige Querschnitt des Obelisken, der vermutlich die dreieinige Gottheit darstellt. Auch das letzte Foto unten auf dieser Seite stammt vom Görlitzer Nikolaifriedhof und nimmt das Motiv des Tehen-Pfeiler in ganz eigener Umsetzung auf. Dort tritt das lateinische Kreuz optisch in den Hintergrund und wird zum Tehen-Pfeiler mit Benbenstein, was vermutlich aber nur eine zufällige Komposition ist, doch letztlich führen theologische Aspekte mitunter zu gleicher Symbolsprache.

In der außergewöhnlichen Dorfkirche von Schmirma (Öchlitz) bei Weißenfels fand der Autor ein gemaltes barockes Obelisk-Symbol an der Vorderseite der Kanzel (Bild oben im Text). Dazu die Inschrift: "Auf diesen festen Fuß ich immer stehen muß." Hochinteressant dazu die Symbolik der Sonne: Sonne, Sonnenaufgang und Sonnenfinsternis. Auch hier ist fraglich, ob dem Künstler die Thematik von Tehen-Pfeilern und deren göttlicher Sonnenverehrung bekannt war. Intuitiv werden aber offensichtlich immer wieder bestimmte symbolische Archetypen aufgegriffen und miteinander vereint.

Die Dorfkirche in Schmirma, die sich örtlich nahe an der Fundstelle der berühmten bronzezeitlichen Himmelsscheibe von Nebra befindet, besitzt eine kulturgeschichtliche Besonderheit. In dem Gotteshaus befinden sich Deckenmalereien aus den 20er Jahren von dem Künstler Karl Völker. Auf den Kassetten wurden biblische Figuren mit den Gesichtszügen des russischen Revolutionärs Lenin (Jesus) und des Karl Marx´ (Joseph) gemalt.

stabförmiger ObeliskInteressante barocke Symbolik, welche den Benbenstein als Trinitätszeichen interpretiert.


Quellen und Ergänzungen

  • [1] Naturalis Historica, XXXVI, 14,64
  • [2] Erst mit und nach dem Ägyptenfeldzug Napoleons (Ägyptische Expedition) von 1798 bis 1801, in dessen Gefolge auch zahlreiche Gelehrte und Journalisten teilnahmen, wurden die originalen Pyramiden und Monumentalkunswerke der alten Ägypter in der Welt publik.
  • Bildquelle Beitragsbild ganz oben, Luxor: © AlexanderPaukne – Pixabay.com
  • Brockhaus' Konversations-Lexikon, Band 12, Leipzig 1908