Japanischer Garten Berlin MarzahnGärten der Welt in Berlin Marzahn, hier findet sich die japanische Anlage.
Gärten der Welt in Berlin Marzahn, hier findet sich die japanische Anlage.

Der Erholungspark in Berlin-Marzahn umfasst ein sehr weitläufiges Parkgelände und beherbergt die berühmten Anlagen der "Gärten der Welt". Zu ihnen gehört der "Garten des zusammenfließenden Wassers", eine japanische Gartenanlage des Architekten Shunmyō Masuno, die 2003 eröffnet wurde. Die Anlage gliedert sich in drei Teile, welche symbolisch für die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft stehen. Das Leitmotiv, welches den Besucher auf seinem Spaziergang durch diesen Garten stets begleitete, ist das Wasser.

Der "Garten des zusammenfließenden Wassers"

Shunmyō Masunos Gestaltung des "Gartens des zusammenfließenden Wassers" ist wohl durchdacht und der Architekt verwendete zahlreiche Gestaltungselemente japanischer Symbolik. Das folgende Bild zeigt den Plan der Anlage:

Japanischer Garten Marzahn PlanDer Plan der Gartenanlage. 1) Tor, 2) Eingangsbereich, 3) Steinerner Waaserfall, 4) Anhöhe mit Aussichtspunkt, 5) Bachlauf, 6) Weg zum Pavillon, 7) Betrachtungsgarten, 8) Pavillon, 9) Trockengarten, 10) Rasenfläche, 11) Trittsteinweg

Wie man sieht, wurde die Anlage auf einem recht überschaubaren Areal angelegt. Und auch, wenn es auf dem ersten Blick nicht so scheint, so wirkt die Fläche auf Grund ihrer Gestaltung wesentlich größer. Zahlreiche kleine, gestalterische Details, die das Wesen der japanischen Gartenkunst charakterisieren, lassen den Besucher bei seinem Rundgang in eine ganz besondere Welt abtauchen.

Das Tor

Japanische Gärten sind ein in sich geschlossener Mikrokosmos (Kekkai), und so hat das Tor (hier ein Torhaus) die besondere Funktion, das Gartenareal von der Außenwelt abzugrenzen. Der Besucher verlässt beim Überschreiten der Schwelle die profane Welt und betritt eine Landschaft von Symbolen. (Ich interpretiere hier die Symbolwelten japanischer Gärten recht frei und subjektiv, was bei einem Kunstwerk gestattet und erwünscht ist.)

Das Torhaus.Das Torhaus.

Der Eingangsbereich

"Der Eingangsbereich hinter dem Tor wurde auf ein Minimum reduziert, so dass man noch nichts ahnt von der Landschaft, die sich dahinter erstreckt." heißt es in der Beschreibung. Hier überrascht uns keine Pflanzenvielfalt, wie wir sie aus europäischen Gärten kennen. Es herrscht eine eigentümliche optische Ruhe, um äußere Reize vom Gemüt fern zu halten, und der Besucher um so ruhiger sein Inneres betrachten kann. Lediglich ein Ahorn und der dahinter liegende horizontal gelagerte Stein stilisieren eine Landschaft und zwei sich ergänzende Prinzipien.

So schaut der Besucher auf den Nord-West-Teil des Gartens vom westlichen Haupteingang. Hohe Hecken verhindern neugierige Blicke in das Innere, denn der Besucher soll erst zur Ruhe kommen und dann erst die Schönheit und Harmonie des Gartens mit anderen Augen betrachten. Gezackt angelegte Wege sind ein Beweis, dass japanische Gärten nicht zwingend romantischer Schlängelwege bedürfen.

Der Eingangsbereich stellt sym...
Ahorn und Stein - Yin und Jang...
Ein Zick-Zack-Weg führt auf bl...

Der Weg zum steinernen Wasserfall

Der Bodendecker Pachysandra terminalis (Ysander) säumt den südlichen Rundweg. Der Besucher geht nun auf auf einem weiten Bogen von Westen über den südlichen und östlichen Teil des Gartens auf Wanderschaft, um das Innere des Gartens zu finden, was noch einige Geduld erfordert.

Unsere Wanderung führt nun an einem stilisierten Wasserfall vorüber, und auf Trittsteinen überquert der Wanderer den sich anschließenden, stilistischen Bachlauf. Das Wasser kann im langsam dahinfließenden Strome friedfertig wirken, doch im reißenden Wasserfall wirkt es bedrohlich. Die Darstellung solcher Gegensätze, der Bedrohlichkeit und Friedfertigkeit der Natur, sind ein typisches Gestaltungsmerkmal chinesischer und japanischer Gartenanlagen.

