Zirkel, Winkel, Winkelwaage (Vorform der Wasserwaage) und auch das Lot (Bleilot, Senkblei) sind die typischen Symbole der Freimaurer. All diese Symbole sind den historischen "alten und freien" Baubruderschaften entlehnt, welche im Mittelalter vorwiegend für den Bau der sakralen Bauwerke zuständig waren. Die typischen Symbole der heutigen Freimaurer (welche dem Bauhandwerk der alten Bauhütten entstammen) dienen nicht, wie oft vermutet, der geheimen Erkennung untereinander, sondern haben eine andere Funktion. Diese Bildzeichen sollen in deren Betrachtung das eigenständige und freie Denken anregen, denn die Freimaurerei gibt ihren Mitgliedern keine fertigen Morallehren vor.
Das Mitglied einer Loge findet in der dort angebotenen Bildsprache und Symbolik das Handwerkszeug zur Bearbeitung und Entwicklung der eigenen Persönlichkeit und der geistigen und intellektuellen Substanz, welche der Adept jedoch selber aufweisen und einbringen muss.
Geheimnisse und unentdeckte Stärken schlummern in einem jeden von uns, und sie sind nur geheim, weil unerkannt, denn die Gesellschaft wird sich in der Regel hüten, dass die Menschen in der Masse, ihre innere Stärken bewusst werden und entfalten.
Die Hauptsymbole
Der Freimaurer versucht also in der Gemeinschaft der Freimaurerbrüder an sich selbst zu arbeiten, doch in der Bruderschaft lernt er nicht das Was – sondern das Wie, zum Beispiel, wie er die positiven Morallehren seiner Kultur (z.B. christlichen Religion) effektiv in seinem Leben umsetzen kann. Die eingangs erwähnte Symbolik hat dabei folgende Bedeutung [1]:
Winkel und Zirkel
Das Symbol des Winkels erinnert dabei an die Einhaltung der gesellschaftlichen Regeln und an die Ordnung, ohne die keine Gemeinschaft Bestand hat. Der Zirkel (Symbol des Kreises) trennt den Innenkreis vom Außenkreis – den persönlichen inneren Freiraum den jeder Mensch benötigt, wenn er im Äußeren tätig werden will, wobei der Mittelpunkt des Kreises, den religiösen Glauben, als Lebensfundament nicht ausschließt, sondern umschließt. Der Zirkel ist unter anderem Symbol für den Kreis, also Sinnzeichen für das Geistige. Das Dreieck (als Grundform des Vierecks) ist Zeichen für die Welt – für die Materie. Hier ist die Winkelwaage (Vorläufer der Wasserwaage) zu sehen, die später in die Symbolik der Freimaurer aufgenommen wurde.
Maßstab und Senkblei
Wenn der Freimaurer mit dem Maßstab arbeitet, ist er gehalten über die Einteilung seiner Zeit nachzusinnen und dann seinen Tag auch bewusst zu planen. Der alte Vierundzwanzigzöllige Maßstab ist das Symbol hierzu. Das Lot (Senkblei) kann zum Symbol der Zeit werden, wenn man lernt, die Zeit nicht nur in ihrer Länge zu begreifen, sondern auch in ihrer Tiefe. Zugleich ist das ausgependelte Lot ein Bildzeichen für Geduld und Stille, denn das Lot ist nur zu gebrachen, wenn es nicht mehr in Bewegung ist.
Winkelwaage und Dreieck mit Auge
Das Dreieck (als Grundform des Vierecks) ist Zeichen für die Welt – für die Materie. Auch das Messinstrument, die Winkelwaage (Vorläufer der Wasserwaage) ist ein typisches Freimaurersymbol und hochinteressant. Die Winkelwaage steht für das Zusammenfinden der Brüder auf gleicher Augenhöhe – für die Aufhebung der Standesunterschiede in der Loge. Übrigens ist der Gedanke, einen Raum zu schaffen, in dem die Unterscheide der Gesellschaft wenigstens für ein Zeit lang aufgehoben sind, auch in der japanischen Kultur zu finden. Dort hat sich in der Teezeremonie ein fast identisches Ritual gebildet, was lediglich mit anderen Formen und Bildern arbeitet.
