Stabtomaten mit zwei TriebenSo macht es der Autor, drei Stangen bilden eine solide Stütze für zwei Triebe
So macht es der Autor, drei Stangen bilden eine solide Stütze für zwei Triebe

Stabtomaten werden heute in der Regel mit einem Trieb gezogen, den man an einem etwa 1,2 Meter hohen, fest eingesteckten Stab anbindet. Bei dieser Art der Kultur werden alle sich bildende Seitentriebe ausgschnitten. Diese Anbaumethode ist aber nur ein von mehreren Möglichkeiten, denn schon immer hat man die Tomaten auch mit zwei oder drei Trieben gezogen, besonders dort, wo die Kultur in Form eins Spaliers erfolgen konnte. Diese Form war ursprünglich in den Hausgärten die vorgezogene Art der Kultivierung, da man diese Paradeiser, oder Liebesäpfel, wie man sie auch nannte, auch als Ziergemüse gesehen wurde. Befindet sich solche ein Spalier an einer Südwand, dann hat diese Lage natürlich auch noch den Vorteil, dass dort die Pflanzen während Regenperioden trocken bleiben und nicht so schnell die gefürchtete Kraut- und Braunfäule erleiden, wie auf dem offen gelegenen Beet.

Warum mehrtriebig ziehen?

Tomatenpflanzen sind von Natur aus mehrtriebig und buschig wachsende Pflanzen und so gibt es auch ein breites Sortenspektrum an sogenannten Buschtomaten. Einige dieser Formen bilden recht stabile, bis 1,2 Meter hohe und breite Büsche aus. Diese stehen den wilden Formen recht nahe. Viele der großfrüchtigen und ertragreichen Edelsorten wachsen mehr in Bodennähe, aber auch buschartig. Letztere kultiviert man auf einem flachen Erddamm, den die Pflanzen dann überspinnen. Letztere Sorten sind in der Regel die, welche im größeren Maßstabe in südlichen Ländern landwirtschaftlich auf Feldern angebaut werden.

Spaliertomate und TomatenstaemmchenDarstellungen aus einem Gartenbuch von 1879. Spalier und Tomatenstämmchen. [1]

In Gewächshäusern, in kleineren Gartenbaubetrieben und im Kleingarten werden die sogenannten Stabtomaten meist aus Platzgründen an Stäben oder Schnüren gezogen. Auch dort, wo das Klima für den Tomatenanbau eigentlich schon zu kühl und zu nass ist, bringen die Pflanzen an Stäben oder Spalieren noch recht gute Erträge.
Nun könnte man zwar ohne weiteres eine Tomate, die an einem Stab gepflanzt ist, zweitriebig ziehen, und wir könnten diese Triebe an dem einen Stab befestigen, doch dann steht dort das Laub zu dicht. Die zu dicht stehenden Blätter der Pflanzen verhindern jedoch das rasche Abtrocknen derselben nach dem Regen, was wiederum der Kraut- und Braunfäule (Phytophthora infestans, Pilz) starken Vorschub leistet. Einzig aus diesem Grunde wird am Pfahl nur ein einziger Trieb nach oben gezogen und angebunden. Trotzdem haben die Pflanzen von Natur aus eine unbändiges Verlangen kräftige Nebentriebe zu bilden. Das ist vor allem Anfang Juni der Fall und bei den Stabtomaten müssen wir dann ständig diese Seitentriebe ausschneiden (geizen). Es stellt sich nun aber die Frage, ob die Pflanzen nicht stark darunter leiden, dass sich sich im Juni nicht so entfalten können, wie sie gern möchten. Bekannt ist die Tatsache, dass die verschiedenen Gartengewächse durch solche Situationen sogenannten Pflanzenstress bekommen können und dass dieser wiederum die Tomaten anfällig für den Phytophthora-Befall anfällig machen können. Das ist die Theorie.

