Sonnensymbol, Sonnenscheibe
1) Die Sonnenscheibe versinnbildlicht in vielen Kulturen die Universalität des Einen.

Die Zahlensymbolik (Numerologie), also die Mystik der Zahlen und der Mathematik, beflügelte die Menschen, seit sie einfachste mathematische Gesetze bewunderten und man diese noch nicht als Wissenschaft verstand. In der Praxis bemerkte man diese Regeln vor allem in der Geometrie, welche im Ursprung, und auch heute noch, als Grundlage der Bautätigkeit dem Menschen zur Seite stand. Dies ist der erste Ideenfluss, welcher aus Ziffern und Zahlen Bild- und Ideensymbole werden lässt, doch es gibt auch noch eine zweite Quelle ganz anderer Natur. 

Halten wir es für logisch, dass die Zahlensymbolik eher eine Art vorwissenschaftliches Mathematikverständnis ist, so lässt eine zweite Quelle mit der Erfindung der Schrift und dem Alphabet eine hochinteressante Verbindung erkennen. Bekannt ist, dass unser Alphabet eine Ursprungslinie im Proto-semitischen und dann im Phönizischen hatte und sich von dort im Griechischen weiter entfaltete. Sowohl von den griechischen als auch später von den hebräischen Buchstabenfolgen wissen wir ganz sicher, dass jeder Buchstabe auch einer Zahl entsprach.

Das griechische Buchstaben-Zahlensystem wurde vermutlich im 8. Jahrhundert v. Chr. in Milet erfunden. Das alte griechische Alphabet enthält von Alpha bis Omega 24 Buchstaben, welche den Zahlen 1 bis 24 entsprechen. Noch heute lernen unserer Kinder das Alphabet als eine starre Aneinanderreihung der Buchstaben ABC DEF GHI JKL MNO PQR STU VWX YZ. Theoretische wäre es ja nicht schlimm, wenn diese Reihenfolge veränderlich behandelt werden würde, doch es steckt noch immer eine Art heilige Furcht in uns, diese Reihenfolge anders zu gestalten. Der Grund dafür ist, wie bereits genannt, dass ursprünglich dem Buchstaben A die Ziffer 1, dem B die Ziffer 2 und so weiter entsprach.

Diese Buchstabenzahlen nutzte man ganz einfach, um Zahlenwerte auszudrücken und benutzte sie im praktischen Leben. Doch reizte es die mystisch gesinnten Kreise auch schon sehr frühzeitig über den Zusammenhang von Lauten, Worten und den dahinterliegenden Zahlen und Zahlenwerten zu spekulieren. Bedenken wir dabei, dass die Schriftzeichen ursprünglich Bildzeichen waren, so haben wir sogar einen gewissen Urzusammenhang von Bild-, Laut- und Zahlenwert.

Als Beispiel soll uns hierfür der Buchstabe A dienen. Dieser wurde früher (180° verdreht) als ein stilisierter Stierkopf dargestellt, was wir heute so noch erkennen können. Der Stier, der Urvater einer Herde, wurde besonders geschätzt und verehrt. Alte ägyptische Darstellungen zeigen uns den Apis-Stier mit Sonnenscheibe zwischen den Hörnern (Symbol der  Ziffer 1).

Die Altpythagoräer, für welche die Zahl das "Wesen aller Dinge" darstellte, verbanden das Alphabet und die Zahlen auch noch mit der Harmonielehre der Musik. So gehen selbst unsere heutigen Notenbezeichnungen mit den Buchstaben C-D-E-F-G-A-H-C in die gleiche Richtung der Spekulation über Zahlen und deren geistigem Kern.

Die einleitenden Erläuterungen zeigen uns ein weites Feld auf, über welches bereits etliche Bücher wissenschaftlicher und spekulativer Art geschrieben wurden. Um einen ersten Einblick in die Symbolik der Zahlen zu bekommen, habe ich in aller Kürze zuerst die Ziffern 0 sowie 1 bis 3 erläutert. Die Zahlensymbolik von 4 bis 8 ist hier ausgeführt.

Numerologie: 0 und 1

Die Null, das Nichts – das Fehlen jeglicher Qualität und Quantität ist zwar einerseits ein Symbol für die Nicht-Existenz, doch bei näherer Betrachtung ist sie das Nicht-zu-Erfassende, ein Symbol für das Unbegrenzte und das grenzenlose Licht (nach der Kabbala). Der Kreis, der zugleich das Unbegrenzbare und das Eine, das Einzige darstellt, wird somit zum universellen Sinnzeichen für Gott (z.B. als Sonnenscheibe).

3) Die Sonne als Symbol - Deckenbemalung in einem Freimaurertempel.

Die Null – "als ein leerer Kreis stellt sie sowohl das Nicht-Sein des Todes als auch die Totalität des Lebens dar, die beide im Kreis zusammengefasst sind, und hat an der Symbolik des Kreises Teil. Als eine Ellipse gesehen stehen beide Seiten für Auf- und Abstieg, Evolution und Involution. Vor der Eins ist nur die Leere; der Gedanke, das letzte Mysterium, das unfassbare Absolute."

Aus der Eins gehen durch Vervielfachung alle anderen Zahlen hervor – die Eins steht für Unteilbarkeit und somit für das Göttliche.

