Kamelie Pillnitz
1) Die über 230 Jahre alte Camellia japonica, Stammform vieler heutiger Sorten.

Es gibt einige botanische Sehenswürdigkeiten, die jeder Gartenfreund einmal gesehen haben sollte. Eine davon ist die älteste Kamelie, welche nördlich der Alpen zu finden ist. Sie steht weder in einem Pflanzkübel, noch in einem Gewächshaus, sondern frei und gut zugänglich im Schlosspark Pillnitz in Dresden.

Wer plant, die wunderschöne und idyllisch gelegene sächsische Landeshauptstadt zu besuchen, sollte auch einen Abstecher nach Pillnitz in das Ausflugsprogramm aufnehmen, idealerweise natürlich zur Kamelienblüte. Aber auch zu anderen Zeiten ist der Park am ehemalige Lustschloss August des Starken immer einen Besuch wert.
Weiter unten finden sich noch weitere Empfehlungen für Tagesausflüge zu botanischen Besonderheiten in der Dresdner Umgebung.

Kamelienhaus im Schlosspark Pillnitz

Wenn ich eingangs erwähnte, dass diese alte Kamelie nicht in einem Gewächshaus steht, so ist das nur die halbe Wahrheit. Da Kamelien bekanntlich keinen dauerhaften starken Frost vertragen, so bekommt der zu neun Metern Höhe und elf Metern Breite herangewachsene Kamelienbaum über die Wintermonate einen temporären, gläsernen Schutz.

Ein riesiges Glashaus, das über eine Schienenkonstruktion herangefahren wird, schützt die Pflanze in der kalte Jahreszeit vor Frost. Das jetzige Glashaus, wie es im Bild 2) zu sehen ist, stammt aus dem Jahre 1992 und löste eine Vorgängerkonstruktion ab. Im Sommer und ganz besonders zur Blütezeit, ist das Gewächs hingegen weithin sichtbar.

Den immergrünen, aber nicht winterharten Blütenstrauch pflanzte 1801 der Gärtnergehilfen Carl Adolph Terscheck (1782-1869) [1] an Ort und Stelle aus. Damals war dieses Exemplar, das vermutlich Ende der 1780er Jahre vermehrt wurde, schon fast 15 Jahre alt. Die Mutterpflanze der Pillnitzer Kamelie hatte wahrscheinlich der schwedische Botaniker Thunberg 1776 von einer Japanreise nach England mitgebracht [2]. Dann wäre das hiesige Exemplar demnach fast zeitgleich von London nach Sachsen gekommen.

Die von Anfang an im Freiland stehende Kamelien wurde über den Winter zunächst nur mit Stroh geschützt. Allerdings liegt Pillnitz in einem der wintermildesten Gegenden Sachsens. Trotzdem ist ein ausreichender Frostschutz bei empfindlichen Pflanzen wichtig, denn man konnte sich, damals wie heute, nicht auf milde Winter verlassen.

2) Das Kamelienhaus im Schlosspark Pillnitz.

Ich erinnere nur an die arktischen Wochen, die wir 2009 im Dresdner Raum erlebten. Nachts sanken die Temperaturen auf unter -21°C. Damals versagten zahlreich Dieselfahrzeuge in den Morgenstunden des 7. und 8. Januars, weil viele Diesel-PKW nicht für eine solche Kälte ausgelegt sind. Am 15. März 2013 hatten wir im Elbtal ebenfalls -24°C Kälte. Ich erwähne diese Extremwinter mit Vorsatz, denn in einer ähnlichen Situation gab es im Zusammenhang mit der Kamelie in Pillnitz ein nennenswertes Ereignis. 

Die Pillnitzer Kamelie3) Durch eine Leiternkonstruktion kann die Kamelie auch von oben (hier 6m) betrachtet werden.

Reichte zu Beginn ein Frostschutz aus Stroh, baute man für eine bessere Überwinterung und mit zunehmender Größe der Kamelie bereits im 19. Jahrhundert ein hölzernes beheizbares Schutzhaus für die Pflanze. Im Jahre 1905 jedoch – da war die Pillnitzer Kamelie schon 100 Jahre alt – brannte die Schutzhütte im Winter nieder. 

