Wer die Berge und Wälder, und da ganz besonders den Nadelwald liebt, der möchte nicht selten auch in seinem Grundstück etwas von diesem Flair einfangen. Was man beachten muss, wenn man selber einen Waldgarten anlegen und gestalten will, das erfährst du hier. Ich selber habe ein kleines Waldgärtchen, welches tatsächlich recht romantisch ist, aber auch nicht ganz problemlos. Es gibt drei Umstände, die man vor dem Anlegen wissen sollte. Dabei handelt es sich um Eigenschaften, die Nadelbäume im Laufe ihres Lebens entwickeln, und die beim Pflanzen der kleinen Bäumchen anfangs nicht ersichtlich sind.
Tannen, Fichten, Kiefern - welche Probleme können entstehen?
Wer an einen Waldgarten denkt, hat zuerst die markanten Nadelgehölze vor Augen. Die Tanne ist bekanntlich der Deutschen liebster Nadelbaum, und das nicht nur als gefälltes Exemplar in der weihnachtlichen Stube. So manche Konifere im Vorgarten, die einmal für die Weihnachtsbeleuchtung gepflanzt wurde, hat längst ihre optimale Vorgartengröße verlassen und ist, wenn sie nicht auf häßliche Art und Weise ihrer Spitze beraubt wurde, zum Baumriesen durchgewachsen.
Ist der Termin für eine Fällung in der Jugend der Konifere verpasst worden, kann sie im Alter zum Problem werden und das sowohl behördlicher als auch finanzieller Art. Deshalb sollten wir uns vor der Anschaffung unbedingt über die Wuchseigenschaften der von uns gewählten Nadelbäume informieren. Es kann nämlich durchaus passieren, dass Bäume, die mehrere Jahr moderat und langsam gewachsen sind und lange eine von uns tolerierte Größe haben, nach ca. zehn Jahren anfangen in die Höhe zu schießen und nicht selten einen Zuwachs von gut 1,5 Metern im Jahr haben können.
Hauptsächlich wer ein Grundstück in einer Tallage hat, der sollte wissen, dass Tannen, Fichten und Kiefern dort besonders schnell und hoch wachsen, weil sie aus dem Tal heraus zum Licht streben. In der Natur kann man das gut beobachten, denn Bäume in einem engen Tal werden gut doppelt so hoch, wie in einer Ebene und dreimal so hoch, wie auf einem Berggipfel. Diese Talsituation kann aber auch in flacher, stark und hoch bebauter Umgebung entstehen, wenn eine von Natur aus starkwüchsige Konifere im Schlagschatten eines hohen Gebäudes steht.
Deshalb ist es wichtig, zu wissen, dass die Pflanzung von Nadelbäumen früher oder später mit deren Fällung einhergeht und zwischendurch unter Umständen ein Entfernen der unteren Äste (auflichten, aufputzen) nötig sein kann. Dieses Auflichten ist besonders wichtig, wenn unter den Bäumen etwas wachsen soll, also Bodendecker, Farne und Stauden eine Chance haben sollen. Außerden entsteht auf diese Weise eine Raumwirkung, die bei der Gestaltung unserer Anlage duchaus wünschenswert ist.
Die zweite Schwierigkeit, die uns Nadelbäume in Wohngärten bereiten können, ist ihr Harzfluss. Der kann mehr oder weniger stark sein, ist in jedem Fall aber unangenehm, wenn sich die klebrige Masse an allen unter den Bäumen befindlichen Gegenständen befindet oder an den Schuhen mit ins Haus gebracht wird. Noch ärgerlicher wird es, wenn das Harz auf abgestellte Autos oder auf Gartenmöbel tropft. Aus diesem Grunde sollten Sitzecken in diesem Umfeld immer eine Überdachung haben. Mein Tipp hierzu, stelle die Gartenstühle und -tische in eine Art Wanderhütte, wie sie an vielen Wanderwegen zu finden sind. Sie sind zu einem Attribut des Waldes geworden und passen als Gestaltungsmotiv hervorragend in unser Projekt.
