Stängelkohl, Cima di Rapa1) Nicht nur die Blüten, auch die zarten Stängel und Blätter sind essbar.
1) Nicht nur die Blüten, auch die zarten Stängel und Blätter sind essbar.

Dieses Kohlgemüse hat veschiedene Namen wie beispielsweise Stängel- oder Knospenkohl, Wild- oder Herbstbrokkoli, Cima di Rapa oder auch Italienischer Brokkoli. Die letzte Bezeichnung zeigt uns gleichzeitig an, woher dieses hochinteressante mediterrane Gemüse stammt. Merkwürdigerweise will es jedoch in den Kleingärten unserer Breiten nicht so recht Fuß fassen, denn es ist bei uns leider kaum bekannt, geschweige denn, dass es angebaut wird. Nicht einmal in den Supermärkten zählt es zum gängigen Sortiment. Der folgende Beitrag über den Anbau und die Verwendung als auch über das Einfügen in andere Selbstversorgergemüse als Mischkultur, wird den Stängelkohl hoffentlich auch hier zu einem beliebten Gemüse machen.

Vorweg muss erwähnt sein, dass der Italienische Brokkoli in seiner Nennheimat ganzjährig kultiviert wird. Je nach Jahreszeit hat man dafür auch entsprechende Sorten zur Verfügung. In den kühleren Regionen nördlich der Alpen scheint es jedoch so zu sein (jedenfalls vorerst), dass nur der Spätanbau gelingt. Das ist leider so gut wie gar nicht bekannt, und so wird das Gemüse hier und da versuchsweise im März, April, Mai oder auch Juni ausgesät, doch stets mit eher bescheidenem Erfolg. Aus diesem Grunde habe ich dem Gemüse den, aus diesem Grund auch besser passenden, deutschen Namen gegeben. Die Bezeichnung Herbstbrokkoli gibt dem Gartenfreund den Hinweis, dass er dieses Gemüse gar nicht erst im Frühanbau zu probieren braucht. Der Herbstanbau mit Aussaat von Anfang bis Mitte August gelingt hingegen immer. Dazu aber unten mehr.
Der frühe sowie der Sommeranbau kann allerdings eine Alternative sein, um Beetflächen, welche im Halbschatten liegen, zu bestellen. Denn der Knospenkohl zählt zu den wenigen Gemüsen, welche auch im leicht überschatteten Nutzgarten angebaut werden können.

Stängelkohl Blüte2) die essbaren Blüten des Stängelkohls

Botanik und Besonderheiten

Der Stängelkohl (Brassica rapa var. cymosa) ist, wie der botanische Name ausweist, eine Varietät der Rübse (Brassica rapa) und gehört in die Pflanzenfamilie der Kreuzblütler (Brassicaceae). Die Namensgebung der Varietät cymosa leitet sich von cymósus ab, was eine Trugdolde bezeichnet. Wie Spross- und Blumenkohl, Romanesco und des Weiteren der Brokkoli bildet Brassica rapa var. cymosa geschlossene, vielästige Blütenstände aus, die wir doldenartig nennen können. Auf jeden Fall sind diese brokkoliähnlichen Blütenköpfe die Besonderheit dieser Pflanze, indem sie sich im Unterschied zu den anderen Blütenkohlgemüsen in "rasender Geschwindigkeit" ausbilden. Bei der Aussaat in der ersten Jahreshälfte kommt es nun sehr schnell dazu, dass das Zeitfenster für die Ernte sehr kurz ist und die Gewächse schon recht bald nach dem Ausbilden der Dolde ihre gelben Blüten öffnen und dann auch zügig Samenschoten ausbilden. Wer das Gemüse in einem Kleingarten hat, dem er nur am Wochenende einen Besuch abstatten kann, der hat dann leider oft das Nachsehen, weil die Pflanzen innerhalb weniger Tage bereits geschossen sind. Von der Aussaat bis zur ersten Ernte vergehen nur 45 bis 50 Tage. Damit kann sich der Stängelkohl durchaus mit der Kulturzeit der Radieschen (7 Wochen) messen. Bei der Aussaat im August braucht es auf Grund der abnehmenden Tageslichtzeiten allerdings etwas länger, etwa 60 Tage (8 Wochen).

