Der "New German Style" ist tatsächlich nicht die PR-Idee bunter Designermagazine, sondern ursprünglich die begriffliche Würdigung neuer deutscher Gärten durch britische Gartengestalter, die sich bereits seit den 90er Jahren in Deutschland nach gestalterischen Innovationen umschauten und bemerkten, dass es seit dieser Zeit zahlreiche frische Ideen in der hiesigen Gartengestaltung gibt. Es mag auch eher so gewesen sein, dass in jenen Jahren in privaten und öffentlichen Anlagen viele neue Gärten und Grünanalgen anlegt wurden, weil die entsprechenden Auftraggeber begannen, für solche Projekte mehr Geld auszugeben. So war die Aufmerksamkeit also auf Deutschland gelenkt und man beobachtete interessiert, was da vielerorts neu entstand.
Auf jeden Fall scheint gesichert, dass die gärtenliebenden Briten die Begrifflichkeit des "New German Style" schon eine Weile verwendeten, bis man sich etwa ab den 2010er Jahren auch in Deutschland in den Fachkreisen dieser Begrifflichkeit bediente. So brachte Mascha Schacht 2012 den Bildband "Gartengestaltung mit Stauden – von Foerster bis New German Style" heraus; und Georg Möller/Gary Rogers 2015 den Titel "New German Style: Gartendesign - naturnah und pflegeleicht".
Der Autor selber hatte 2009 eine Bilderserie mit "Rechberghausener Gartenstil" (nicht mehr online) bezeichnet und veröffentlicht (Gartenausstellung in Rechberghausen 2009), der eine Spielform dieser neuen Gartenideen darstellte und das Selbe mit anderem Namen benannte.
Die Bezeichnung "New" mag zunächst etwas sonderbar erscheinen, weil die verschiedenen Autoren das Design auf Staudengärtner und Gestalter ableiten, die gar nicht mehr so sehr im öffentlichen Bewusstsein stehen wie beispielsweise Karl Foerster (1874–1970), Richard Hansen (1912–2001) und Rosemarie Weise (1928–2002). Diese und viele andere haben tatsächlich ein Ideen-Fundament gelegt, doch nach den Beobachtungen des Autors ist es eine neue Generation von Gärtnern, Landschaftsbauern, Planern, Künstlern, Förderer aus den Ländern und Auftraggebern, welche in einer Art von Eruption diesen New German Style zur Jahrtausendwende schufen.
Definition
Was beschreibt nun dieser Gartenstil? Im engeren Sinne geht es beim New German Style um Staudenpflanzungen, welche die jeweilige Gestaltung prägen. In diesem Zusammenhang fallen Begriffe, wie:
- "naturnah und pflegeleicht" – Umgesetzt wird das Prinzip der standortgerechten Pflanzung von Gartenpflanzen, und da ganz besonders von Stauden, welche wiederum pflegeleichte Anlagen ergeben (Richard Hansen "Die Stauden und ihre Lebensbereiche")
- "robust" – Verwendung robuster Stauden und Pflanzen statt empfindlicher Exoten. (Trockenstauden, Präriegärten, Schottergärten)
- "ökologisch" – Dort, wo es möglich ist.
- "entspannt" – Die Natur gestalten lassen.
Gestalterisch setzt man auf die Massenwirkung von wenigen Stauden und Pflanzen und besonders auf die entsprechende Wirkung der Blüten. Tatsächlich geht die Idee auf Karl Foerster zurück, der das so formulierte: "Alle Blütenpflanzen müssen in genügender Zahl gepflanzt sein. Die schönsten Blumen bringt man durch zu kleine oder zu große Mengen um ihr Bestes. Die Gefahren eines Zuviel sind aber viel geringer und seltener."
siehe auch: vom Verflattern der Blütenwirkung.
Das Prinzip der Menge bezieht sich aber nicht nur auch die Blütenfarbe. Heute verwendet man im New German Style dafür auch bestimmte Formen von Blüten (Gräser, Zierlauch). Auf jeden Fall wird viel gepflanzt zur Freude der Staudengärtner. Allerdings hüte man sich bei Massenpflanzungen von Stauden, wuchtige Pflanzentypen zu verwenden; so entstehen statisch bedrückende Ansichten. Je massiger, um so leichter und beschwingter sollte die Physiognomie der Pflanzenmaterialien sein, oder man setzt ihnen filigrane Pflanzentypen als Kontrast entgegen.
Der Stil mag am Anfang nur das Wesen von Staudenrabatten beschrieben haben. Die Briten interessierten sich dafür im Zusammenhang mit der Gestaltung ihrer Cottagegärten. Mit ihrer legendären Gartengestalterin und Malerin Gertrude Jekyll (1843–1932) gab es auch schon durch sie ähnliche Ambitionen. Und natürlich dürfen wir uns in der Gartengestaltung mit dem Gewicht nicht nur auf einzelne Gestaltungselemente konzentrieren. Die Staudenrabatten müssen in ein Gesamtkonzept eingebunden sein, das eine gewisse optische Spannung erzeugt. In den Cottagegärten ließ man Gartenblumen verwildern und sich üppig ausbreiten, doch man brachte sie auch immer in Bezug zur Architektur, wie beispielsweise zum Cottage, zu gepflasterten Wegen, zu geschnittenen Hecken, zu Mauern usw.
Hat man wenige Architekturelemente, die man als Kontrapunkt der Üppigkeit natürlich wirkender Pflanzungen entgegensetzen kann, etwa in Parkanlagen, so können beispielsweise Skulpturen einen vergleichbaren Effekt erzielen. Das war übrigens auch die Besonderheit der gestalteten Anlagen auf der oben erwähnten Gartenausstellung in Rechberghausen im Jahr 2009. Weitflächigen präriestaudenartigen Bepflanzungen, die für sich zwar schön anzusehen sind, würde es an optischer Spannung fehlen, wenn sie nur reine Natur darstellten. So gaben Glasstelen und Schattenskulpturen des Künstlers Stefan Sczesnys der ganzen Anlage ein außergewöhnliches Flair der Leichtigkeit. Dort hätte man den New German Style auch als einen Stil der Unbefangenheit und Leichtigkeit definieren können.
Pflegeleicht?
Da im New German Style viel mit Stauden und Blumenrasen gestaltet wird, hat man pflegevereinfachte Gärten. Allerdings trifft diese Pflegeleichtigkeit nur zu, wenn das Pflanzenmaterial genaustens mit den Boden- und Standortverhältnissen abgestimmt und wenn bei den Arbeiten auf die akribische Entfernung von Wurzelunkräutern geachtet wurde. Staudengärten sind nicht immer pflegeleicht, nur mögen sich hier die Pflegearbeiten im Vergleich zu anderen Gärten auf andere Monate verlagern.
[TJ.11.16] I Bild & Text Thomas Jacob, 20.03.2016
Quellen:
—
http://www.fr-online.de/leben/der-new-german-garden-style-begeistert-sogar-die-englaender,27392206,27134010.html
—
Video-Notiz: Vordenker für das neue Design leisteten Gartengestalter des 20. Jahrhunderts und besonders der berühmte Staudenzüchter Karl Foerster, dessen Privatgarten heute in Potsdam-Bornin für die Öffentlichkeit zugänglich ist. Im Video sehen wir die 2010 verstorbene Tochter Foersters im Garten ihres Vaters. (Video derzeit nicht online)