Meerkohl Crambe maritima geblichenTriebe, die unter Lichtabschirmung entstanden sind
Triebe, die unter Lichtabschirmung entstanden sind

Echter Meerkohl (Crambe maritima), der auch Broccoli-Meerkohl, See- oder Meerkohl genannt wird, ist eine mehrjährige Pflanzenart der Gattung Meerkohl (Crambe) aus der Familie der Kreuzblütengewächse (Brassicaceae) und ist eine heimische Wildpflanze. Wild gedeiht sie an den Stränden der Nord- und Ostsee sowie rings um das Schwarze Meer. Die Art kann als eines der feinsten Blattstielgemüse kultiviert werden. 
Ich habe den Dauerkohl auf 1,5 Quadratmeter im Garten stehen, wo er für zwei bis drei Mahlzeiten vor der Spargelsaison sorgt. Obwohl er früher ein Bleichgemüse war, verbrauchen wir ihn zweckmäßigerweise ungebleicht.

Ein Bleichgemüse, welches nicht gebleicht werden muss

Bereits im antiken Rom war der Meerkohl als Gemüse bekannt, wo man ihn jedoch als minderwertig betrachtete. Das lag vielleicht daran, dass man das Bleichen der Gemüse damals noch nicht kannte, welches die Bitterstoffe einer Kultur reduziert. Von Hause aus ist das Gewächs eine derbe Pflanze mit kohlartigen Blättern. Erst durch Lichtentzug werden die jungen Triebe zur Delikatesse. Der Geschmack der jungen Blätter ist ein eigener und als delikat zu beschreiben. Fünf Minuten in Wasser gekocht, abgetropft und mit Butter verfeinert schmeckt das Gemüse wie eine milde Kombination aus Spargel und Rosenkohl.
Allerdings schmeckt das junge Treibgemüse auch völlig ohne Bleichen! Zumindest ist ein signifikanter Unterschied nicht zu bemerken. Der Rat, das Gemüse zu bleichen, stammt nämlich aus dem 19. Jahrhundert. Damals gab es allerdings den Hang, Gemüse zu züchten und zu ziehen, was ausgesprochen mild ist. In heutigen Zeiten, da das "Bitter dass neue Süß" ist, hat sich das Geschmacksempfinden definitiv geändert. Wir können also im April den jungen Austrieb schneiden und in der Küche verwenden. Gleiches gilt für die frisch getriebenen Blüten im Mai, welche etwas an Brokkoli erinnern.

Das erste frische Gemüse direkt vom Beet.

Die jungen Blütentriebe erscheinen Ende Mai und sind ebenfalls ein interessantes Gemüse.

Vermehrung: Aussaat und Teilung

Wir säen den Meerkohl im Oktober oder nach dem Winter im Februar (spätestens März*) möglichst in ganzen Früchten (in jeder kugelfömigen Schote ist nur ein Korn) und dürfen nur dann ein gutes Keimen des Samens erwarten, wenn dieselben möglichst frisch sind. Also keinen alten Samen verwenden! Die kugelförmigen Schoten lassen sich von älteren Pflanzen leicht zu ernten. Samenhändler liefern Körner ohne Schoten. Da der Samen des Meerkohls zur späteren Keimung Frost benötigt, sollte er bei Minusgraden gelagert werden. Gesät kann in ein Frühbeet werden. Anschließend wird pikiert und später ausgepflanzt. Praktischer ist die Direktsaat, indem jeweils drei Samen an eine Stelle ausgebracht werden und später nur der schönsten Sämling stehen gelassen wird. Die Saattiefe beträgt zwei bis drei Zentimeter, der empfohlene Reihenabstand 50 Zentimeter und der Pflanzabstand mindestens 40 bis 50 Zentimeter.
Neben der Aussaat ist es auch möglich, Stecklinge aus Seitentrieben zu gewinnen und zu pflanzen. Da sie einen Vorsprung im Wachstum haben, kann man schon ein Jahr früher von ihnen ernten. Diese Vermehrungstechnik findet im März/April statt, gelingt jedoch nicht immer.
Ich habe den Kohl aber auch schon (nach der Beerntung) im April ausgegraben, mit einer scharfen Axt geteilt und die geteilten Stücke wieder erfolgreich verpflanzt. Mittlerweile ist das meine bevorzugte Vermehrungsmethode.
Um einen Grundstock an Meerkohl-Pflanzen zu erhalten ist es am zweckmäßigsten vier bis fünf Exeplare als Topfware zu kaufen (sie werden online angeboten) und diese dann alle drei oder vier Jahre zu teilen und umzusetzen. Haben wir selber Samen gewonnen, der einfach zu ernten ist, können wir versuchen zusätzlich durch Aussaat Jungpflanzen zu erhalten, doch gelingt die Vermehrung durch Aussaat nicht immer und überall. Ebenso das Teilen und so verfolgen wir am besten zwei Strategien der Vermehrung parallel.