Ein drittes Problem kann entstehen, wenn wir sehr flach wurzelnde Großgehölze gepflanzt haben, und da vor allem die Rotfichte. Zwischen ihren Wurzeln gedeiht kaum ein anderes Gewächs, obgleich eine Unterpflanzung mit gut gewählten, robusten Pflanzenarten nicht unmöglich ist. Deshalb muss vor der Auswahl sowohl der Gehölze als auch der Unterpflanzung die Verträglichkeit miteinander geprüft werden.
Und nicht zuletzt ist es der Schattenwurf eines Nadelbaumes, der Beachtung finden sollte. Es ist schon ein großer Unterschied, ob ich alte Rotfichten und Tannen mit dichten Ästen im Garten stehen habe, oder ob es lichte Kiefern sind. Letztere haben zudem Pfahlwurzeln, die andere Gewächse weniger beeinträchtigen. Unter ihnen kannst du ziemlich problemlos zum Beispiel Rhododendron und Gartenazaleen als Unterholz pflanzen. Fichten hingegen erlauben nur sehr robuste Bodendecker.
Übrigens: Der Gedanke, der dem Waldgarten zugrunde liegt, baut auf den idealisierten Nadelwald auf. Meist genügt es schon, mit wenigen Bäumen den Wald anzudeuten. Und er lässt sich auch mit schwächer wachsenden Arten realisieren. So kann es beispielsweise die schwachwüchsige Latschenkiefer (Pinus mugo) statt der starkwüchsigen gemeinen Kiefer (Pinus sylvestris) sein.
Was wächst unter Fichten?
Der Standort unter alten Fichten ist fast immer sehr trocken. Robuste Farne lassen sich aber auch hier ansiedeln. Das müssen keineswegs Exoten sein. Der gewöhnliche Wurmfarn (Dryopteris filix-mas, der häufigste Wald- und Rosettenfarn) tut es auch, besonders in kleineren Gärten. Etwas höher wächst der Trichterfarn (Matteuccia struthiopteris, Strauß- oder Straußenfarn). Ziemlich flach hingegen bleibt der Waldmeister (Galium odoratum, das ist der für Waldmeisterbowle). Er ist ein typischer Fichtenwald-Bodendecker. Auch Bergenien, die immergrünen Stauden vertragen Trockenheit und Schatten.
Ein sehr robuster Bodendecker ist die Golderdbeere (Waldsteinia geoides), das ist quasi der große Bruder der Teppich-Goldbeere (Waldsteinia ternata). Beide sind wunderschöne Bodendecker. Letztere ist nur etwas trockenheitsempfindlich. Ein weiterer wunderschöner, blau blühender Bodendecker soll zum Schluss genannt sein. Es ist das Wald-Vergissmeinnicht (Omphalodes verna) mit einer himmelblauen Frühjahrsblüte.
Weitere Unterpflanzungen
Für weniger schwierige Standorte, welche auch eine gewisse Grundfeuchte aufweisen, habe ich bereits unter dem Titel "Blühende Stauden im Schatten" Bepflanzungsvorschläge gemacht. Aber auch die Rhododendren und Azaleen sollen an dieser Stelle noch einmal genannt werden, da sie einen gestalteten Waldgarten bereichern. Wald- und Rhododendrongarten (s. Bild 4) sind aufs Engste miteinander verwandt. Neben Gehölzen und Einzelstauden prägen besonders die Bodendecker das Bild. Sie durchdringen die Fläche und verschmelzen die unterschiedlichen Gestaltungselemente im Garten zu einem ruhigen Gesamtbild. Sie sind nach den Großgehölzen von höchster Wichtigkeit.
Moos?
Dass mit sehr wenigen gestalterischen Mitteln große Wirkungen erreicht werden können, das zeigen uns die japanischen Moosgärten. Dieser besondere Effekt entsteht, weil der Boden in diesen Anlagen von nur einer einzigen Moosart bedeckt ist. Das sollte wir für unser Projekt übernehmen. Bestehen vor allem die Bodendecker aus nur einer einzigen Art und Sorte, so erhalten wir malerische Effekte, denn weniger ist mehr.