Das Unglück wurde verstärkt durch frostige Temperaturen, die wie 2009 um die -20°C lagen. Es geschah aber ein kleines Wunder, was uns die botanische Besonderheit bis heute erhalten hat. Durch das Löschwasser bildete sich um Stamm und Zweige des Kamelienbaumes eine schützende Eisschicht und das Gehölz überlebte so zuerst die Hitze des Brandes und anschließenden den beißenden Frost.

Frostharte Kamelien

Kamelien gelten ja, wie bereits gesagt, als nicht frosthart. Züchter versuchten und versuchen sich aber daran, neue winterharte Kamelien-Sorten, die ins Freiland gepflanzt werden können und keinen Winterschutz benötigen, zu züchten, und seit 2010 gibt es sie auch im Handel. Sie wurden aus der Art Camellia japonica gezüchtet, die sowohl im Frühling, im Herbst als auch im Winter blühen.

Eine dieser ersten Sorten ist Camellia japonica mit dem vielversprechenden Namen 'Ice Angels' (Eisengel). Nach meinen Erkenntnissen haben sie sich aber noch nicht so durchsetzen können, wie das früher beispielsweise bei Rhododendren und Azaleen der Fall war. Diese wurden im 19. Jahrhundert ebenfalls hier in Sachsen von dem berühmten Baumschulgärtner Hermann Seidel (1833 – 1896) winterfest gezüchtet und stehen als Freilandgehölze heute in fast jedem Hausgarten.

Wann blüht die Pillnitzer Kamelie?

Wer langfristig einen Ausflug zur Kamelie im Schlosspark plant, der sollte die Zeit der Blüte wählen, die mit einem beeindruckenden Naturschauspiel aufwartet. Ziemlich sicher ist das jedes Jahr von Mitte März bis Mitte April zu erwarten.

Doch es gibt noch eine weitere, nicht minder beeindruckende aber weniger bekannte botanische Besonderheit im Park Pillnitz zu sehen. Wer die Anlage zu einer Zeit durchstreift, in der die leider nur kurze Krokusblüte zu erwarten ist, der sollte im vorderen, nahe der Straße liegenden Bereich schauen. Dort befindet sich eine große Krokuswiese, die sich im Vorfrühling mit dem Crocus tommasinianus (Elfenkrokus) schmückt und wunderschön anzuschauen ist.

Kann man die Abkömmlinge der Sorte kaufen?

Ja, man kann sie kaufen. Im Pillnitzer Park werden Setzlinge angeboten, die von der dortigen Mutterpflanze stammen. Allerdings sind sie häufig schnell wieder ausverkauft. Eine zweite Verkaufsmöglichkeit bietet sich im Landschloss Zuschendorf (siehe unten). Sicher wird man die Sorte auch online kaufen können, man verwechsle sie aber nicht mit der halb gefüllten Sorte Camellia japonica 'Schloss Pillnitz' welche ähnlich ist, aber nach meinen Recherchen nicht die gleiche.

Kameliensorte in Pillnitz mit ungefüllten roten Blüten4) Die Kamelie in Pillnitz ist eine ungefüllte Sorte, dafür aber über und über mit Blüten bestückt.

Die Kamelie in Pillnitz ist ungefüllt, denn damals gab es wohl kaum die weiter gezüchteten, mehrblättrigen Varianten. Eine der ersten gefülltblühenden Sorten in Europa war zum Beispiel die weiße Camellia japonica 'Alba Plena'. Eine dieser weiß blühenden Sorten befindet sich mit einem ähnlich alten Exemplar (über 200 Jahre alt!) in Rosswein (Sachsen), worüber ich einen Beitrag geschrieben und ein kleines Video verfasst habe.
Nachdem wir heute die dicht gefüllten Sorten im Übermaß haben, zieht es doch einige der Pflanzenliebhaber wieder zurück zu den einfachen Formen.

Weitere Sehenswürdigkeiten im Umland

Ausflugsziele gibt es in Dresden und Umgebung natürlich die Menge und ich kann hier nur einige wenige Empfehlungen geben, die aber für alle Garten- und Naturfreunde von besonderem Interesse sein könnten.