Wie es der Autor macht – zwei Triebe anbinden

Der Autor hat dieses Problem im Zusammenhang mit einer weiteren Problematik folgendermaßen gelöst. Tomatenpflanze mit zwei Trieben. Hier die resistente Sorte 'Black Plum' [2] Weitgehend resistente und samenfeste Sorte 'Black Plum'Eine andere mögliche Ursache für den Pilzbefall der Tomatenpflanzen, ist die, dass die ausgewachsenen Pflanzen an der Stäben zu locker angebunden sind und diese dann durch die Windbewegung arg leiden. Recht oft sind es aber auch die Stäbe selber, welche sich in der Erde lockeren und dann recht unschön bei Windböen hin und her taumeln, was für die Pflanzengesundheit nicht gut sein kann. So ist der Autor dazu übergegangen, drei Stäbe zeltartig zusammenzubinden und an diese, jedem Sturm trotzende Rankhilfe, eine Tomate zu setzen. Da der Aufwand für das aufziehen eines einzigen Triebes dann aber doch recht hoch ist, wird ein zweiter Nebenast gelassen, der sich im Juni schnell entwickelt. Er wird ebenfalls nach oben gezogen, hat aber um vieles mehr Luft, als wenn nur eine Stange vorhanden wäre. Man sollte aber alle Blätter, welche in das Innere dieses Stangen-Zeltes wachsen, abschneiden und besonders im Juni die Ranken wöchentlich kontrollieren, fest anbinden und Seitentriebe entfernen. Dadurch bekommt diese zweitriebige Stabtomate einen kräftigen Doppelstamm und gesunden Wuchs, bleibt aber trotzdem in der Gänze recht transparent. Es versteht sich von selber, dass jede so gezogene Pflanze relativ frei stehen muss, damit sie gut durchlüftet werden kann und alle Teile ordentlich Sonne abbekommen. Besonders günstig sind Standorte, welche zeitig von der Morgensonne beschienen werden, denn dann trocknet der nächtliche Tau rasch ab. Diesbezüglich muss man seinen Garten schon ganz gut kennen, und gut beobachten, um zu wissen in welchen Wochen wo die Sonne morgens hin scheint.

Beim Anbau mit zwei Trieben, sind die Abstände der Pflanzen untereinander im Freiland 100 Zentimeter und als Spaliertomate an der Wand 60 bis 70 Zentimeter.

Die Vorteile

Der Hauptvorteil bei der oben beschriebenen Anbaumethode ist der, dass man weniger Pflanzen braucht. Zwar werden im Selbstversorgungsanbau die nötigen Jungpflanzen selber gezogen und verursachen keine direkten Kosten, doch der Platz für die Aussaat und die getopften Jungpflanzen ist oft begrenzt. So ist es entspannter, wenn man weniger pflanzt und dafür nur die allerbesten und kräftigsten Jungpflanzen wählen kann. Ein zweiter Vorteil ist der, dass die Pflanzabstände groß sind. Das ist eine wichtige Grundlage, wenn man den Mischkulturanbau praktizieren möchte. Zur Mischkultur eigenen sich Schnittsellerie, Dill und vor allem Lauchzwiebeln. Pflanzen wir die Stabtomaten enger, so bringt der ganze Vorteil der Mischkultur gar nichts. Das ist übrigens auch bei vielen anderen Kulturen der Fall. [TJ.11.3] Zählpixel I


[1] Rümpler, Theodor; Illustrierte Gemüse- und Obstgärtnerei (Bearbeitete Auflage); Verlag von Wiegand , Hempel & Parey; Berlin 1879 – die Bilder zeigen die damaligen Zuchtziele für den Nutzgarten. Links ist ein "steifstängliger" Liebesapfel abgebildet, der vermutlich eine Zwergform ist und als Tomatenstämmchen gezogen wird. Rechts ist ein typisches kleines Spalier zu sehen, an welches eine früher "Zwerg-Liebsapfel" mit vier Trieben zu sehen ist. Natürlich kannte man damals auch schon die eintriebigen Stabtomaten als gängige Kultur. Die abgebildeten Zwergfomen leben heutzutage als "Balkontomaten" wieder auf, für welche diese Ideen (Stämmchen und Spalier) durchaus eine Anbaumöglichkeit darstellen.

[2] Die alte samenfeste und freie Sorte 'Black Plum'.