Zahlenwerte besaßen wohl schon immer eine bestimmte Symbolik und hinter dem abstrahierten Zahlenwert stand schon immer einer weiterführendes Verständnis, als das Zählen von Tagen, Tieren, Menschen, Dingen und dergleichen. Anfangs zählte der Mensch mit den Fingern und spätestens seit dem Spätpaläolithikum, also 35.000 bis 20.000 v. Chr. ritzten die Menschen zum Zählen Kerben in Steine, Hölzer und Knochen. Selbst vom Neandertaler gibt es den Fund von einem Kreuz das er in den Fels ritzte, was ein Zahlenverständnis mit einer gewissen Symbolik verbindet.
Aus dem Empfinden von Zahl und Zeichen entwickelte sich, anfangs vor allem im alten Griechenland die Lehre der Numerologie, ein Spekulieren über die Symbolik von Zahlen. Darüber habe ich gesondert geschrieben (bitte dem Link folgen) und dort anhand von den Zahlen 1 bis 3 Beispiele der Interpretation einer Zahlensymbolik gegeben. Hier sollen nun die Zahlen 4 bis 8 näher betrachtet werden:
Zahlensymbolik der 4
Die Vier ist das Weltsymbol für die sichtbare, materielle Welt. Sie steht für die vier Himmelsrichtungen, für die vier Flüsse des Paradieses, für vier Jahreszeiten oder für die vier Elemente: Feuer, Erde, Luft und Wasser.
Aus 4 Punkten kann aber auch zum Ersten Male ein räumlicher Körper konstruiert werden. Das ist die dreiseitige Pyramide als geometrischer Körper. Ähnlich, wie beim Dreieck der ersten Dimension (der Strecke) eine zweite hinzugefügt wird, also die Höhe und dadurch ein völlig neue Qualität entsteht, so ist das symbolisch bei der Pyramide mit dem dreieckigen Grundriss der Fall. Dieser fließende Gedanke neuer Qualitäten von der 1 zur 2, von der 2 zur 3 und von der 3 zur 4, findet sich in philosophisch dargestellter Weise bei dem chinesischen gelehrten Laudse (6. Jahrhundert v. Chr.), in seinem Werk Tao Te King (taoistische Philosophie) [1]
das DAU gebar das eine
das eine gebar die zweizahl
die zweizahl gebar die dreizahl
aus der dreizahl wurde die vielzahl
getragen vom YIN, umfangen vom YANG
Laudse vergleicht hier die Vier bereits mit der "Vielzahl" was durchaus auch ein Bild für den Raum und die sichtbare Welt, die Natur sein kann. Mit der Verbindung dieser Vielzahl mit dem Yin und Yang bekommt die Vier in der fernöstlichen Philosophie einen Anstrich von Lebendigkeit. Auf der anderen Seite hat die Form und Zahl 4 aber auch ein statisches Wesen. Die Vier ist "das Raumschema bzw. die Ordnung der Manifestation, das Statische im Gegensatz zum Kreisenden und Dynamischen". Dieser Kontrast ist aber wiederum auch in Kunst und in der religiösen Symbolik aufgegriffen worden. Kreis und Quadrat spielen dort und besonders auch in der religiös beeinflussen Architektur eine wichtige Rolle. Burchard Brentjes hat in seinem Büchlein "Die Stadt des Yima" [2] zu dieser Thematik geschrieben.
Neben dem Viereck ist das gleichschenklige Kreuz sicher das am meisten gebrauchte Symbol für das Wesen der Zahl 4 und auch das Kreuz ist ursprünglich ein Weltsymbol, das die Verbindung von materieller Welt (horizontaler Balken) und geistiger Welt (vertikaler Balken) darstellt. In diesem Sinne ist das Kreuz ein dualistisches Bildeichen. Das Kreuz, also die Vier, verbindet aber die dualistischen Gegensätze. Gleichzeitig ist das Kreuz in vielen Kulturen das Sinnzeichen der 4 Himmelsrichtungen, also Zeichen der sichtbaren Welt – Sinnzeichen der flachen Erde als der Lebensraum des Menschen.