Landschloss Zuschendorf (Pirna)

Wer Kamelienliebhaber ist, der sollte unter keinen Umständen versäumen, einen Abstecher nach Zuschendorf bei Pirna zu machen. Mit dem Auto benötigt man etwa 15 bis 20 Minuten Fahrzeit. Im Landschloss Zuschendorf und in dessen Gelände befindet sich eine der schönsten Kamelienausstellungen Deutschlands und Europas. Die Zeit der Blüte, die jedes Jahr mit einer besonderen, themenbezogenen Ausstellung kombiniert wird, lockt stets zwischen Mitte März und Mitte April viele Besucher an. 

Kamelien-Ausstellung am Landschloss Pirna-Zuschendorf5) Kamelien-Gewächshäuser am Landschloss Pirna-Zuschendorf

Aber auch zu anderen Zeiten ist das Schloss und der Park sehenswert. Die historischen Gewächshäuser wurden liebevoll gestaltet, wie das Bild 5) dokumentiert, und laden zum Verweilen ein. Und neben den etlichen Kameliengewächshäusern befindet sich auch ein kleines japanisches Tee-Gärtchen mit dem Hinweis auf die japanische Kultur. Denn Kamelien sind ja bekanntlich die "Rosen der Japaner". Im Jahreslauf haben für die Japaner die Kamelienblüten die gleiche Bedeutsamkeit, wie die Kirschblüte des Frühlings. In Zuschendorf ist die Kamelienausstellung ganz im Sinne dieser japanischen Tradition mit fernöstlicher Gartengestaltung verbunden.

Rundwanderwege

Pillnitz steht auch für Weinbau und liegt inmitten von Weinbergen. Wer Zeit für einen kleinen Rundwanderweg hat, der kann vom Schlosspark aus starten und zur nicht weit entfernt stehenden Weinbergkirche laufen. Der Rückweg über den Weinberg bietet einen herrlichen Blick über das Elbtal und Dresden.
Ein weniger anstrengender Weg führt an der Elbe flussabwärts zur malerischen Kirche "Maria am Wasser" in Dresden Hosterwitz mit ihrem kleinen, aber sehenswerten, historischen Kirchhof.

Hosterwitzer Kirchhof6) Der Kirchhof in Hosterwitz an der Hochzeitskirche Maria am Wasser

Die sogenannte Schifferkirche, was sie gar nicht ist (aber eine beliebte Hochzeitskirche), ist von einem wunderschönen kleinen Kirchhof umgeben, wo romantischen Efeugräber, alte Lebensbäume und Sandsteingrabmale den Blick zur langsam dahinfließenden Elbe rahmen. Das Bild 6) will ein klein wenig darauf neugierig machen. Es ist ein wirklich romantischer Ort, an dem ich sechs Jahre lang als Friedhofsmeister tätig war.

Und noch eine dritte Kirche ist nicht weit entfernt und fußläufig in 10 bis 15 Minuten zu erreichen. Es handelt sich um die katholische Kapelle "Maria am Wege" in Hosterwitz (Dresdner Straße 149). Nicht weit entfernt, auf der Dresdner Straße 44, befindet sich zudem ein Carl-Maria-von-Weber-Museum.

Pillnitzer Schloss an der Elbe7) Das Schloss Pillnitz an der Elbe zwischen Pirna und Dresden.

Wer mit kleinen Kindern unterwegs ist, wird in der Nähe des Parkes wohl nur wenig Spektakuläres, für das man Kinder begeistern könnte, finden, doch bereits der Pfad direkt an der Elbe (ca. 15 Minuten flussabwärts, beginnt bereits im Park) bis zur Autofähre, ist eine Abwechsung für Kinder. Dort angelangt, ist eine Überfahrt immer ein Erlebnis.

Aber auch die Anlegestelle für Elbdampfer, die sich vom Schloss Pillnitz aus flussaufwärts befindet, ist sehenswert, besonders wenn die großen Dampfer anlegen. Und von hier aus kann man den Tagesausflug zur Pillnitzer Kamelie durchaus mit einer Dampferfahrt Richtung Pirna und Elbsandsteingebirge oder Richtung Dresden/Zentrum und Meißen kombinieren.


[1] Terscheck wurde später vom sächsischen König zum Hofgärtner ernannt.

[2] Thunberg brachte wohl mehrere verschiedene Stecklinge oder Pflanzen mit. Das heute in London vorhandene, historisch verifizierte Pflanzenmaterial ist mit dem sächsischen nicht identisch.

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