Gartenhain von Birken und Konstrastwirkung
Dieses "weniger ist mehr" trifft auch auf die Großgehölze zu. Wenn wir mit nur einer einzigen Baumart eine hainartige Bepflanzung vornehmen, so hat das einen kolossalen Gestaltungseffekt, es entsteht ein romantischer Gartenhain.
Das Foto 6) zeigt uns, dass dafür nicht zwangsweise Koniferen zum Einsatz kommen müssen. Beispielsweise Birken eignen sich hervorragend, zumal von ihnen überschattete Bereiche auch immer heiter aussehen. Übrigens: Ein Hain ist ein Stück Kulturlandschaft, der durch die jahrhundertelange Beweidung eines Waldes entstanden ist. Die Weidetiere fraßen alle niederen Pflanzen und ließen einen offenen, lichten Wald zurück. Starben dann die alten Bäume nach einer weiteren langen Zeit ab, immer in Verbindung mit dauerhafter Weidenutzung, gab es keinen Baumnachwuchs, und es entstand eine Heidelandschaft. Beide Gestaltungselemente, also Hain und Heide, können im Garten thematisch Eingang finden.
Kontraste setzen
Eine andere Möglichkeit, einer Waldgartenanlage ein freundliches Aussehen zu geben, ist das Gestaltungsmotiv einer Lichtung. Ihr Gegensatz zu düsteren Gartenteilen bewirkt ein Spiel der Kontraste, das die Anlage insgesamt eindrucks- und wirkungsvoller macht. Alle Kontrastwirkungen, das betone ich immer wieder, sind das Salz in der Suppe einer anspruchsvollen Gartengestaltung. Die Darstellung einer bewaldeten Gartenpassage allein bringt keinerlei optische Spannung, und es fehlen Akzente. Eine weitere Möglichkeit bewußter Gegensatzdarstellungen ist, in die Natur architektonische Elemente einzufügen. Das kann im einfachsten Falle ein Gartenhaus (Bild 1) oder ein Pavillon (Bild 7) sein, der eingefügt wird und aus dem Stück Wildnis einen besonderen Ort macht.
Gartenpfade
Im Waldgarten wünscht man ja immer den Eindruck einer möglichst unberührten Natur. Andererseits sollte man der Landschaft immer auch architektonische Elemente entgegensetzen, um Spannung zu erzeugen. Ein altes romantisches Motiv der Gartenarchitekten ist es aber auch, darzustellen, wie sich die Natur das Menschenwerk zurückerobert. In der Zeit der Romantik tat man das zum Beispiel, in dem man eigens gebaute Ruinen in die Parkanlage stellte. In einen kleinen Garten kann man mit einem schmalen, fast zugewachsenen Pfad den Gartenweg, der ja auch ein Bauwerk des Menschen ist, als Gestaltungsidee einbringen.
Zuletzt sei noch auf die speziellen japanischen Gärten hingewiesen, welche für die Teezeremonie angelegt werden. Diese symbolisieren mit stilistischen Mitteln einen von Wind und Wetterunbilden gezeichneten Wald mit Hütte in Meeresnähe. Bei diesen kannst du dir Anregungen holen, wie man mit Andeutungen romantische Stimmungen erzeugen kann.
Eine weitere Auseinandersetzung mit dem Thema kann der Waldgarten in der Permakultur sein. Hierbei werden im Ökosystem Wald Nutzpflanzen angebaut. Funktionierende Waldgärten sind aus den Tropen bekannt. Für unsere Breiten muss das System aber etwas modifiziert werden, weil auf Grund der geringeren Sonneneinstrahlung die Konkurrenz um das Licht (wichtige Komponente des Pflanzenwachstums) in unseren Wäldern um vieles größer ist, als in Ländern nahe des Äquators.