Wenn ein Nicht-Freimaurer einmal die Stimmung einer hiesigen Maurer-Tempelarbeit erleben möchte, der kann dies tun, indem er einmal an einer solchen japanischen Teezeremonie teilnimmt. Im fernöstlichen Teekult betritt der Gast die schlichte Hütte (Loge heißt ebenfalls Hütte) durch eine sehr niedrige Tür um dadurch beim Eintritt an eine demütige Lebenshaltung erinnert zu werden. Im der Teehütte sind dann die gesellschaftliche Schranken aufgehoben. In dieser Hütte wird nur über Themen gesprochen, welche innerhalb des Raumes entstehen und nicht über äußere Begebenheiten und was drinnen besprochen wird, das wird auch nicht nach außen getragen.
Kommen wir zum Dreieck. In der Regel wird das Dreieck mit dem all-sehenden Auge zu allererst mit den Freimaurern verbunden, doch war es zuvor ein Bildzeichen, welches bereits im 17. und 18. Jahrhundert beinahe inflationär innerhalb der Kirche verwendet wurde. Man findet es in Kirchen oder auf Grabsteinen der Barockzeit in großer Zahl, wo es die göttliche Dreieinigkeit symbolisiert. Eine weitere Bedeutung, schon mehr weltlicher Art ist die als Zeichen für die Wahrheit, vor der sich unser Gewissen zu verantworten hat. Doch mag es auch tief gehende intellektuelle und spekulative Auslegungen für das Dreieck mit Auge geben. Für den Maurer ist das Dreieck zuerst die stilisierte Wasserwaage (Winkelwaage), also eine Baugerätschaft um das waagerechte Maß am Bau zu prüfen.
Doch diese Horizontalwaage birgt noch weitere sehr spekulative Aspekte in sich. Das Gerät besteht zunächst aus einem horizontal gelagerten Holz (Richtscheit), welches man auch als eindimensionale Strecke AB bezeichnen könnte. Um deren waagerechte Lagerung im Raum zu ermöglichen, ist über ihr an einem dritten Punkt – quasi in einer weiteren Dimension – ein Faden mit Lot angebracht. Dieser dritte Punkt und diese neue Dimension schafft die Möglichkeit von dieser neuen Perspektive aus die Eindimensionalität zu überwinden und zu beeinflussen. In der Zahlensymbolik entsteht aus der 1 (Universalität) die 2, der Dualismus, der jedoch überwunden wird durch die 3, die neue "Denkdimension". Somit hat auch das Dreieck und die Zahl 3 eine besondere Bedeutung in der Freimaurerei. Im gleichen Zuge deuteten vermutlich die Bauleute das christliche Trinitäts-Symbol des Dreiecks mit dem allsehenden Auge zu einem ihrer Symbole um, als den prüfenden Blick des Maurers (Auge im Dreieck) auf seine Winkelwaage inmitten des Berufsalltages. Es ist eine Alltageslehre, die besagt, dass wir mancherlei Dinge nicht ermessen können, wenn uns gedanklich nur eindimensional bewegen.
Weitere Sinnzeichen
Die folgenden Symbole sind nur ein kleines Spektrum einer sehr bilderreichen Ideenwelt der Freimaurer.
Tempel des König Salomo
Eines der Hauptsymbole der Freimaurer ist der biblische Tempel des König Salomo – er gilt als der erste Tempelbau zu Ehren des einen Gottes. In der Freimaurerei ist er Symbol für die menschliche Gesellschaft, wo jeder einzelne Mensch (als einzelner Stein) mit seinen Nebenmenschen als Ganzheit ein kunstvolles Bauwerk darstellt. Deshalb nennen die Freimaurer ihre Zusammenkünfte in der Loge auch "Tempelarbeit", weil sie am "Tempel der Humanität" bauen – nicht aber, weil dort irgendwelche okkulten Messen abgehalten werden.
Das Pentagramm, der Fünfstern, welches in einigen Theorien als Satanistenzeichen interpetiert wird, ist bei den Maurern ein Zeichen für das Wesen der Geometrie und der Architektur, da im Pentagramm der goldene Schnitt konstruiert ist. So ist er das strahlende Symbol für die Schönheit als die Vollendung am Bau.
Hände – sich fassende Hände
Die sich reichenden Hände (Handschenk) drücken die brüderliche Verbundenheit innerhalb der Loge aus. Mehr liegt in diesem Symbol nicht und nicht alle Zeichen haben immer auch eine tiefgehende Bedeutung. Das Bildzeichen hat sich bei den Freimaurern spätestens im 19. Jahrhundert eingebürgert. Dieses Bildzeichen ist bei weitem nicht nur auf die Freimaurerei beschränkt.
