frisch geerntete KartoffelnEine ideale Kultur für Selbstversorger
Eine ideale Kultur für Selbstversorger

Die Kartoffel (Solanum tuberosum) ist eine unserer ertragreichsten Kulturen. Im Feldbau erntet man von ihr bis an die fünf Kilo pro Quadratmeter. Damit mag sie zwar nicht absolut die höchsten Kilo-Erträge (und Kalorien-Erträge) [1] bringen, doch ist die unkomplizierte und sehr einfache Lagerung ein großer Vorteil, weil damit wenig Verlust bei Lagerung und auch im Handel entsteht. Das lässt auch viele der Selbstversorger aufhorchen und es kommt immer wieder die Frage auf, ob sich neben den Frühkartoffeln auch die späten Sorten der Lagerkartoffeln im Garten anbauen lassen. Prinzipiell ist das möglich, doch gibt es auch vielerlei Hindernisse, die den Anbau uneffektiv machen. Darüber möchte ich hier in diesem Beitrag berichten.

Kartoffelanbau im Garten

Einleitend ist zur Kultur von Speisekartoffeln zu bemerken, dass die viel verwendete Knolle oft und gern im Garten angebaut wird, ungeachtet der Tatsache, dass (abgesehen von Beiträgen im Internet) der gärtnerische Kartoffelanbau in der Literatur relativ selten ein Thema ist. Nach meinen Recherchen ist der Grund dafür, dass in der Gartenbau-Literatur, welche den Gemüsebau zum Thema hat, ironischerweise den Kartoffelanbau auslässt, weil die Kartoffel erstens kein Gemüse ist (wie die Erdbeere auch) und zweitens weil deren Kultur Thema der Landwirtschaftliche Fachliteratur ist. So meint man es jedenfalls ganz offensichtlich und so steht der Kleingärtner, von Fachliteratur und Gartenbau-Instituten ein wenig verlassen da. Was nun den Anbau der Frühkartoffel betrifft (es sind Sorten mit 60 bis 90 Tagen Reifezeit) mag es schon einige Anbauanleitungen geben, doch für den Anbau der späten Lagersorten finden wir keine. Diesbezüglich wird in der Literatur darauf verwiesen, dass dies Feldkulturen sind und für den Garten nur die Frühkartoffel geeignet ist. Zudem deckt der Frühkartoffelanbau einen großen Anteil des Jahresbedarfs bereits ab. Das ist so schon richtig argumentiert, doch eben nicht ganz.

Schwierigkeiten beim Anbau der Lagerkartoffeln im Garten

Wenn wir uns für den Lagerkartoffelanbau im Garten und vor allem für den Anbau im Kleingarten interessieren, so ist es zunächst ganz wichtig über die Probleme bescheid zu wissen, welche dabei auf uns zukommen. Ein sehr wichtiger Aspekt ist der, dass die Spätsorten der Kartoffel lange im Boden ausreifen müssen. Je nach Sorte sind das 100 bis 180 Tage. In dieser Zeit kann es jedoch besonders im Umfeld von Gärten (etwa durch Tomaten) schnell zu einer Pilzinfektion des Laubes kommen. Damit ist das Knollenwachstum dann aber auch beendet und wir haben keinen nennenswert höheren Erträge, als bei den Frühkartoffeln. Die bekommen zwar auch recht oft die Krautfäule, doch erst dann, wenn die Knollen ohnehin erntereif sind. Wer also Lagerkartoffeln ernten möchte, kommt nicht drumherum Fungizide zu spritzen. Es ist schon so, dass ein offenes, luftig gelegenes Feld für den Anbau besser geeignet ist, als ein umschlossener Garten.
Übrigens: Was die Problematik der Krautfäule betrifft, gilt in gleicher Weise für die Knollenfäule. Diese wird durch den gleichen Schadpilz namens Phytophthora infestans
verursacht und in feuchten Wetterperioden auftritt.
Ein weiteres Manko ist das hohe Laub der Knollengewächse. Bleiben die Frühsorten relativ niedrig, bäumt sich das Blattwerk der Spätkartoffel zunächst über einen Meter hoch auf, um dann recht schnell auf die Seite zu kippen. Bei platz-beengten Verhältnissen im Gemüsegarten werden Nachbarkulturen einerseits durch die Beschattung beeinträchtigt und andererseits durch die auseinanderfallende Belaubung.
Beide, oben genannten Probleme, sind in größeren Nutzgärten weniger ein Problem, als in kleinen Gemüsegärten. Für denjenigen, der einen großen, feldartig angelegten Garten hat bietet sich die Kultur der Lagerkartoffel selbstredend an. Allerdings ist dann, wiederum (durch das lange Verweilen der Knollen im Boden) die Gefahr groß, dass Schädlinge, wie die gefürchteten Drahtwürmer, die für sie hergerichtet Bühne betreten. Kartoffelkäfer und Schnecken tun ihr übrigens, doch die größten Schäden verursachen tatsächlich die Drahtwürmer. Das sind Larven der Schnellkäfer (Agriotes spp.). Die effektivste Art, diese Krabbeltiere zu bekämpfen ist es, vom Herbst an Hühner auf den zukünftigen Kartoffelacker zu lassen. Sie entfernen die Schädlinge und düngen dabei den Boden. Vor allem liefert der Hühnerkot auch Kalium, ein Pflanzennährstoff, der für die Kartoffeln ganz wichtig ist. Die ausreichende Versorgung mit Kalium ist deshalb wichtig, weil sie die sogenannte Schwarzfleckigkeit der Kartoffelknollen verhindert.
Es ist also einige zu beachten und wenn alle Parameter stimmen, dann könnte der Anbau doch gelingen, vor allem dann, wenn wir eine Kartoffelsorte wählen, die mit 120 oder noch besser mit 110 Tagen Reifezeit als gut lagerfähig gilt.

späte Kartoffelsorte zur EinlagerungDie ertragreiche, mittelfrühe 'Laura'.