Anbau

Wie bereits gesagt, favorisiere ich beim Knospenkohl den Herbstanbau und dafür die Direktsaat auf das Beet, also ohne einer Vorkultur von Jungpflanzen. Um reichlich Samen zur Verfügung zu haben – und den brauchen wir – sollte Ende April / Anfang Mai eine breitwürfige Aussaat auf einer kleinen Beetfläche von etwa 60 x 60 Zentimeter erfolgen. Durch sein schnelles Wachstum, kann bereits im Juni reichlich Samen geerntet werden. (Anleitung dazu siehe unten)

Boden, Bodenvorbereitung – Aussaat im August

Der Stängelkohl kann auf jedem guten Gartenboden kultiviert werden. Jedoch sollte zuvor auf dem Beet kein Kohlgemüse angebaut worden sein. In der Regel können das abgeräumte Beete von Frühkartoffeln, Erbsen, Erdbeeren, Gartensalaten sowie Knoblauch, Zwiebeln und ähnlichen Frühsommergemüsen sein. Ich grabe das Land in meinem Nutzgarten für die zweite Bestellung nicht um, aber ich lockere es tiefgründig mit dem Spaten. Das Beet kann vor der Aussaat eine organische Düngung mit Stallmist bekommen und/oder ebenso einen Jaucheguss, denn dann werden die Pflanzen kräftiger und die Bodenorganismen bekommen ebenfalls frische Nahrung.
Wer seinen Garten alternativ (Permakultur) bestellt, der kann (wenn genügend Zeit ist) vor der Aussaat das vorzubereitende Beet oberflächlich ganz flach umgraben (schälen). Auf diese Weise kommen oberflächliche Unkrautsamen – nachher flach unter der Erde gelegen – zum Keimen. Wird dann direkt vor der Aussaat das Beet noch einmal gründlich gehackt, werden diese frisch aufgegangenen Kräuter sehr gut beseitigt bezeihungsweise am Weiterwachsen gehindert. Ein Permakulturgarten muss nicht immer ein Unkrautgarten sein.

Italienischer Brokkoli Saat3) frisch aufgegangener Herbstbrokkoli

Auf die freigewordene und, wie eben beschrieben, vorbereitete Fläche säe ich Anfang August reichlich Samen breitwürfig aus. Das Saatgut habe ich mir in der ersten Jahreshälfte selber gezogen (dazu unten mehr Infos). Durch diese breitwürfige Aussaat mit der anschließenden flächigen Begrünung der Beetflächen gibt es in meinem Garten kein offenes Brachland, und der Stängelkohl, welchen ich dadurch überreich anbaue, dient neben der Verwendung in der Küche auch als Kleintierfutter (auch für die Hühner geeignet!) und als Gründüngung der Beete. Vor allem beschatten die Blätter im Spätsommer den Gartengrund, verbessern dadurch die Bodengare enorm und ersetzen so das Mulchen der Beete. Die aufgehende Saat kann natürlich ausgelichtet werden, sodass die einzelnen Pflanzen einen Abstand von 15 Zentimetern oder gar 20 Zentimetern bekommen. Ein größerer Abstand bedingt kräftigere Pflanzen mit größeren Blüten. Wurde vor der Aussaat wie oben beschrieben das Unkraut bekämpft, so sind zwischen Saat und Ernte keine weiteren Pflegemaßnahmen nötig. Gießen erübrigt sich in der späten Kulturzeit.

Cima di Rapa Herbstanbau4) Junge Blätter und Triebe können für die Küche geschnitten werden, und nun bilden sich auch schon die ersten Blütensprossen.

Ernte

Die Erntezeit ist der Spätherbst. Ist der Winter jedoch mild, dann bildet das Kraut auch noch im Winter Brokkoliblümchen und etwas frisches Grün aus. Der Stängelkohl ist im späten Anbau entsprechend dieser Jahreszeit ein sehr ergiebiges Gemüse. Wir können von der aufgegangenen Saat bereits junge Blätter ernten und sie kleingeschnitten, wie Schnittlauch verwenden. Im Winter, wenn man nicht mehr so wählerisch ist, nehmen wir dazu auch ältere Blätter. Untergemengt in Kartoffelpüree ist das eine Delikatesse. Haben sich die Brokkoliblüten ausgebildet, so schneiden wir sie gut zwei bis fünf Zentimeter unter diesen ab – je nachdem, wie weich die Stängel noch sind. Auch den Teil der jungen Blätter, welche sich an den geschnittenen Blütensprossen befinden, belassen wir. Das Gemüse sollte möglichst frisch in der Küche verarbeitet werden, doch eingeschlagen in feuchtes Zeitungspapier hält es sich im Kühlschrank notfalls auch eine Woche lang frisch.

