Rote Beete F1 HybrideDie meisten Sämereien für Gartengemüse sind heute F1-Hybriden
Die meisten Sämereien für Gartengemüse sind heute F1-Hybriden

Die meisten Gemüsesamen, welche wir im Handel kaufen sind als F1-Hybriden ausgezeichnet. Gleiches gilt für Produkte in der Landwirtschaft. Umgangssprachlich werden diese Saatgutzüchtungen auch als Hochzuchtsamen oder Hochzuchtsorten bezeichnet. Diesem Saatgut wird nachgesagt, dass es nicht weiter vermehrt werden kann. Demgegenüber bieten die Freunde der Permakultur und anderer alternativer und traditioneller Anbaumethoden sogenannte samenfeste oder samenechte Sämereien an. Beide Varianten sind hier erklärt, aber auch die Frage inwieweit das Wissen um diese Zuchttechniken den Kleingärtner oder Selbstversorger nützt.

Definition für F1-Hybriden

Ich nehme in diesem Falle die Definition (so wie ich verwende) der Erläuterung vorweg und diese lautet: In der Pflanzenzucht bezeichnen F1-Hybriden Abkömmlinge der ersten Generation zweier genetisch relativ verschiedener Eltern. (Die Abkömmlinge der ersten Generation weisen relativ einheitliche Sortenmerkmale auf)

F1 - Definition

Die Abkürzung F1 hat folgende Bedeutung. Das F steht für "filia", welches lateinisch so viel, wie Tochter oder auch Kind heißt. Die Ziffer 1 steht für die Generation zweier Pflanzeneltern P [1]. Vergleichsweise entsprechen die F1-Generationen unseren Söhnen und Töchtern, die F2-Generation den Enkeln, F3 den Urenkeln usw. In der Genetik (Vererbungslehre) ist es entsprechend den Beobachtungen des Augustiners Gregor Mendel (1822 – 1884) und seinen darauf aufbauenden Mendelschen Gesetzen aber so, dass in der ersten Generation zweier Eltern deren Kinder (filia F), die wir auch als Mischlinge der Eltern bezeichnen könnten, relativ gleichartige Eigenschaften besitzen und dass diese von beiden Eltern gleich gemengt sind. Vereinfacht gesagt ist es aber so, das sich dann in der nächsten Generation (F2) diese Eigenschaften plötzlich wieder aufsplitten. Beispiel: Wir haben als Eltern eine runde, rote und eine runde, gelbe Tomate. Die F1-Generation wir runde orange und in der F2-Generation haben wir rote, gelbe und orange "Enkelkinder", welche eine runde Form aufweisen.

Mendelsches Gesetz F1-Hybriden SkizzeMendelsche Bastarde (Hybriden) ab Beispiel der Kreuzung von Tomaten. P1 = Eltern [1]. F1 bis F4 sind Kinder. RR = rote, rr = gelbe, Rr = orange Früchte.

Diese Theorie funktioniert aber nur, wenn wir von dem Modell ausgehen, dass wir Eltern vor uns haben, die quasi neu geschaffen vor uns stehen. Denn wäre das nicht so, dann würden deren Eltern und "Ahnen" bedingen, dass niemals gleichartige Mischkinder entstehen. Hätten wir also bei diesen "Ahnen" der runden roten Tomate längliche Tomaten dabei gehabt, so würden diese bereits auf unserer hypothetisch konstante F1-Generation durchschlagen. Man hätte dann zumindest orange Tomaten-Kinder mit runder oder länglicher Form.