Symbolik der 5
Die Symbolik der Fünf ist im Zusammenhang mit den vier Elementen zu erklären, aus denen man sich die materielle Welt geschaffen dachte: Feuer, Erde, Luft und Wasser. Das 5. Element, das nicht der Materie zugehörig ist, das ist der Geist – der materiell nicht greifbare Geist im Menschen, die so genannte Quintessenz. Nach Pythagoras (Pythagoräer) ist die fünf die Zahl des Mikrokosmos im Menschen – mit ausgestreckten Armen und Beinen bildet der Mensch, zusammen mit dem Haupt den Fünfstern, das Pentagramm. Der Fünfstern ist ein Symbol des Menschen und weist auf Kontemplation und geistiges Streben. In diesem Sinne kann auch die vierseitige Pyramide gesehen werden. Wenn wir die quadratische Grundfläche der Pyramide als Symbol für unsere materielle Welt sehen, so ist der fünfte Punkt über dieser Flächendimension eine neue Dimension, also die Qualität einer für uns noch nicht wahrnehmbaren geistigen Dimension. In diesem Grundverständnis können wir auch den Hang in der Freimaurerei zum Dreieck und später auch zur Pyramide sehen. Noch tiefer gehend ist die Pyramidensmbolik bei den Rosenkreuzern (Pyramidenfest) auffindbar und aus beiden Quellen (Freimaurer/Rosenkreuzer) schöpft wohl auch der Pyramidenbau im Freimaurer-Park in Machern.
Die vierseitigen Pyramide sind außerordentlich stabile Körper, was uns auch die entsprechenden altägyptischen Bauwerke vor Augen führen. So verwundert es nicht, dass die Zahl Fünf ein Symbol für Stabilität ist. Im Zeichen des so genannten Quincunx (etwa die Fünfzahl auf einem Würfel) steht der innere Punkt auf das unverrückbare Zentrum – außen die 4 Punkte weisen wieder auf das Weltsymbol. Die Quincunx wird somit zum Symbol für Beständigkeit und Ernsthaftigkeit. Interessant: Jesus speiste mit 5 Broten 4000 Menschen – und auch die fünf Wundmale Jesu deuten in ihrer Anordnung (Hände, Füße, Herz) ebenfalls auf die Quincunx.
In der christlichen Mystik nach Jakob Lorber hat der fünfte Geist Gottes (entsprechend den sieben Geistern Gottes: Liebe, Weisheit, Tatkraft, Ordnung, Ernst, Geduld, Barmherzigkeit) folgende Bedeutung des göttlichen Ernstes. Demnach hat Gott dieses Wesen der Ernsthaftigkeit in sich, weil ohne diesen kein Ding Bestand haben könnte. Dieser fünfte Geist entspricht der ewigen Wahrheit. "Ohne solchen Geist in Gott stünde es mit allen [aus ihm geschöpften] Wesen sehr schlimm. Sie wären gleich den Fata-Morgana-Gebilden, die wohl etwas zu sein scheinen, solange sie zu sehen sind".
Die 6 und ihre symbolische Bedeutung
Die Sechs steht für Gleichgewicht und Harmonie – auch für die die Verbindung und Gleichgewicht des göttlichen und weltlichen Prinzips – bekannt durch die Verbindung zweier Dreiecke (Davidsstern). Der sechs-zackige Stern ist zunächst ein Zeichen zweier sich verbindenden Dualitäten, doch vielleicht als Symbol der sechs Schöpfungstage. Nach der Kabbala ist die Sechs die Zahl der Schönheit und Schöpfung, bei den Chinesen ist sie die Zahl des Universum, denn zu den 4 Himmelsrichtungen kommt noch oben und unten hinzu. Anders ist es in unserem Kulturkreis, hier ist die Sieben die Zahl des Kosmos und zwar in Zusammenfügung der symbolischen Drei als geistiges Prinzip und der Vier als Weltprinzip) 3 + 4 = 7
Zahlensymbolik: 7
Die Sieben steht für Vollständigkeit und Totalität. In sechs symbolischen Tagen schuf Gott nach der Bibel die materielle Welt und ruhte am siebenten Tag. Im neuen Testament gibt es den merkwürdigen Hinweis auf die Siebenfältigkeit Gottes: "Das sagt, der die sieben Geister Gottes hat und die sieben Sterne" (Offenbarung des Johannes) - im Sinne der Zahlensymbolik sind solche Textpassagen leicht zu erfassen: Betrachtet man die Zahlenfolge 1 bis 7 – und zieht zum besseren Verständnis die 6 + 1 Schöpfungstage hinzu, so beobachten wir bei der göttlichen Schöpfung jeweils ein Weiterentwickeln eines Schöpfungstages aus dem vorhergehenden Tag – quasi einer Entfaltung der 2 aus der 1 – der 3 aus der 2 – der 4 aus der 3 und so weiter.