Der Wasserfall ist im östlichen Kulturraum ein Symbol für die, auf das Lebensprinzip hinwirkende, kosmische Kraft (Reiki, Ki, Qi), die man auch mit "Lebensatem" umschreiben kann. (Zum besseren Verständnis für uns kann man diesen auch mit dem göttlichen Atem, den Adam bei seiner Erschaffung eingehaucht bekam, vergleichen.) An dieser Quelle kommt der Wanderer zuerst vorüber.

In einen Trockengarten auslaufend, endet der Wasserfall in der zentralen Hauptanlage. An seinem Fuße befindet sich eine symbolische Steinsetzung – ein kleiner Stein liegt zwischen zwei größeren – er symbolisiert einen Karpfen, der den Wasserfall überspringt.

Ein kleiner steinerner Stufenw...
Versteinert: Ein symbolischer ...
Der steinerne Wasserfall.

"Der Karpfen wird den Wasserfall überspringen und sich in einen Drachen verwandeln, der sich dann in den Himmel erhebt", sagt der Schöpfer dieses Gartens Professor Shunmyo Masuno. Das uralte Motiv aus dem Zen-Buddhismus steht für die Bewältigung eines großen Hindernisses und für Erleuchtung im Sinne einer persönlichen Erfahrung.

Anhöhe mit Aussichtspunkt

Der Weg führt den Wanderer nun in den Osten an einen erhöhten Rastplatz, wo am Rande zweier versetzter Terrassen eine Quelle entspringt und sich über einen kleinen Wasserfall in den Quellteich ergießt – die Quelle ist wohl Symbol für die aufgehende Sonne. Auf der relativ kleinen Fläche wird durch die versetzten Terrassen die Diagonale des Aussichtsplatzes betont, was diesen kleinen Raum optisch weitet. Im gewissen Sinn besitzt dieser Teil der Anlage ein strenge architektonische Gestaltung, die wir im japanischen Garten nicht vermuten – vielleicht dient sie auch hier wieder nur als Symbol.

Übrigens: In einem Garten muss nicht immer extensiv mit Wasser gestaltet werden, wie etwa mit mehr oder weniger großen Teichanlagen - weniger ist oftmals mehr!

Quelle und Wasserfall

Hier auf halbem Wege der Wanderung stößt der Besucher bereits am Quellteich das erste Mal auf das oben genannte Motiv des Karpfens, der den Wasserfall überspringt. Das Gestaltungsmotiv wird auch als "Drachentor-Wasserfall" bezeichnet.

Als Kiesterrasse angelegter Au...
Träumerisches Lichtspiel auf d...

Der Grund des glasklaren Teiches ist wunderschön mit Kieseln ausgelegt und bekommt dadurch eine interessante Textur, die mit den Spiegelungen der Wasseroberfläche spielt. Vom Rastplatz geht der Weg nun nach Norden, entlang des kleinen Bachlaufes, einem Symbol der Zeit und für den Lauf der Geschichte.

Offener Rasenplatz und Bachlauf mit Weg

Der Blick wird auf eine Rasenfläche frei, welche vielseitig genutzt werden kann, etwa für Teezeremonien unter freien Himmel. Dahinter liegt der japanische Pavillon NYO SUI TAI, der mit dem Garten YUU SUI TEI eine untrennbare Einheit bildet. Hinter dem Pavillon liegt, dem Auge genial verborgen, der Hauptgarten. Übrigens ist ein solcher Garten eng mit der japanischen Teezeremonie verbunden, denn letztlich ist der Garten auch ein vortrefflicher Ort, um diesen uralten Teekult zu zelebrieren.

Doch noch liegt der zentrale Hauptgarten in weiter Ferne – der Weg schlängelt sich entlang dem "Fluss der Zeit" dahin, und der Wanderer übt sich in Geduld und Langsamkeit – der "Entschleunigung" des Lebens – das Top-Thema vieler aktueller Buchautoren. Hier auf der spiegelbildlichen Darstellung des letzten Bildes kannst du mal deine Wahrnehmung testen. Hast du oben das Gefühl, dass der Weg in die Ferne führt, so hast du unten das Gefühl, der Weg führt auf dich zu.

Rasenplatz mit vorbeischlängel...
Optische Tricks: Ein weglaufen...
Gespiegelt: Der Weg scheint au...

