Ikone in Gold gemaltIm Inneren einer russisch orthodoxen Kirche. Die Dunkelheit gibt dem Licht seinen Wert.
Im Inneren einer russisch orthodoxen Kirche. Die Dunkelheit gibt dem Licht seinen Wert.

Dieser Beitrag hier im Symbole-Lexikon hat eine Sonderstellung und steht im Zusammenhang mit der Lichtsymbolik und der Verwendung von Licht und Gold zum Beispiel in der sakralen Kunst. In Bezug auf die Gartenkunst finden wir ähnliche Wirkungsweisen in der Grabmalgestaltung, aber auch in der Park- und Gartengestaltung selber. Die Lichtgestaltung ist heutzutage ein beliebtes Gestaltungselement, doch soll hier vor allem auf die Wirkung von Naturlicht eingegangen werden, welches der Autor, im Sonnen-, Mond- und Kerzenlicht definiert sieht.

Lichtsymbolik

Wir können sicher davon ausgehen, dass alle Natur- und Kulturvölker dieser Erde schon immer das Licht als etwas Lebensnotwendiges angesehen haben. In der biblischen Schöpfungsgeschichte mit den wohl bekannten Worten: "Und Gott sprach es werde Licht und es ward Licht" haben wir ein schönes Beispiel dafür. Weiterhin können wir sicher annehmen, dass für die Völker, die weit vom Äquator entfernt leben und die größeren Schwankungen der Tageslichtzeiten im Jahr wahrnehmen, die Lichtthematik und Lichtsymbolik eine größer Bedeutung haben, als in den Gebieten, wo die Jahreszeiten relativ konstant verlaufen. So finden wir bedeutenden astronomisch orientierte Bauten ältester Natur bezüglich wichtiger Parameter der Sonne vor allem im Norden (Stonehenge, Ringanlagen usw.). Diese spätsteinzeitlichen Bauten justieren sich nach Kalenderdaten, wie die Tag- und Nachtgleiche oder sie Sommer- und Wintersonnenwende. Besonders die Wintersonnenwende mag vom Gefühl her schon immer die höchste Bedeutung gehabt haben, denn es ist der Punkt im Jahreskreis, wo die Tage nicht mehr kürzer werden und der Mensch innerlich seelisch aufatmet – auch heute noch.

Lichtsymbole

Wintersonnenwende und Weihnachten

Aus dem oben gesagten, dass die Zeit der Sommer - und Wintersonnenwende für nordische Völker schon immer bedeutungsvoll war, brauchen wir uns in unserem heutigen Kulturkreis nur in dem Brauchtum der Weihnachtszeit, der Rauhnächte und der Silvesterzeit umzuschauen. Da ist zunächst das Licht in seiner Wesenheit selber, welches als brennende und den Raum erhellende Kerze ein Symbol für sich ist und später durch die bekannten Kunstlichtinstallationen aller Art ersetzt wurde. Der Adventskranz mit den vier Kerzen, der beleuchtete Weihnachtsbaum sowie der Adventsstern sind die markantesten Bildzeichen. Feuer zur Wintersonndenwende gehen auf germanische Riten zurück. Die Winternacht erhellende Fackel verkörpert die Hoffnung auf helle Mittsommertage und -nächte. Vergleichbare Bräuche finden wir beim jüdischen Chanukkia in Kazimierz (Krakau)Chanukka-Fest, wo der siebenarmige Leuchter (Chanukkia), der keinen Kultcharakter hat, mit dem Einbruch der Dunkelheit angezündet wird.

Sommersonnenwende

Die Feuerbräuche der Winter- wie Sonnenwendfeiern als Rituale sind an sich eindeutig Lichtsymbole. Bekannt ist, dass die Germanen Feuerräder Abhänge hinunterrollen ließen, was auf das Symbol des Sonnenrades weist. Das Sonnenrad finden wir bei Maibaum mit Kranz und beim und Maibaumtanz, aber auch das Radkreuz und vor allem das Irische Kreuz (Keltenkreuz) ist ein Lichtsymbol. Die spezielle Sonnensymbolik, welche sich bei vielen nordischen Völkerschaften erhalten hat, ist der Lichtsymbolik hinzuzurechnen, aber auch Mond und Sterne. Im Zusammenhang mit der Mond- und Lichtsymbolik steht auch der Phönix, der mythische Feuervogel, der verbrennt und aus der Asche neu ersteht. Er verkörpert wie die Sonnenwendfeiern, der Mond die Lichtzyklen der Jahreszeiten, wie die Zyklen von Geburt, Leben, Tode und Auferstehung. Die Doppelspirale ist ein abstraktes Bildzeichen für dieses Denken. Jesus sprach von sich: "Ich bin das Licht der Welt" und konnte auf das Verstehen dieser Allegorie bauen. In diesem Sinne geht sogar die Christussymbolik der frühen Kirche so weit, den auferstandenen Christus als Sonnengott Sol darzustellen.