Das F1-Denkmodell funktioniert also nur, wenn wir von einem Elternpaar ausgehen, welches neu kreiert ist und wie Adam und Eva aus der Retorte kommt. Diese "Retorten-Eltern" gibt es insoweit, als dass es Individuen sind, welche genetisch relativ weit voneinander entfernt sind. Wir kennen in der Biologie zum Beispiel Gattungen, Arten, Rassen (Unterarten) und Variationen (Zuchtlinien). Diejenige welche entsprechende "genetische Entfernungen" haben und Nachkommen zeugen können, sind: die Arten (bedingt) und Rassen. In der Sortenzucht von Gemüse verwendet man überwiegend Rassen. Diese Rassen (Unterarten) schaffen die Zuchtbetriebe durch jahrelange Inzucht einer Zuchtlinie. Für einen F1-Samen werden also zwei derartige Inzucht-Paare an gesondertem Platz so lange gezüchtet, bis sie als Rasse oder Unterart ihre Bestimmung erreicht haben. Die Züchtung dieser Inzuchtlinien dauert in der Regel über 8 bis 10 Generationen/Jahre. Diese beiden, nun "reinerbigen" (homozygoten) Pflanzeneltern werden dann zusammengebracht. Diese bestäuben sich (begierig nach neuer DNA) und bilden Samen aus, der dann genetisch die erwünschte F1-Generation in sich trägt. Dieser Samen der Elternpflanzen ist bereits ein neues, in sich verkapseltes, Pflanzenindividuum und ist deshalb für sich bereits diese F1-Generation.

Hybriden

Diese Begrifflichkeit hat nicht immer etwas mit der vorangestellt erklärten F1-Generation zu tun. Die Bezeichnung Hybride ist im Gartenbau auch nicht immer dem Sinn nach gleich im Gebrauch. Der aus dem griechischen kommende Begriff hýbris wird zunächst mit unehelich, zügellos übersetzt. Eine andere Bedeutung ist ein Wesen mit zweierlei Geschlecht. Bei den Gärtnern oder Tierzüchtern sind Hybriden Kreuzungen (Kreuzungsprodukte) zweier sehr unterschiedlicher Eltern. Die "Kinder" dieser Kreuzungen können jedoch ihre Fruchtbarkeit verlieren. Das bekannteste Beispiel hierfür ist die Mischung von Pferd und Esel, also Pferdestute und Eselhengst, deren Fohlen ein Maultier ist. Diesen Umstand hat der Volksmund meist im Sinne, wenn er vom Bastard spricht. Der Züchter oder Gärtner spricht zwar (im Anklang an den Maultier-Bastard) vom Hybrid, Hybriden, Bastard, Blendling oder Mischling, doch meint er damit nicht unbedingt unfruchtbare Abkömmlinge zweier Pflanzeneltern, sondern nur die F1-Generation (Kinder) zweier sehr unterschiedlicher Eltern. Doch Blendlinge/Hybriden sind auch irgendwelche Zufallskreuzungen und Mischpopulationen, wie sie in der Natur hin und wieder auftauchen. Manche Hybriden sind durchaus fruchtbar, auch aus dem Grunde, weil die Übergänge von Arten, Rassen, Varietäten und Sorten sehr fließend sind. Fließend in den Übergängen sind in der Praxis ganz sicher auch die Begrifflichkeiten wie Hybrid, Bastard, Blendling und Mischling. Vielleicht ist das auch so gewollt. Erwähnen möchte ich der Vollständigkeit wegen noch die Begrifflichkeiten der Linien-, Sorten- (Doppel-) oder Sortenlinienhybriden (Dreiweghybride). Oben beschrieben sind die Linienhybriden (auch Einfachhybriden genannt), aus denen Sorten entstehen in welche dann wieder Linien (Varietäten) eingekreuzt werden können usw.

Fazit

Mit F1-Hybriden lassen sich besonders im industriellen Gartenbau und in den entsprechenden Landwirtschaftsbetrieben weitgehend gleichartige Nutzpflanzen anbauen (Massenanbau), die der nötigen technischen Verarbeitung (Ernte, Transport, Lagerung, Verarbeitung) gerecht wird. Im Kleingartenbereich kann der Käufer der F1-Samen genau mit denjenigen Sorteneigenschaften rechnen, welche der Hersteller oder Händler beschrieben hat. Über die Funktion dieses Systems wachen in den jeweiligen Ländern Agenturen und Ämter. In der Bundesrepublik Deutschland ist dies das Bundessortenamt auf Grundlage des Saatgutgesetzes von 1997 – SaatG 1997. Vorläufer ist das Pflanzenzuchtgesetz von 1937 und das Saatgutgesetz von 1937. Am 6. Mai 2013 stellten Lobbyisten über die Europäische Kommission eine "EU-Saatgutverordnung" vor, welche die Regulierung und Kontrolle der Sortenzucht europaweit zentralisieren sollte und scheiterte vorerst mit diesem Vorhaben.

