BleichsellerieBleichsellerie entsteht durch Erdaufschüttung auf ausgewachsenem Rippensellerie.
Bleichsellerie entsteht durch Erdaufschüttung auf ausgewachsenem Rippensellerie.

Da Bleichen von Gemüsen bewirkt ein Dicken- und Streckungswachstum von Stängel- und Blattrippenorganen und senkt den Bitterstoffgehalt in den Nutzpflanzen. Der Fachbegriff für diese besondere Kultur ist das Etiolieren, bzw. Etiolemént*. Doch möchte ich hier die Bleichkultur weniger wissenschaftlich erläutern, sondern mit deren Beschreibung die Aufmerksamkeit auf die Anwendungsmöglichkeiten im Selbstversorgergarten lenken.

Erklärung

Pflanzen sind Sonnenanbeter, sie streben zum Licht um mit dem in ihren Blättern enthaltenen Chlorophyll (welches die Grünfärbung derselben bewirkt) Zuckermoleküle zu bilden. Diese Glucose wird dann mit Zuhilfenahme von Mineralstoffen weiterverarbeitet und zwar zu Kohlenhydraten, Fetten, Eiweißen und zu den verschiedensten anderen organischen Stoffen, welche die Pflanze zur Existent und Fortpflanzung benötigt.

Knollenfenchel als BleichgemüseKnollenfenchel ist ein typisches Bleichgemüse. Die Herzen werden mit Erde abgedeckt und werden dadurch größer und milder.

Für all diese lebenswichtigen Stoffwechselvorgänge braucht die Pflanze das Licht. Wenn nun aber zum Beispiel am Rande eines Wasserlaufes eine Blattstaude durch eine Überschwemmung mit Erde bedeckt wird, steht sie mit einem Male in völlig umgestalteter Umgebung und in völliger Finsternis. Nun hat aber die Natur diese Staude mit einer Art Reflex ausgestattet, sodass sie sich mit dieser misslichen Lage nicht abfindend, nun mit aller Macht versucht, irgendwie das rettende Licht doch noch zu erreichen. Das Gewächs sammelt alle ihre vorhandenen Speicherstoffe und leitet sie in die Ausbildung kräftiger Sprosse und Blattadern. Mit diesen kräftigen Pflanzenorganen, die jedoch mangels an Licht kein Chlorophyll mehr bilden und deshalb bleich erscheinen (man spricht in diesem Zusammenhang auch vom Vergeilen), schiebt sich die Staude nun der Schwerkraft entgegengesetzt zum Licht. Ist sie mit ihren ausgestreckten Pflanzenorganen dort angekommen, nehmen diese sofort wieder ihre alte, grazilere Form ein. Die Stängel werden durch die Wirkung der Sonne schmaler und die Blätter bekommen auf ähnliche Weise dünnere Blattadern, größerer Blattflächen und das lebensrettende grüne Chlorophyll in ihren Laub- und Gerüstorganen.

Ähnliche Beobachtungen hat sicher schon jeder Gartenfreund einmal gemacht, indem er auf der Wiese zum Beispiel eine Woche lang eine Regentonne abstellte und bei der Forträumung derselben das gelb gewordene Gras unter ihr bemerkte. Wer wieder in solch eine Situation gerät, der beobachte bitte auch genau, wie sich neben der auffälligen Bleichung der Gräser und Stauden besonders die Stauden in dieser Situation durch ein Dickenwachstum hervortun. Ähnliche Beobachtungen haben irgendwann einmal auch pfiffige Gärtner gemacht und bemerkt, dass zum Beispiel der Spargel, solange dessen Sprosse noch nicht die Erdoberfläche erreicht haben, gut die doppelte Stärke besitzen, als wenn sie oberirdisch treiben. Man hat dann aus der praktischen Erfahrung heraus diese Spargel-Treiblinge angehäufelt und nicht nur dickere Stangen ernten, sondern auch einen milderen Geschmack derselben feststellen können, denn offensichtlich werden viele Bitterstoffe in den Pflanzen erst durch das Sonnenlicht gebildet und eingelagert.

Porree in Bleichkultur Die Porrestangen stehen im Juli noch in einer vertieften Rille, die nun verfüllt und später zum Damm aufgeschüttet wird.