Weg zum Pavillon

"Dieser Weg, der zum Pavillon (CHAYA) führt, ist reichlich lang. Dies soll die Spannung steigern und den Besuchern die Möglichkeit geben, sich innerlich zu sammeln." Scharf geschnittene Hecken, die den Weg säumen, sind ein Kontrast zu den sanften Formen und bewirken ein spannungsreiches Bild. Hinter der Heckenwand verbirgt sich ein "Garten zur Betrachtung". Der Rahmen für dieses Gartengemälde bildet im Hintergrund die Hecke und für die Rahmenwirkung sorgt die Architektur des Pavillons, der Ziel des Gartenrundweges ist.

Der Weg zum Pavillon, gesäumt ...
Rahmenwirkung: Das Fenster des...

Von dem schlichten Pavillon aus kann der Besucher den Blick auf den malerischen Betrachtungsgarten nach Norden richten. Wendet man sich nun in Richtung Süden, dann kommt man in den Hauptteil der Gartenanlage.

Der Zengarten

Das Motiv eines ebenen und eines Berggartens vereinigen sich hier im Hauptteil der Anlage. Der Trockengarten besteht aus gestampftem Lehm. Auf diesem Untergrund befindet sich eine Kiesschicht (Waschkies), die kunstvoll geharkt ist und stilistisch eine Wasserfläche darstellt.

Am Ende des Kiesgartens mündet der steinerne Wasserfall, den wir zu Beginn der Gartenwanderung am Hang überschritten haben, in einen " See" aus geharktem Kies. Dort, wo sich das "Wasser" in den ruhenden "See" ergießt, findet sich der symbolische Karpfen (aufrechter, flacher Stein), der versucht, den Wasserfall zu überspringen.

Säuberlich geharkte Kiesfläche...
Perfektion.
Blick über den Zengarten zum s...

Der Trittsteinweg

Die Trittsteine führen über das "Meer" zum Ausgang und verlangsamen das Gehen - sie symbolisieren Frieden und Eintracht. Meister Kakumyo (1271-1361) wurde von einem Mönch gefragt: "Was ist das Wesen des ZEN?" Meister Kakumyo antwortete: "Schau, wo du hintrittst". Dieses "Schau, wo du hintrittst" ist die Ermahnung, bei den sowohl körperlichen wie auch geistigen Tätigkeiten nicht nachlassende Aufmerksamkeit aufrechtzuerhalten (Erik Borja, Japanische Gärten München 2000 ISBN: 3-88472-582-3). Die "Aufmerksamkeit" ist als eine Lebenshaltung zu betrachten, die es zu erlernen gilt und hilft, im Alltag, im Hier und Jetzt den Moment der Gegenwart zu leben und nicht in Unrast zu verfallen:

Ein alter, weiser Grieche wurde einmal gefragt, warum er trotz seiner vielen Beschäftigungen immer so ausgeglichen ist, und er antwortete: "Wenn ich sitze, sitze ich - wenn ich esse, esse ich - wenn ich stehe, stehe ich - wenn ich gehe, gehe ich" - Da fielen ihm die Fragesteller ins Wort und sagten: "Das tun wir auch, aber was machst du darüber hinaus?" Er sagte wieder: "Wenn ich sitze, sitze ich - wenn ich esse, esse ich..." - "Aber das tun wir doch auch!", unterbrach man ihn wieder und er antwortete diesmal:

"Wenn ihr sitzt, dann eßt ihr schon, wenn ihr eßt, dann steht ihr schon, wenn ihr steht, dann lauft ihr schon, wenn ihr lauft, dann seid ihr schon am Ziel." Also ist der Japanische Garten ein "Lehrgarten" - für die Erlernung von Langsamkeit und Aufmerksamkeit

Und zurück führt uns der Weg zum Eingangsbereich...

Der Trittsteinweg zurück zum E...
Zurück am Torhaus.
Die Anlage wird von außen durc...
Blickdicht, aber doch grazil u...
Details: Wege wurden teilweise...
Details: Ein Weg aus großen, r...

Der Architekt

Der Schöpfer dieser wunderschönen Gartenanlage ist der Professor für Gartenarchitektur Shunmyo Masuno. Der Professor aus Yokohama ist dort Zen-Priester im Kenkohji Tempel. Die Zen-Philosophie ist die Seele des japanischen Gartens, und der Architekt schuf hier mit meisterlichen stilistischen Formen und Symbolen eine in sich geschlossene Welt der Harmonie, welche einem klaren Zweck dienlich ist: Sie ist ein Raum für Meditation und Kontemplation.

