Meist steht Meerrettich, Armoracia rusticana, im Kräutergarten in einer Ecke, und man gräbt bei Bedarf die Wurzeln aus. Aus den verbleibenden Wurzeln entwickelt sich die Staude dann wieder neu. Das funktioniert recht gut, wenn man im Herbst die Meerrettich-Ecke nochmals aufgräbt (also ordentlich lockert) und ein paar Wurzeln wieder auf 10 cm Tiefe legt. Nur wenn der Boden an dieser Stelle jährlich gelockert wird, kann man auch leicht die nötigen Wurzeln ernten.
Allerdings sollte die Meerrettichstaude an einem Platz stehen, wo sich die Wurzeln ungehindert ausbreiten können. Für das einfache Pflanzen dieser Stauden wähle man einen Standort, wo Pflanzennachbarn nicht überwuchert werden und wo der Boden wenigstens einigermaßen locker ist, um Wurzeln leicht ausgraben zu können. Neben dieser einfachen Kultur, gibt es eine weitere Form, die Stauden so anzubauen, dass sie schöne starke Wurzeln ausbilden, die dann in der Küche besser zubereitet werden können, als das dünne Wurzelwerk der wild wachsenden Stauden. Diese professionelle Art des Pflanzens ist auch im eigenen Garten leicht umzusetzen, wenn man das Prinzip der Kultur verstanden haben.
Dieses Anbau-Prinzip besteht darin, Wurzelsetzlinge so behandelt (Seitenwurzeln entfernen) und gepflanzt werden, dass sich an deren unteren Ende tiefgehende Wurzeln ausbilden, aber die gelegte Wurzelstange selber zum Dicken-Wachstum angeregt wird. Das erreichen wir durch die schräge Pflanzung der sogenannten Fechser (etwa 30 cm lange Wurzelstücke).
Anbauanleitung
Bodenansprüche und Düngung
Wenn kräftige und zarte Stange ausgebildet werden sollen, dann benötigen die Pflanzen möglichst einen sandigen, kalkreichen Lehmboden (Löss, sandiger Schwemmland-Boden) in alter Dungkraft. Der Boden sollte im Herbst umgegraben (bzw. gelockert) und dabei Mist eingegraben werden. Stallmistgaben direkt zur Pflanzung sind ungünstig. Von Kunstdünger sehe man besser ab, denn diese können mehr schaden als nutzen. Es ist wohl auch so, dass die Qualität und der Ertrag überwiegend von der Qualität des Boden und Standortes anhängig ist. Auf entsprechenden Böden bekommt man in einem Jahr die gewünschte Ernte. Auf weniger zusagenden Böden braucht es zwei bis drei Jahre.
Eine "professionelle" Anbaumethode für den Kleingarten
Fechser schneiden: Wer es sich zutraut, der kann die ausdauernde Staude in "einjähriger" Kultur anbauen. Die Wurzeln werden also in jedem Herbst aufgenommen. Die sehr langen, dünnen (kleinfingerstark), senkrecht wachsenden Wurzeln schneidet man in 30 – 40 cm Stücke. Diese Pflänzlinge, die sogenannten Fechser (Fexer), werden bis zur Pflanzung draußen auf einem Beet eingeschlagen, das heißt an einer etwas schattigen Stelle längs liegend fünf Zentimeter eingegraben (mit Erde bedeckt). Die Stelle wird markiert. Dort lagern dann die Wurzelstücke bis zur Pflanzung im Frühling, wenn sie nach dem Winter eingesetzt werden sollen.
Pflanzzeit: Mitte April bis Anfang Mai, doch auch die Herbstpflanzung ist möglich.
Reihenabstand: Für einen umfangreicheren Anbau benötigt man Beete mit Reihenabständen von 40 – 50 cm. Der Boden soll gut gedüngt und tiefgründig gelockert sein.
Pflanzung: Man legt die Fechser schräg in eine 6 – 8 cm tiefe Rille, wobei das untere, dünnere Ende mit Hilfe eines Pflanzholzes möglichst doppelt so tief liegen sollte. Dabei können (laut Literatur, historische Bilder unten ) die Wurzelstücke etwas übereinander liegen. Wenn alle Setzlinge in eine Richtung zeigen, behindern sie sich mit dem Wurzel- und Blätterwachstum nicht. Am unteren Ende wird der Fechser neue Wurzeln senkrecht nach unten treiben und am Kopfende entstehen die Blätter. Werden die Pflänzlinge zu waagerecht gelegt, gibt es wenig Dickenwachstum; pflanzt man zu steil, wird nur viel Blattmasse gebildet.
Seitenwurzeln entfernen: Die waagerechte Hauptwurzel soll glatt und stark werden und unverzweigt bleiben, deshalb muss jede Neigung zur Bildung von Seitenwurzeln unterdrückt werden. Um das zu erreichen wird die Hauptwurzel zwei- oder dreimal im Jahr (Juni/Juli/August) von der Erde frei gemacht, mit einem weichen Tuch abgerieben und eine etwa vorhandene Nebenwurzeln mit einem scharfen Messer glatt abgeschnitten. Nur die Wurzeln am Ende bleiben zur Nährstoffversorgung bestehen. Nach dem Abreiben wird die Wurzel wieder mit Erde bedeckt und die Pflanze gut gegossen. So bildet sich aus dem gelegten Fechser bis zum Herbst eine dicke Meerrettichstange aus. Im Foto (meine Kultur) oben ist die Stange wohl noch nicht in der optimalen Dicke, offensichtlich braucht es einige Erfahrung für den Anbau. Für den Hausgebrauch ist das aber bereits ein ordentliches Ergebnis.