Gold und Licht

Gold als Farbe ist selber Symbol und wird in der sakralen Kunst vieler Völker für die lichte Sphäre als Glanz des Himmels verstanden. Doch die Verwendung von Gold in der Kunst und Raumgestaltung ist vielschichtiger. Heutigentags ist die Nutzung von Kunstlicht das Gewohnte, doch das war nicht immer so. In der Zeit, da selbst Kerzen teuer waren, hatten unserer Altvorderen ganz andere Sehgewohnheiten, als wir. Man nutzte das Tageslicht zum Arbeiten aus und man baute zum Beispiel Erker im Wohn- oder Studierzimmer an, um in ihnen von Fenstern umgeben, tageshelle Plätze [1] für das Lesen und für Handarbeiten zu haben. Heute baut man oft gedankenlos Erker an das Eigenheim, ohne zu wissen, warum und stellt Grünpflanzen hinein. Vergleichbar ist ein Beispiel ganz anderer Natur, wo wir fast überall in alten Kirchen Punktstrahler finden, mit denen Altäre bestrahlt werden. Diese sakralen Kunstwerke wurden im Ursprung aber so konzipiert, dass sie auch bei wenig Naturlicht von den Fenstern her und bei Dunkelheit durch Kerzen, ihre Wirkung entfalten. Das taten sie vor allem durch Vergoldungen an den Verzierungen, Plastiken und Reliefs. Ein mit Kerzenlicht erleuchteter Kirchenraum und Altar entfaltet erst das Flair dieser alten Baukunst. Mit Kunstlicht hingegen wird die Seele solcher Räume zerstört.

Auch in der Gartenkunst hat man sich mit der Wirkung von Licht auseinandergesetzt, bevor die Glühlampe erfunden wurde. Setzte man Naturlichteffekte ein, dann oft auch so, dass sie symbolische Bedeutungen hervorriefen. Man denke nur an die traditionellen Gärten der Japaner, wo Steinlaternen gewissermaßen Lichtsymbole darstellen, obwohl sie wohl nur selten als solche benutzt wurden. Im japanischen Garten nutzt man Licht-Schatten-Effekte in den sogenannten Kiesgärten mit sorgsam geharkten Kiesflächen. Das Licht einer Laterne kann bei Dunkelheit den außergewöhnlichsten Zwecken dienen – etwa am Teich um dort Motten anzulocken und deren Spiel über dem Wasser still beobachten zu können. Für die Außenbeleuchtung nutzten die Japaner vor allem Papier-Lampions welche mit ihrem eigentümlich sanften Licht die Umgebung erhellten. Etwas haben diese Lampions von Wirkung des hellen Mondes und einer Vollmondnacht. Wenn können wir noch eine letztere in der Natur genießen, wenn der Garten ganzjährig mit LED-Lampen vollgepackt ist?

Zurück zur japanischen Kultur. Auch die Wirkung der traditionellen japanischen Wohnhäuser ist dort eine besondere. Oft sind diese wohl proportionierten Häuschen von kunstvollen stilistischen Grünanalgen umgeben und leuchten am Abend durch ihre mit transparenten Papier bespannten Schiebetüren selber als eine Art bewohnbare Lampions und spenden der Umgebung von ihrem milden, wohltuenden Licht. So entstehen Lichträume verschiedenster Art, welche kaum durch Kunstlicht zu kopieren sind. Doch sollten wir uns bei modernen Raumlichtkonzepten für Gärten, wenigstens versuchsweise, diesen alten erprobten Konzeptionen nähern.