In diesem Zusammenhang habe ich den Vergleich mit einer "Freilichtkirche" in einer Beschreibung gefunden, um für unsere Kultur den Sinn und Wert einer solchen Gartenanlage zu veranschaulichen. Besser wäre für uns Europäer sicher der Vergleich mit der Freimaurerei, die vergleichbar mit Symbolen arbeitet und für ihre Anhängerschaf Räume schafft, die frei vom Lärm der Zeit gehalten werden, und wo auf ähnliche Weise - im Bilde der Wanderschaft - ein Raum mit Symbolen durchschritten wird. Auf diese Ähnlichkeiten mit der Freimaurerei, besonders aber in der Teezeremonie wies schon Marie Luise Gothen hin (Geschichte der Gartenkunst, Jena 1926):

"CHA NO YU heist wörtlich "Heiß-Wasser zum Tee" ein Wort, das durch seinen verschleiernden Ausdruck den obersten Grundsatz dieser Zeremonie: Erziehung zur Einfachheit, ausdrücken soll. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde eine, alle europäischen Begriffe übersteigende Zeremonie [und mit ihr spezielle Teegärten] erfunden, deren Studium eine Lebensaufgabe sein kann ...

... Die zeremoniellen Teegesellschaften, an denen - auch dies eine Ähnlichkeit mit der Freimaurerei - nur Männer teilnahmen, war ein Boden, wo sich gegen Ende des 15. Jahrhunderts der feudale Landadel dem, sonst mit gewisser Verachtung gemiedenen, feineren Hofadel näherte.
Die Kriegerkaste, die als Verehrerin der Strenge eher der Zen-Sekte zugewandt war (welche einfache Sitten predigte), war sehr geneigt in gleicher Weise, wie die Zen-Prister die Teezeremonie bis zum äußersten Raffinement auszuüben. Der Hofadel, der Zeremonien gewöhnt war, diese aber bisher als einen Mantel luxuriöser Lebensausschweifungen getragen hatte, war bereit, in diese Sphäre einen moralisch höheren Inhalt zu bringen ..."

Das ein traditionelles Ritual im Laufe der Zeit mit neuen, moralischen Inhalten gefüllt und zur Erziehung der Persönlichkeit genutzt wurde, findet sich auch in unserem Kulturkreis. In Europa kam es zu Beginn des 18. Jahrhunderts in England zu einer Umwandlung der alten Dom-Bauhütten, die nach und nach ihre operative Bautätigkeiten verloren und nun die alten Handwerksrituale mit neuen, moralischen Inhalten unterlegten:

Wie etwa in alter Zeit ein Maurergeselle mit bestimmten Formenritualen eine ihm fremde Bauhütte betreten musste, wo auch im kleinsten Detail jede Bewegung festgelegt war, so waren es auch die Handlungsabläufe des zeremoniellen Teetrinkens - und über diese Bewegungsabläufe eines rituellen Handelns verband man in der Folge mit jeder symbolischen Bewegung einen moralischen Gedanken ...

Fazit

Damit möchte ich sagen: beim Durchschreiten des "Gartens des zusammenfließenden Wassers" kannst du die uralte Form der Persönlichkeitsbildung wieder entdecken, die mit Symbolen, mit Stille und mit Bewegungsritualen arbeitet. Vielleicht ergeben sich daraus Ideen und Anregungen für den eigenen Garten. Du kannst für deine Lebensbewältigung eigene Symbole und eigene "Rituale" finden. Und: ich empfehle einmal wieder das Studium der alten europäischen Traditionen, die neben den modernern fernöstlichen Philosophien doch wenigstens mithalten können.

Der Marzahner Park selbst - er liegt an der Eisenacher Straße und am Blumenberger Damm - wurde 1987 mit der 750-Jahrfeier von Berlin eröffnet. Im Jahre 2000 legte man hier einen sehr schönen chinesischen Garten an, dem dann nach und nach Gärten aus allen Gegenden der Welt folgten. So beherbergt er mittlerweile neben dem eben beschriebenen japanischen einen koreanischen, einen orientalischen sowie einen balinesischen Garten. Weiterhin gibt es einen englischen Garten mit Irrgarten und einen italienischen Renaissancegarten. Außerdem gibt es hier einen Karl-Foerster-Garten, einen Duft- und Tast- und Kräutergarten, einen Rhododendronhain, einen Märchenweg und eine Findlingsgalerie... den Wassergarten habe ich noch vergessen und sicher noch manch andere Besonderheit. Auf jeden Fall muss ich sagen: ein Tag ist bei weitem zu wenig, den Park komplett zu erkunden.

Parkplätze befinden sich in unmittelbarer Nähe zum Eingang. Die Eintrittspreise sind mäßig, Imbissstände und Gastronomie sind vorhanden.