Akazie, Akazienzweig
Auch der Akazienzweig gehört zur Bildsprache, die man vielleicht mehr Ornamental verstehen kann. Der Akazienzweig spielt eine Rolle in der so genannten Hiramlegende, die für sich selber gesehen wahrscheinlich ein uraltes Einweihungsritual der Rosenkreuzer (?) war.
Eine Akazie stand auch auf dem Grab des ermordeten Tempelbaumeisters Hiram und diese Legende gehört zum Legendenschatz des Meistergrades. Auf Bildern, und hier und da auch auf Grabsteinen, hat der Akazienzeweig aber mehr dekorativen Charakter. Dass sich dieses ornamentale und dekorative auch in reiner Schriftform ausdrücken kann, zeigt die unten abgebildete Grabplatte des Alexius Adamowitzsch von Olsufieff (1763 – 1838).
Der Text der Schrifttafel, welcher reich an freimaurerischer Symbolsprache ist, ist mehr als folkloristische Zunftsprache anzusehen, als dass hier tiefgehende Geheimnisse angedeutet wären: "Unter diesem Kubiksteine ruhet nach langer Pilgerschaft der verabschiedete Kaiserlich Russische Major Herr ALEXIUS ADAMOWITZSCH von OLUFIEFF geb. zu St. Petesburg den 20. Januar 1763. Von seiner Heimat geschieden fand er im Jahr 1804, in dem schönen Dresden, unter der glücklichen, milden Regierung aufrichtig geliebter Könige, als Bürger und Hausbesitzer sein zweites Vaterland. UBI BENE IBI PATRIA [2]. Er trat in den Tempel der Wahrheit und des Lichts als Lufton im Jahr 5781, und verschied als treu verbundener Bruder bis zu seinem Eingang in den ewigen Osten d. 28. Januar 5838. Die Akazie war ihm bekannt."
Der glatt behauene "Kubikstein" hatte in den Logen des 18. Jahrhunderts eine besondere Bedeutung und weist hier auf das arbeitsreiche Leben des Mannes, der sich sozial für Arme, Blinde und Taubstumme einsetzte. Als ehrlicher Wahrheitssucher betrat er den "Tempel der Wahrheit und des Lichts" als Lufton (das ist der Sohn eines Freimaurers) im Jahre 5781. Das Jahr 5781, nach freimaurerische Zeitrechnung, bezieht sich auf die Erschaffung der Welt (Es werde Licht), welche man einfach auf das Jahr 4.000 v. Chr. setzte und so ergibt sich das Jahr 1781 als Zeitpunkt seiner Aufnahme in die Loge.
Der Eingang in den "ewigen Osten" ist der Eingang in die Ewigkeit und ist auf das Jahr des Lichtes 5838 datiert. "Die Akazie war ihm bekannt", so schließt sprachlich-ornamental der Epitaph. In diesem Sinne sind auch viele andere Symbolbilder der Freimaurer zu bewerten, so auch im Bild oben mit dem Beispiel einer mit Sternbildern dekorierten Decke und natürlich sind die meisten Freimaurerzeichen zu fast hundert Prozent auch rein universelle Symbole, die in anderen ganz profanen Kreisen mit ähnlicher Motivation Verwendung finden.
Die symbolischen Rituale – Geheimniskrämerei?
Die Freimaurerlogen werden manchmal von Außen etwas argwöhnisch betrachtet, weil dort der Inhalt der festlichen "Tempelrituale" geheim gehalten wird, doch das hat eigene Gründe: Die Freimaurer betrachten und zelebrieren in ihren Logen (Bauhütten) lediglich die Bauhüttenrituale der alten Werkmaurer und sie betrachten diese Maurerrituale selber als Symbole, bzw. als symbolische Handlungen. Die mittelalterlichen "freien" Maurer nutzten zur gegenseitigen Erkennung und fachgerechten Entlohnung auch geheime Zeichen: Handzeichen, besondere Stellungen der Füße oder Frage-Antwortreihen usw., die heute noch in etwas gewandelter Form Bestandteile der so genannten Tempelarbeiten der Freimaurer sind.