Ikone von Andrej Rubljow: Dreifaltigkeit - Lichtexperiment

Wenn wir, als nüchterne Mitteleuropäer, die Mystik einer Ikone erfassen wollen, dann vielleicht so, dass wir diese Bilder mehr als Symboldarstellungen betrachten und im richtigen Licht. Ikonen haben deshalb so merkwürdige Farben, oft auch Gold- oder Silberausmalungen, weil sie in Räume gehören, die stark gedämpftes Licht haben und nur mit Kerzen ausgeleuchtet sind.

08 ikone von andrej rubljow dreifaltigkeit

Zur Ikone: Das ist die wohl eine der bekanntesten Ikonen überhaupt, Rubljow hat sie um 1425 für die Dreifaltigkeitskirche im Dreifaltigkeitskloster des heiligen Ssergij im heutigen Sagorsk (bei Moskau) gemalt. In fast völliger Dunkelheit und bei Kerzenlicht entfalten die Ikonenmalereien eine eigene Leuchtkraft und das Zimmer, in dem wir stehen (hier ist es mein Arbeitszimmer), bekommt eine völlig neue Raumwirkung.

02 ikone von andrej rubljow dreifaltigkeit

In den folgenden Bildern sind Ikonen in den entsprechenden Kirchenräumen zu finden. Hier will ich nochmals auf die Verwendung von Gold in der Ikonenmalerei hinweisen. Gold ist ein Symbol für das Himmlische und Göttliche, deshalb finden wir Gold so viel auf den Altären, doch auch, weil das Gold in den (früher) sehr düsteren Sakralräumen auch eine gewisse aufhellende Leuchtkraft entfaltete. dazu unbedingt die Seite über Gold-Symbolik lesen. Darin findes sich die die interessanten Ausführungen des Japaners Jun' Ichiro Tanizaki: Lob des Schatten aus dem Jahre 1933 (deutsch: Entwurf einer japanischen Ästhetik Zürich 1987).

03 ikone von andrej rubljow dreifaltigkeit

Eben habe ich im Internet gelesen, dass man bei den Heiligenmotiven niemals gemalte Schatten findet – eben weil "Heilige keine Schatten werfen" – doch ich denke eher, dass diese Bilder keine normalen Gemälde sind, sondern ganz bewusste Stilisierungen und dass sie eben in diesen dunklen Räumen hineingehören und mit dem Raum Licht und Schattenspiele bewirken – ich denke, die Ikone muss immer im Zusammenhang mit einem Raum und mit einer räumlichen Atmosphäre stehen. So haben die Bilder selber kaum eine perspektivische Tiefenwirkung – sie wirken eher rein Zweidimensional – doch dieser Eindruck entsteht nur, wenn sie losgelöst vom Raum betrachtet werden. Bedenkt man aber, das zu diesen rein optischen Effekten auch der Duft von Weihrauch, von brennenden Kerzen und der Gesang von meditativen Chorälen hinzukommt, wird jedem klar, welche Wirkung solche eine Ikonenmalerei auf den Betrachter auslösen kann.

06 orthodoxe holzkirche

Auch das Malen eine Ikone ist eine andachtsvolle Handlung und Meditation zugleich und folgt eigenen Regeln. Ikonen werden auf Holz gemalt und der Bildaufbau ist festgelegt. Das kopieren berühmter Ikonen ist üblich. Ikonen helfen beim Gebet in der Kirche innere Ruhe zu finden. In den orthodoxen Kirchen (wie in den katholischen) ist es üblich eine Gebetskerze anzuzünden. Das Entzünden der Kerze, die Handlung in der man "etwas tut", hilft die Gedanken zu konzentrieren und eine Lebenshaltung des fortwährenden Herzensgebetes zu prägen.

Russisch orthodoxe Kirche in Gifhorn

Diese wunderschöne Holzkirche befindet sich am Areal des berühmten Mühlenmuseum bei Gifhorn und stellt uns die Kunstfertigkeit der russischen Holzarchitektur vor Augen. Interessant ist, wie sich der Baustil in den verschiedensten Gegenden der Welt, abhängig von den örtlichen Baumaterialien entwickelte. Nördlich der Alpen haben wir im Ursprung einen typischen Holzbaustil und im Süden den Baustil aus Stein – beide Kunstrichtungen (auch der fernöstliche Bau mit Bambus) lassen sich auch in der Gartenarchitektur beobachten.

PS. Ein wunderschönes Ferien-Erlebnis, auch für Kinder! das Mühlenmuseum in der Gifhorner Heide 


 [1] Leselaube, Pavillons haben ähnliche Effekte


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