Zahlensymbolik 2

Die Zwei (• •) ist das Symbol für zwei sich ergänzende Gegensätze (Dualismus). Bekannt ist es auch mit dem fernöstlichen Yin (weiblich) und Yang (männlich). Japanische Gärten wurden und werden häufig davon geprägt. Dort finden wir das Gegensatzpaar meistens als horizontales und vertikales Element. Im Bild 2) drückt der Stein das Horizontale (Yin) und der Baum das Vertikale (Yang) aus. Der malerische Baum in sich selber wiederum symbolisiert: Stamm (vertikal) und Äste (horizontal).

4) Der Mond besitzt eine dualistische Symbolik.

Aus der Eins geht zunächst durch die Verdoppelung die Zwei hervor. Es entsteht ein Paar, das in Beziehung zueinander steht, aber ein Gegensatzpaar ist – ein Dualismus. Betrachtet man nur einen Punkt dieser Zweiheit, wird man unweigerlich Unvollkommenheit feststellen. Ein altes Symbol für diesen Dualismus ist der Mond, der selber ein mystisches, doppeltes Wesen besitzt (hell/dunkel), aber auch zusammen mit der Symbolik der Sonne ein Gegensatzpaar darstellt.

Sonne und Mond in dieser Zeichenfunktion finden sich auf den sogenannten Arbeitsteppichen der Freimaurer. Mit den beiden Bildern 3) und 4), die Sonne und Mond, der als silberne Scheibe dargestellt ist, zeigen und zu der Deckenbemalung eines historischen Freimaurertempels gehören, besitzen wir eine schöne Darstellung dieser Symbolik. Der Mond ist mit Silber (alchemistisch/Mond) gekennzeichnet und mit einem goldenen (alchemistisch/Sonne) Rand versehen. Damit steht dieses Sinnbild nahe dem asiatischen Yin und Yang, denn der Mond besitzt in sich etwas vom Wesen der Sonne.

Zahlensymbolik 3

Kommt zu der Zwei ein dritter Punkt (.·.) hinzu, erhält diese dualistische Ebene – quasi die zweidimensionale Welt – eine dritte Dimension, welche die einfache Sichtweise des Dualismus aufhebt. Im Daoismus heißt es: Das Dao erzeugt die Eins, die Eins erzeugt die Zwei, die Zwei erzeugt die Drei, und die Drei erzeugt alle Dinge ... somit wird die Drei zum universellen Symbol des Göttlichen beziehungsweise zum Symbol der handelnden Gottheit, die nicht in ihrer bloßen Selbstbetrachtung (Dualismus) verharrt.

Dreieinigkeitssymbol Dreieck Auge5) Dreifaltigkeitssymbol im Fenster einer katholischen Kapelle.

Aus der ewigen Liebe (Eins) geht die ewige Weisheit (Zwei) hervor, und aus dieser Liebe-Weisheit entfaltet sich die göttliche Tatkraft (Drei). Die drei Punkte werden auch in der Freimaurerei symbolisch verwendet. Dort stehen sie für Weisheit, Stärke und Schönheit. Das Symbol mit dem Auge im Dreieck ist zwar auch bei den Freimaurern zu finden, doch stammt es aus dem Bildprogramm der Kirchen und zählt zur christlichen Symbolik der Dreifaltigkeit, wie im Bild 5) zusehen ist.

Dreifaltigkeit

Im Bild 6) ist die Darstellung der göttlichen Dreifaltigkeit als drei Engel auf einer Ikone zu sehen. Hintergrund ist der biblische Text "Und der HERR erschien ihm [Abraham] im Hain Mamre, während er an der Tür seines Zeltes saß, als der Tag am heißesten war. Und als er seine Augen aufhob und sah, siehe, da standen drei Männer vor ihm. Und als er sie sah, lief er ihnen entgegen von der Tür seines Zeltes und neigte sich zur Erde und sprach: Herr, hab ich Gnade gefunden vor deinen Augen, so geh nicht an deinem Knecht vorüber (1.Mose 18,1 ff.)". 

Ikone Benaki Museum Hain Mamre6) Besuch der drei Engel bei Abraham im Hain Mamre (spätbyzantinisch).

Über das Wesen der Trinität Gottes ist in den frühen Jahren der Christenheit innerhalb der Kirche viel gestritten worden. Dieser Kirchenstreit begann spätestens zu dem Zeitpunkt, als man begann, die christliche Lehre, die ursprünglich nur eine Lehre des tätigen Handelns war, mit lebensfremden, philosophischen Betrachtungen zu vermengen.

Dreigeteiltes Weltbild

Weiterhin symbolisiert die Drei ein dreidimensionales Weltbild, welches den Kosmos in Himmel-Erde-Unterwelt teilt. Diese drei Welt-Ebenen können auch durch Tiere symbolisiert werden (Tiere des Himmels = Vögel; der Erde = Landtiere; der Unterwelt = Schlangen, Würmer), wie bereits im bekannten Bibeltext: "Und Gott sprach: Lasset uns Menschen machen, ein Bild, dass uns gleich sei, die da herrschen über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über alle Tiere des Feldes und über alles Gewürm, das auf Erden kriecht." zu finden ist.

Die Drei steht auch für die so genannte Trichotomie des Menschen: Leib, Seele und Geist. Für die Drei ist das Dreieck das Hauptsymbol in der Zahlensymbolik.


Literatur:

  • Dornseiff, Franz; Das Alphabet in Mystik und Magie; 1925
  • Ifrath, Georges; Die Zahlen · Die Geschichte einer großen Erfindung; Frankfurt/Main 1992

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