Mischkultur

Eine Mischkultur kann mit möglichst winterharten Herbstrübchen erfolgen, denn wenn bei stärkerer Kälte der Stängelkohl abstirbt, so tut das das Herbstrübchen nicht und schützt bis ins Frühjahr hinein mit seinem Laub den Boden. Schnellwüchsige Rübchen, wie die 'Ulmer Ochsenhörner' werden mit der nicht zu späten Augustsaat zudem noch erntereif. Um im Winter mehr oder weniger dicht begrünte Beete zu haben, können wir auch Kopfsalat (die härteren Sorten nennt man Wintersalat) locker zwischen den Italienischen Brokkoli säen. Allgemein ist dies ein guter winterlicher Bodendecker und vertreibt die den Kohl angreifenden Erdflöhe (Psylliodes). Im Frühling können die überwinterten Salatpflanzen umgesetzt werden oder man belässt sie am Standort und entfernt das Rübenkraut. Die durch den Winter abgehärteten Salatpflanzen gedeihen im Freiland dann meist besser, als die Vorkultivierten aus dem Gewächshaus.

Saatgut reichlich selber vermehren

Die oben beschriebene Anbauanleitung hat einen scheinbaren Nachteil, denn es braucht für die eher extensive Kultur einiges an Saatgut. Dieses ist jedoch sehr leicht selber herzustellen. Du kaufst zuerst im zeitigen Frühjahr eine kleine Samentüte bei einem Onlineanbieter. Den Samen säst anschließend nicht zu dicht auf eine Beetfläche von 50 x 50 Zentimeter. Schon nach einer Woche sind die ersten jungen Pflänzchen zu sehen, welche zwei Monate später blühen und dann alsbald reichlich Samenschoten ausbilden. Bald haben diese im Inneren kleine runde schwarze Körnchen und vielleicht platzen auch schon erste Schoten auf. Dann werden alsbald bei trockenem Wetter die Samenstände vorsichtig abgeschnitten und in einen Eimer oder in eine größere Schüssel gelegt, damit sie dort noch eine Woche lang nachreifen. Ist das geschehen, werden die Samen ausgerieben, aufgefangen, in eine Tüte abgefüllt und diese beschriftet. Das Saatgut ist gut fünf Jahre lang keimfähig und bereits im ersten Jahr einsatzfähig, das es im Juli geerntet wird.

Krankheiten, Schädlinge

Der hier vorgeschlagene Spätanbau hat den Vorteil, dass die Pflanzen in dieser kurzen Kulturzeit und in den kühleren Tagen kaum von Schädlingen (Kohlfliege) und Krankheiten befallen werden. Bei der vorgeschlagenen Mischkultur mit Wintersalat haben auch die lästigen Erdflöhe keine Chance, weil sie die Gegenwart von Salat überhaupt nicht mögen.

Verwendung in der Küche

Cima di rapa heißt so viel, wie "Wipfel der Rübe", also Rübenkraut – und ist wohl am nächsten mit dem rheinländischen Rübstiel verwand. Junge Blätter beider Arten können ähnlich verwendet werden. Oben im Abschnitt "Ernte" erwähnte ich bereits Verwertungsmöglichkeiten junger Blätter und Triebe. Die Blütenköpfchen, weichen Stängelteile und jungen Blätter werden in der Regel vor der weiteren Zubereitung blanchiert, was den recht markanten Geschmack etwas fortnimmt. Das vorbehandelte Gemüse wird dann mit grob zerkleinerten Knoblauchzehen in reichlich Olivenöl nicht zu heiß angebraten und zu Pastagerichten serviert. So ein Menü erinnert dann etwas an deutsche Krautnudeln.

Stängelkohl, KnospenkohlEin rustikales Gemüse mit rustikalem Geschmack.

Geschmack

Abschließend will ich noch versuchen den Geschmack des Stängelkohls zu beschreiben, was etwas schwierig ist. Das Gemüse hat eine tiefer liegende Geschmacksnote, welche an Brokkoli erinnert, doch darüber liegt ein etwas bitterliches Aroma, was an den Genuss von rohem Weißkohl erinnert, doch ist es einer stärkeren kühlen Schärfe. Aus diesem Grunde würde ich diesen mediterranen Kohl mehr zu den Würzgemüsen zählen. Man isst es nicht in großen Mengen und nicht jeden Tag. In Abständen genossen zählt es zu den rauen Delikatessen, welche heutzutage gerne probiert werden. Passend dazu sind auch Reis und Fisch – und experimentelle Menüs.

[TJ.18.12] Zählpixel I ©Bildrechte und Text: Thomas Jacob, 16.11.2017