Wenn wir beim Beispiel der Spargelkultur bleiben, so wurde soeben der Bleichspargel beschrieben, den wir als gelblichweiße und kräftige Stangen aus dem Supermarkt kennen. Die ungeblichene Form, welche im Frühling nicht mit Erde angehäufelt wird, ist der Grünspargel. Er ist um einiges dünner und würziger als der Erstgenannte – was in der Küche durchaus auch geschätzt wird. Beim Spargel können wir also ungeblichene, wie etiolierte* Sprosse verwerten, doch es gibt auch Gemüse, welche ohne diesen Bleichvorgang so derb, dominant oder bitter schmecken würden, dass sie nur unter Lichtabschluss kultiviert, essbar sind. Ein Beispiel hierfür bietet der Meerkohl, dessen Anbau (für Beschreibung dem Link folgen) ziemlich unbekannt ist, doch im Hausgarten kann dieses alte Dauergemüse durchaus seinen Platz finden.

Die klassischen Bleichgemüse sind:

  • Spargel – Bleichspargel wir tief gepflanzt und hoch angehäufelt
  • Chicoree – Treiben in warmen, dunklen Räumen
  • Bleichsellerie (Rippensellerie) – das sind die Stangen vom Staudensellerie – Pflanzung in Gräben, Erdanhäufelung (mittlerweile gibt es auch gelbe, milde Sorten die ungebleicht der Kultur entsprechen)
  • Winterendivien – Abdeckhauben im Freiland oder Zusammenbinden der Blätter
  • Bindesalat (Römischer Salat) – Zusammenbinden der Blätter
  • Löwenzahn – Anhäufeln
  • Meerkohl – oben erwähnt
  • Cardy (Gemüseartischocke) – fast ebenso wenig bekannt, wie der Meerkohl – Nutzung der Kellerräume

Weniger im Fokus stehen:

  • Porree – durch Anhäufeln während der Kultur wird der untere Teil der Blätter gebleicht oder Pflanzung in flache Gräben und spätere Erdaufschüttung
  • Rhabarber – man stülpt im Frühling einen Eimer über die Staude und hat milden Kompott-Rhabarber
  • Blumenkohl – zählt wohl mit zu den Bleichgemüsen , da sich die Blumenkohlblüten unter den eingeknickten Blättern ausbilden, bzw. im Spätherbst im Keller gelagerte Pflanzen die Blütenkäse im Finsteren treiben
  • Knollenfenchel – Anhäufeln

Noch weniger im Fokus stehen

die Kopfgemüse, wie Weiß- , Rot-, Butter- und Wirsingkohl in allen ihren Varietäten, der Rosenkohl und weiterhin zu nennen sind Kopfsalate und Köpfe bildende Zichorien und Endivien. All diese genannten Blattgemüse bewirken durch eine angezüchtete Kopfbildung der Blattaustriebe einen natürlichen Bleichvorgang, den jeder dadurch feststellen kann, dass etwa die Blätter des Kopfsalates nach innen zu immer milder und gelblicher werden. Wie erwähnt, sind diese Kopfbildungen Züchtungen und nicht natürlicher Art. Bei einigen Gemüsen, wie dem Bindesalat (Romanasalat) ist dieses wohl erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts gelungen. Moderne Romanasalate bilden längliche geschlossene Köpfe aus, doch bei den älteren Sorten mussten die Blätter mit einem Bindfaden zusammengebunden werden – daher kommt der alte Begriff des Bindesalates.

Etiolieren – Definition

Etiolieren leitet sich von Etiolemént ab (französisch étioler = verkümmern, dahinsiechen). Die deutsche Gärtnersprachte hat die Bezeichnung "Vergeilen". Es bezeichnet das oben bereits erwähnte starke Streckungswachstum und Ausbleiben der Chlorophyllbildung durch Lichtmangel und andere ungünstige Umweltbedingungen, geht aber über das Bleichen von Gemüse hinaus. Etiolemént bezieht sich zum Beispiel auch auf das Dunkelkeimen von Kartoffeln oder auf das Vergeilen von Rüben, wenn sie zu spät vereinzelt werden.

Literatur & Quellen

  • Schubert/Wagner – Pflanzen und botanische Fachwörter, Radebeul 1984
  • Kleine Enzyklopädie – Land-Forst-Garten, Leipzig 1959
  • Rümpler Theodor – Illustrierte Gemüse- und Obstgärtnerei (Bearbeitete Auflage); Verlag von Wiegand , Hempel & Parey; Berlin 1879