Kürbis in der F2-GeneartionDas sind Abkömmlinge der F3-Generation von einem typischen Helloween-Kürbis.

Der Privatmann darf und kann bei uns (noch) für eigene Zwecke Samen, von den im eigenen Garten kultivierten F1-Hybriden gewinnen und wieder aussäen. Diese Abkömmlinge sind dann genau genommen F3-Pflanzen und splitten und mischen sich wieder uneinheitlich in Formen und Eigenschaften ihrer Eltern, die dann wiederum weiter vermehrt werden können und in der Regel sehr variantenreich ausfallen. Bei extrem hochgezüchteten Nutzpflanzen, aber auch bei extrem langen Zuchtlinien, können sich auch unfruchtbare (taube) Samen ausbilden.

Definition für samenfesten Samen (z.B. Gemüsesamen)

Aus dem oben gesagten, lässt sich sich nun das samenfeste Saatgut recht einfach definieren. Es ist dies das fruchtbare Saatgut von Nachkommen bestimmter Pflanzenvariationen (Varietäten), welche vom Züchter, Gärtner oder gärtnerischen Eigenversorger über einen längeren Zeitraum ausgelesen wurden. Der Begriff hierfür ist die Auslesezüchtung. Die Nachkommen jener Auslesen (Populationen) weisen jedoch immer kleinere Veränderlichkeiten im Aussehen und in den Pflanzeneigenschaften aus. Diese Zuchtlinien werden, wenn sie in einer größeren Region verwendet und weiter gezüchtet werden, auch Landsorten oder Regionalsortengenannt. Das Thema dieser einfachen Zuchtform der Auslese habe ich unter der Überschrift "Alte Gemüsesorten selber züchten und vermarkten" weiter ausgeführt. Wichtig!Durch welche Fehler oder Falschbegriffe auch immer bewirkt, ist der Umstand eingetreten, dass die oben beschrieben Regional- oder Landsorten, die ja im eigentlichen Sinne keine Sorten sind, sondern meistens nur Zuchtlinen, welche zum individuellen Weiterzüchten bestimmt sind, trotzdem als Sorten geführt werden So fallen sie dann unter die Saatgutgesetze. (Bitte verlinkten Beitrag lesen)

Auslesezüchtung

Die eigene Samenvermehrung und eigene Auslesezüchtung ist relativ einfach. Mit ihr gewinnen wir samenfeste Sämereien. Man entnimmt zum Beispiel von einer Tomate mit bestem Geschmack die Kerne und sät sie im folgenden Jahr wieder aus. Dieses Prinzip der Auslese wird dann ständig wiederholt und man hat auf diesem Wege bald eine neue und gut schmeckende Regionalsorte geschaffen.

 Paprika Landsorten IdPaprika Landsorten

Da es immer wieder zu Fremdbestäubungen kommt und die Sämereien der Eigenversorger immer wieder hin und her getauscht werden, entstehen so nur selten Inzuchtlinien. Möglich sind diese aber, und möglich sind dadurch auch Probleme mit der Keimfähigkeit der Samen. Werden Kulturpflanzen zudem noch parallel vegetativ vermehrt (z.B. durch Teilung, Nebenzwiebeln), dann können diese Abkömmlinge die Fähigkeit Samen zu bilden fast völlig verlieren, wie es etwa mit der Inkawurzel (Yacon) und teilweise mit dem Knoblauch geschehen ist.

Die Kreuzung einer Landsorte mit einer Linienhybride (sieh oben) bezeichnet man als Topcrosshybride.

Hinweise und Literatur:

  • [1] P1 = 1. Parentalgeneration (von parentes = Eltern)
  • Friedrich Koch; Das mendelsche Gestz für Züchter und Naturfreunde dargestellt; Leipzig 1934; aus diesem Heft stammt auch die Bildquelle Skizze/oben