Die Sieben ist also nichts weiter als die Entfaltung der Eins (der göttlichen Einheit) in die Vielheit [3] – oder modern ausgedrückt – die ganze Bandbreite der Einheit. Noch besser wird uns dieses am unsichtbaren Licht deutlich (Weiß = Symbol der Null oder Eins) – im Prisma oder am Himmel teilt sich das Licht in sieben Farben: Rot, Orange, Gelb, Grün, Blau, Indigo und Violett. Der Regenbogen ist damit ein Symbol der Siebenzahl und bezeichnet in den hermetischen Wissenschaften auch verschiedene Bewusstseinsstufen, wo wir wieder beim Bild der geistigen Entfaltung angelangt sind, welche ihren Abschluss im siebenten Tag der Ruhe findet.
Die Bedeutung der 8
Achteckige Kirchtürme weisen oft auf Begräbnis- oder Taufkirchen, auch die Taufbecken in den Kirchen sind häufig in achteckiger Grundform gestaltet. Die Acht bekommt besonders in der christlichen Kultur ihren Sinn erst durch das Verständnis der Zahlensymbolik 1 bis 7 (siehe oben). Mit der Sieben ist vorerst das Ende einer in sich stimmigen Zahlenfolge. Mit der Acht beginnt dann eine neu Qualität, der Eintritt in eine neue Welt. Jesus ist nach dem siebenten Tag (dem abschließenden Tag der Woche), nach dem Sabbat-Tag vom Tode auferstanden und somit ist die Verbindung zur christlichen Taufe in der Architektur gegeben.
Auch bei Begräbniskapellen weist die Acht auf das ewige Leben in der neuen Schöpfung hin und steht wie bei der Taufkapelle jeweils an den Grenzen des menschlichen Daseins. Das Achteck ist zugleich der Beginn der Transformation des Quadrates über das doppelte Quadrat zum Kreis (und umgekehrt). In spirituellen Kreisen ist die Acht somit ein Symbol für die Einweihung und Ziel des Eingeweihten, der über sieben Stufen die neue Qualität erreicht hat. Nach sieben Tagen des Fastens und der Buße folgt der achte Tag der Erneuerung.
7 + 1 ist die Zahl der Oktave – in der gregorianischen Choralmusik gibt es acht Töne.
Zu erwähnen ist noch die Lehre des Feng Shui, die unsere Umgebung in dieser Achteck-Form (Oktogon) systematisiert und abstrahiert. Diese so genannte Ba-gua-Form erweitert die Harmonie des Yin und Yang (zwei) über Nord-Süd-Ost-West (vier) auf acht Aspekte. Möglich ist nun, dass der Raum um uns in dieser achtfachen Symmetrie gestört wird. So kann etwa die L-Form (Stiefelform) eines Hauses nach dem Empfinden des Chinesen nicht harmonisch sein, weil es keine "ganze Form" ist. Wenn also ein Raumteil vom Unterbewusstsein als unharmonisch empfunden wird, prägt dieser dann den in der Skizze angezeigten Lebensbereich.
Literatur:
- [1] Form der Übersetzung nach Ernst Schwarz, in Laudse - Daudedsching, Verlag Philipp Reclam jun. Leipzig 1985 RS 17.9.2010
- [2] Brentjes, Burchard; Die Stadt des Yima; Leipzig 1981
- [3] Im Taoistmus (siehe Erklärung zur 4) ist diese Vielheit bereits mit der 4 gegeben