Zu den Grafiken oben: Leider konnte ich in moderner Literatur keine brauchbare Anbauanleitung finden und so greifen wir halt wie so oft auf altes Wissen zurück. (Quelle: Bier, A.; Lohnende Gemüsezucht; Erfurt um 1925)
Pflege: Die Kultur bedarf kaum einer Pflege, nur sollte im Spätsommer bei Trockenheit gegossen werden, weil in dieser Zeit das Dickenwachstum der Wurzel-Stangen vonstatten geht.
Ernte und Verwendung, Konservierung
Ernte: Im Oktober beginnt in der Landwirtschaft die Saison der Ernte. Im Selbstversorgergarten wird ganzjährig bei frostfreiem Boden geerntet, da die Staude samt Wurzelwerk absolut winterhart ist.
Haltbarkeit und weitere Verwendung: Leider halten sich ausgegrabene Wurzeln nicht lange und schrumpfen ähnlich den Möhren ein. Früher lagerte man sie im Keller, eingeschlagen in Sand. Das heutige Äquivalent wäre eine spezielle Tupper-Dose ("Klimaoase" oder so) und die Lagerung dieser im Kühlschrank. Man kann das Wurzelgemüse aber auch in Stücken oder geraspelt einfrieren. Eine weitere Möglichkeit ist das Trocknen.
Dazu schneide ich Würfel von einem haben Zentimeter. Die Stücken kommen auf ein Holzbrettchen und trocknen im Zimmer innerhalb zweier Tage. Getrockneter Meerrettich findet vor allem als Suppenwürze Verwendung. Was allerdings kaum bekannt ist, ist der Umstand, dass er in Hühnerbrühen wie auch den diversen Gemüsebrühen zusammen mit Wurzelgemüse und weiteren Gewürzen den alten natürlichen Geschmack erzeugt, den man heute als Umami-Geschmack (die 5. Garten mit der Hühnerhaltung zu kombinieren, worüber ich mit meiner Frau neben weiteren interessanten Titeln, ein über 160 Seiten starkes, aber dennoch preiswertes Büchlein geschrieben habe.
Geschmacksrichtung) bezeichnet. Letztere wird heute aber durch recht umstrittene Zutaten, wie Glutamat und Aspartat kreiert. Dabei haben wir mit vielen unserer altbewährten Küchenkräuter und explizit auch mit Fleisch- und Hühnerbrühen (sowie mit der Zugabe von Eigelb) einen eigenes Umami-Aroma zur Verfügung. Aus diesem Grunde rate ich, wo es möglich ist, denDa wir eigene Hühner besitzen und recht oft auch ein Suppenhuhn im Topf haben, geht unsere ganze Ernte also frisch oder getrocknet im Brühen-Geschmack auf. Sonst finden wir im Internet eigentlich nur noch Rezepturen, bei welchen der Kren folgendermaßen konserviert wird: Die Meerrettich-Wurzeln werden gesäubert und fein gerieben und wird dann mit Salz und Essig in Twist of Gläser verfüllt (190 ml – Gläser). Pro Glas kommt ein Teelöffel Salz und ein Spritzer Essig untergemischt hinzu. Das Glas wird kühl gestellt und ist so lange haltbar. Man nimmt dieses Gemisch nicht pur für die Speisen, sondern als Zusatz zu Saucen. Soll eine Meerrettich-Sauce zubereitet werden, nehmen wir geriebene Wurzeln aus dem Glas und geben je nach Rezeptur Butter, Mehl, Fleischbrühe und Sahne hinzu. Die Sauce wird klassisch zu Tafelspitz (gekochtes Rindfleisch) serviert.
Noch einmal die Verwendung in Stichpunkten
- Herstellung von Sahne-Meerrettich
- Meerrettichstücken werden als Gewürz für Einlegegurken verwendet
- als Beilage zu Fisch, Fleisch und Wurst geben
- Die Blätter werden bei der Herstellung von Sauerkraut vor der Befüllung in den Topf eingelegt.
- In Würfel geschnitten, hält er bei eingelegten Gurken und Roten Rüben die Brühe klar.
- Meerrettich einen Tag in Weißwein gezogen, wirkt als Trank appetietanregend.
- Die Wurzel gibt Hühner- oder Gemüse-Suppen eine frische, sehr pikante Note (schärft nicht)*.
- Für Suppen können die Wurzeln auch in kleinen Stücken getrocknet werden.
- Wird die geriebene Wurzel etwas mit Apfelmus gemischt, mildert das deren scharfen Geschmack und Geruch.
Literatur, Quellen, Hinweise
- eigene positive Anbauerfahrungen
- Anderegg H.; Der Gemüsebau im Hausgarten und im freien Felde; Zürich 1880.
- Bier, A.; Lohnende Gemüsezucht; Erfurt um 1925, im Verlag des Erfurter Führer im Obst- und Gartenbau. (3 Bilder oben)
- Buro/Meißner/Reinhold/Vaniceck: Freude am Garten, Berlin 1978
- Boettner, Johannes: Gartenbuch für Anfänger, Frankfurt 1942
- https://www.kochbar.de/rezept/293146/Gemuese-Meerrettich-konservieren.html
* Man liest in alter Literatur auch "im Gericht nie mitkochen, sondern immer erst am Schluss dazu geben", doch damit sind vermutlich keine Suppen gemeint, sondern gedünstete Gemüse