Wer einen Naturgarten anlegen möchte, der sollte zuerst nach einem interessanten Motiv suchen. Die Suche wird häufig in der Natur begonnen. Wo sonst, es soll ja ein Garten werden. Doch wenn die Frage, welches malerische Bild für das eigene Projekt übernommen werden kann, beantwortet ist, muss noch lange nicht klar sein, ob das gewählte Thema sich auch so umsetzen lässt, dass es überhaupt ansprechend ist. Beispiele für die Gartengestaltung aus der Natur zu entnehmen ist deshalb schwierig, weil dann nicht selten versucht wird, Landschaften im Kleinen nachzubilden. Der Garten ist aber keine Miniaturlandschaft. Genau genommen ist er ein Menschenbauwerk. Will man das völlig negieren, wird man gestalterischen Schiffbruch erleiden.
Schon die alten Gartengestalter forderten Authentizität umzusetzen, aber auch “die Natur zu steigern”. Und so wird dies gemacht:
Kontraste wirken lassen
An vielerlei Beispielen habe ich aufgezeigt, dass beeindruckende Naturmotive und -ansichten von der Kontrastwirkung leben, etwa wenn wir harte Felsen sehen, die von weichem Moos oder Gras eingesponnen sind. Diesen Gestaltungskontrast kann man durchaus auf die Spitze treiben und erhält dabei sehr romantische Anlagen. Ein Beispiel dafür sind die japanische Teegärten, welche auf der einen Seite ein Flair von Düsternis verbreiten, deren andere Seite aber von lieblichen und heiteren Szenen bestimmt wird. Das obige Bildbeispiel ist eine solche Vorlage. Die heftigen Kontrapunkte suggerieren sowohl Düsternis doch auch Schutz und Stille. Das Motiv des ruhigen Wasserlaufes kann im Garten auch der Weg übernehmen. Im nächsten Bild ist die Schlucht als malerischer Gartenteil aufgegriffen.
Bei der Nachbildung von Naturmotiven geht man in den fernöstlichen Gärten oft sogar so weit, dass man dem Natürlichen das Werk des Menschen zur Seite stellt. Das kann eine einzige Steinlaterne oder ein Schrein sein, der in scheinbar unberührter Landschaft steht und auf die Anwesenheit des Menschen weist. In unserer Kultur ist das mit dem Wege- oder Feldkreuz vergleichbar, und es darf durchaus auch in den Garten übernommen werden.
Interessanterweise wirken in den chinesischen Gärten Landschaftsnachbildungen um so echter und romantischer, je überhöhter sie gestaltet werden, wie beispielsweise in Verbindung mit der Architekturen gebracht werden. Man hat dort auf die beschriebene Weise Motive wie Fels und Schluchten, fließendes und ruhendes Wasser, Bambushaine, Einsiedlerhütten in Urlandschaften usw. thematisiert.
Solche und ähnliche Themen kann man in der Landschaft finden und auf die oben geschilderte Art auf den Naturgarten übertragen. Der zweite Leitfaden ist aber der:
Natur-Echt gestalten
Wenn es um Naturgärten geht, blättere ich gern in der Literatur eines Gartengestalters, der sich eingehend mit dieser Thematik beschäftigt hat. Willy Lange (1864-1941) der Garteninspektor in Berlin Dahlem und ein Verfechter von naturnahen Gärten war, achtete peinlich genau auf Details. So beispielsweise, dass bei der Pflanzung von Bäumen in einer größeren Anlage die verschiedenen Baumgenerationen sichtbar werden oder ein Teich in einer flacher Umgebung nur eine einfache, runde Form bekommt oder die Pflanzen, die in ihrer Umgebung ihre ganz eigene Physiognomie besitzen, auch nur entsprechend dieser verwendet werden.
Ein weiterer Punkt idealisierter Natürlichkeit ist etwa das Fehlen einer so genannten Randpflanzung zwischen Weg und Baumbestand, denn die "Unterpflanzung" größerer Gehölzgruppen geht in die Pflanzung hinein und durchdringt sie.