Kartoffeln mit 110 Tagen Reifezeit, die sich gut lagern lassen [2]

Laura – niederländische Sorte, die oft schon nach 100 Tagen reift! (Bild oben), die Kartoffel ist oval bis lang, hat eine glatte rote Schale und gelbe Fleischfarbe sowie eine mehlige aber feste Konsistenz, der Geschmack ist angenehm mild
Agata – französische Sorte mit gelbfleischigen, ovalen Knollen
Innovator – niederländische Sorte mit weißem Fleisch und langen, ovalen Knollen, die sich gut für Pommes Frites eignet und eine gute Lagerfähigkeit aufweist.
Marabel – britische Sorte mit gelbfleischigen, ovalen Knollen und guter Resistenz gegen Krankheiten, die sich gut für Kartoffelpüree und Bratkartoffeln eignet 
Melody – niederländische Sorte mit gelbfleischigen, runden Knollen

Kartoffeln mit 120 Tagen Reifezeit, die sich gut lagern lassen [2]

Adretta – deutsche Sorte mit gelbfleischigen Knollen und guter Lagerfähigkeit.
Agria – ungarische Sorte mit gelbfleischigen Knollen und hoher Resistenz gegen Krankheiten, die sich gut für die Verarbeitung zu Pommes Frites und Chips eignet.
Granola – französische Sorte mit gelbfleischigen Knollen und guter Lagerfähigkeit.
Victoria – niederländische Sorte mit weißem Fleisch und guter Resistenz gegen Krankheiten und Schädlinge. 

Meine praktizierte Methode: 

Man suche zunächst nach mittelfrühen Kartoffelsorten. In diesem Punkt hat die Literatur schon recht, denn Herbstkartoffeln sind das nicht. Doch viele der mittelfrühen Kartoffelsorten (Reife im August) eignen sich zur Kellerlagerung bis zum Juni, wo es schon wieder die ersten sehr frühen Kartoffelernten gibt.
Warum der Anbau von späten Kartoffelsorten im Kleingarten nicht empfohlen wird wurde oben bereits erwähnt. Das liegt daran, dass das Kartoffelkraut der späten Sorten meist über einen Meter hoch wird. Wenn dann andere Gemüsekulturen unmittelbar daneben stehen, dann werden sie extrem bedrängt. Aus diesem Grund ist es wichtig, beispielsweise erst zwei Reihen Frühkartoffeln zu pflanzen (diese werden nur 60 cm hoch) und dann etwa vier Reihen spät reifende Kartoffeln. Danach schließen sich wieder zwei Reihen Frühkartoffeln an und bilden den Abschluss zu den weiteren Gartenbeeten.
Der Abstand der einzelnen Reihen sollte bei frühen Sorten bei 60 Zentimeter und bei späten Kartoffelsorten zwischen 70 und 75 Zentimeter liegen. Der Pflanzenabstand jeweils bei 30 bis 35 Zentimeter.
Sind im Juli dann alle Frühkartoffeln geerntet, ist es leicht möglich, das hohe, überhängende Kraut der verbleibenden Spätkultur mithilfe von Längsstangen anzubinden, sodass die Nachbarbeete erneut bestellt werden können.
Sonst ist nicht viel anderes, als beim Frühkartoffelanbau zu beachten. Nur lohnt es viel mehr, bei den Spätsorten den Boden zuvor mit Stalldung gut aufzuarbeiten. Für den Anbau im Hausgarten werden die Pflanzkartoffeln zweckmäßigerweise vorgekeimt, ebenso, wie das beim Pflanzgut der frühen Sorten erforderlich ist.
Willst du eine ordentliche Ernte einfahren, dann müssen die Kartoffeln in der frühen Wachstumsphase zusätzlich mit Stickstoff gedüngt werden. Wenn du ausreichend Stalldung eingearbeitet hast, dann dürfte dies reichen. Hast du keine natürlichen Dünger, dann bleibt dir nichts anderes übrig, als auf Kunstdünger zurückzugreifen. Ganz ohne Düngung lohnt der Kartoffelanbau auf den paar Quadratmetern Gartenland allerdings wirklich nicht.

Kartoffeln anbauenLinks Frühkartoffeln - rechts Spätkartoffeln.

Nachkultur

Als Nachkultur pflanze ich im September auf die abgeernteten Beete vorgezogenen Wintersalat, oder ich säe Spinat aus, der dann im Frühjahr schnell erntereif ist. Eine weitere Möglichkeit besteht, auf der Fläche Winter-Steckzwiebeln und Frühlings- bzw. Lauchzwiebeln zu pflanzen, Knoblauch oder Elefanten-Knoblauch. All die genannten Kulturen überwintern und werden in der nächsten Vegetationsperiode erntereif.


[1] Die Kartoffel wird im Ertrag beispielsweise von der Möhre und von der Zuckerrübe weit übertroffen. Von Letzterer holen die Landwirte ca. 8 kg/m² vom Acker.
[2] Die Lagerfähigkeit von Kartoffeln hängt jedoch nicht nur von der Sorte ab, sondern auch von den Anbaubedingungen, der Erntezeit und der Lagerungstemperatur. Die ideale Lagerungstemperatur liegt zwischen 4–8°C bei einer hohen Luftfeuchtigkeit von 85–90 Prozent. [TJ.6.14] Zählpixel