Meerkohl im JuliNach der Aussaat im Juli

Standort und Pflege

Der Meerkohl bedarf eines stark sandigen, tief bearbeiteten Bodens in dem alter Dung (Mist) eingearbeitet werden muss. Die Pflegearbeiten über den Sommer bestehen aus regelmäßigem Gießen und häufigem Behacken des Bodens. In jedem Frühjahr wird alter Mist untergegraben, den wir schon im Herbst aufbringen und als Frostdecke über die abgeschnittenen Pflanzen breiten.

Das Bleichen und Ernten des Meerkohls

Im dritten Frühling, bei Stecklingspflanzen bereits im zweiten, kann das Bleichen beginnen. Zu diesem Zweck stülpen wir schon im Februar große Blumentöpfe (das Bodenloch verstopfen) oder mittelgroße Eimer über die Pflanzen.
Sobald die Blattstiele innen an den Topfboden stoßen, können sie geschnitten werden. Die Blätter sind, wie bei allen im Dunklen sich bildenden Blättern der Fall ist, sehr klein, der Blattstiel dagegen bedeutend verstärkt.
Man schneidet die Blattstiele etwas über der Basis ab, ohne die in den Achseln derselben sitzenden Knospen zu verletzen und deckt den Stock dann wieder ab. Nach vier bis fünf Wochen ist eine zweiter Ernte möglich. Danach lassen wir wieder Licht an die Pflanze, damit sie sich frei entwickeln kann. Bilden sie anschließend Blüten- und Samenansätze, müssen diese entfern werden, um die Pflanze nicht noch mehr zu schwächen.
Die Blätter des Meerkohls sterben im Herbst ab und werden entfernt. Danach wird mit strohreichem Mist abgedeckt (wenn vorhanden). Ist keiner vorhanden, kann auch Laub zum Einsatz kommen, doch sollte es locker aufgelegt werden. Der winterliche Schutz durch ein Gartenvlies ist alternativ die moderen Methode etwas Frostschutz zu geben.
Da diese Kulturmethode für die Pflanzen ziemlichen Stress bedeutet, bleichen wir abwechselnd jedes Jahr nur eine Hälfte des Bestandes. Nach etwa neun bis zehn Jahren muss die Anlage komplett erneuert werden. Wird die Kultur jedes Jahr gebleicht, ist die Anlage bereits nach dem vierten Jahr erschöpft.
Übrigens halten sich die geernteten Blätter nicht besonders lange. Im Kühlschrank gelagert sollten sie spätestens nach drei Tagen verbraucht sein. Weil das Treibgemüse schlecht lagerbar sind, ist das wohl ein Hauptgrund dafür, dass es auf unseren Gemüsemärkten kaum zu finden ist. Der Meerkohl wird also stets ein Luxusgemüse bleiben. Meiner Meinung nach sollte es dafür in unseren häuslichen Nutzgärten mehr angepflanzt werden, um den Küchenzettel mit einem sehr frühen und schmackhaften Gemüse zu bereichern.


*Bei Aussaat bis März kann noch vor Ablauf des zweiten Jahres mit dem Bleichen begonnen werden

Literatur:

Lange, Theodor; Allgemeines Gartenbuch. Band 2: Gemüse und Obstbau, Leipzig, Spamer, 1908

Rümpler, Theodor; Illustrierte Gemüse- und Obstgärtnerei (Bearbeitete Auflage); Verlag von Wiegand , Hempel & Parey; Berlin 1879

Abbildung von Meerkohl bei Rümpler

Eine lesenswerte, historische zu nennende Anbauanleitung findest sich in dem Buch von Theodor I. Nietner (1790–1871, preußischer Königlicher Hofgärtner):
Nietner, Theodor – Die Küchengärtnerei. Eine praktische Anleitung zur Erziehung und Pflege aller im Gebiete dieses Theiles der Gärtnerei vorkommenden Gewächse; Herbig, Berlin 1837

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