Diese geheimen Rituale erinnern in der modernen Maurerei (im übertragenen Sinn) jeden Maurer etwa auch an die Tugend der Verschwiegenheit, eine Tugend, die wohl jeden Menschen im Leben vor unangenehmen Misslichkeiten bewahren würde, wenn sie des Öfteren gepflegt werden würde. An dieser Stelle möchte ich ein wenig abschweifen und auf das "geheime Treiben" der Freimaurer näher eingehen:
Die Menschen haben untereinander (manchmal vielleicht auch unbewusst) Verhaltensweisen ersonnen, oft in ganz unauffälliger Art auf ihre Nebenmenschen Macht auszuüben. Diese Machtausübung ist nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen, denn man macht dies nicht immer mittels roher Gewalt, sondern still und unauffällig durch: Kontrollieren, Manipulieren und Einschüchtern des einzelnen Menschen oder ganzer Bevölkerungsgruppen und -Schichten.
Die Freimaurerei ist seit ihrer Entstehung im 18. Jahrhundert immer für die persönliche Freiheit des Menschen eingetreten. Im Anfang waren die Unfreiheiten der Menschen durch gesellschaftliche Verhältnisse bedingt und offensichtlich. Heute sind Unfreiheiten in der Gesellschaft nicht immer klar zu erkennen. Oben habe ich als einen Punkt der Machtausübung die Kontrollierbarkeit des Menschen aufgezählt. Die Freimaurerlogen entziehen sich bewusst und demonstrativ dieser Kontrolle – in der Geschichte der alten Bauhütten war dies auch ein Privileg ihrer Unabhängigkeit.
Wer kontrolliert wird, ist nicht frei
Kontrollierbarkeit ist eine Vorstufe zur Unfreiheit und die ausgeübte Kontrolle ist Unfreiheit selber. Beobachten wir diese These doch einmal unter diesem Gesichtspunkt unsere moderne Gesellschaft. Ist es nicht so, dass wir sind heute in allen Teilen unseres Lebens förmlich kontrollsüchtig geworden sind?
- Man kontrolliert all unser Tun: Computerprogramme.
- Kontrolle aller Lebensbereiche: Klatschpresse.
- Kontrolle durch Sicherheitsdienste – Einschüchterung.
- Kontrolle durch ununterbrochene Erreichbarkeit – Smartphone – wie frei sind wir noch?
Die Liste der Beispiele von Kontrolle und Formen der Unfreiheit ließen sich sicher noch weiter führen. Immerhin haben haben es die Freimaurer geschafft, sich einen unkontrollierbaren Freiraum zu bewahren und wir empfehlen diese Vorgehensweise auch gern weiter. Schafft in unserer Gesellschaft wieder Freiräume!
Beispiel
Beispiel: Müssen wirklich Gottesdienste detailliert im Fernsehen gezeigt werden, wenn Gläubige dort im Gebet vertieft, in größtmöglicher Nahaufnahme zu sehen sind, dass man bei ihnen die zur Unterhaltung der Fernsehzuschauer Pickel auf der Nase zählen kann? Wie heilig war den ältesten Christen dieser Gottesdienst und die Feier des heiligen Abendmahl? Heute ist das christliche Geheimnis Gegenstand der Unterhaltung, doch zur Volks-Unterhaltung taugt die Kirche nicht.
Dass sich zum Beispiel die frühen Christen im Verborgenen, in Katakomben versammelten, war nicht nur Ausdruck von Verfolgung, sondern Rückzug vor dem Weltenlärm. Ähnlich ist auch das spätere Klosterleben der frühen Kirche zu interprätieren, welches etwa in Irland eine besondere Form von Abgeschiedenheit innerhalb der weltlichen Gemeinden erfuhr. Dort lebten die Mönche in den Dörfern und nicht getrennt in völlig abgeschotteten Klosteranlagen. Die erfolgreiche irische Mission im abgelegenen Keltenland ist Beweis genug für ein maßvolles Zurückziehen im öffentlichen Raum. Diese ungehemmte Kontrollierbarkeit, der man sich heute aussetzt, fördert sicher nicht die Bewegungsfreiheit, welche man sich in der Gesellschaft erhofft. Weiter Beispiele zur Thematik der Verschwiegenheit finden sich zur Genüge in Religion, Wirtschaft und Gesellschaft.
- [1] Die Deutungen der einzelnen Symbole sind in der Freimaurerei nicht genau definiert. Sie sollen subjektiv erfasst werden und so sind auch die Erläuterungen hier auf dieser Webseite nur subjektiv dargelegt. Außerdem sind die Logen oft auch recht unterschiedlichen Lehrarten zugeordnet, welche wiederum Symboliken unterschiedlich deuten.
- [2] Ubi bene, ibi patria. Wo es gut ist, ist Vaterland.
- [TJ.28.5] I