Mit der genaueren Beschreibung der wichtigsten Zwiebel- und Lauchgemüse wurde mir bald klar, dass bezüglich der Namen und allgemein vermuteten botanischen Zuordnung ein heilloses Durcheinander herrscht. Da das Entwirren der vielen kleinen Missverständnisse in den einzelnen Beiträgen nicht immer möglich ist, möchte ich das hier an zentraler Stelle einmal versuchen. Dabei genügt es aber nicht, allein die botanische Zugehörigkeit aufzulisten. Wir sind nämlich bei unseren alltäglichen Bezeichnungen und der daraus resultierenden Verständlichkeit sowohl auf die Anbauform, als auch auf die Verwendung in der Küche fixiert. Dabei kann es zu recht kuriosen Zuordnungen kommen, wie zum Beispiel bei der Frühlingszwiebel, die auch eine Winterzwiebel sein und zudem noch unterschiedlichen Arten angehören kann.
Allgemeines zur Thematik
Zuallererst ist festzustellen, dass die wichtigen Zwiebel- und Lauch-Varianten unserer Gärten [1] von relativ wenigen Pflanzenarten abstammen. Wenn wir von der Perlzwiebel, die ein Porreegewächs ist, absehen, gibt es weltweit nur zwei genutzte Arten der Speisezwiebel und das sind:
- Allium fistulosum, die Winterheck- bzw. Lauchzwiebel und
- Allium cepa, die Küchen- bzw. Gemüsezwiebel, der auch die Schalotte und die Silberzwiebel zuzuordnen sind. Die Luftzwiebel (Allium cepa var. proliferum) ist ein Hybrid beider Arten (A. fist. x A. cepa).
Des Weiteren haben wir als Lauchgemüse noch Porree (Küchenlauch) im Angebot, zu dem zwei weniger bekannte Urformen gehören, und das sind die Perlzwiebel und der Riesenknoblauch.
Und last but not least gehört auch der Knoblauch zu den Lauchgewächsen.
Am Rande sei erwähnt, dass derzeit (2021) die Botaniker dabei sind, die bis dato noch recht verworrene botanische Systematik (Taxonomie, Klassifikation) der Lauchgewächse zu ordnen [3]. Das wird zur Folge haben, dass in der Zukunft sicher der eine oder andere heute übliche botanische Name eine Änderung erfahren und dann nur noch als Synonym gehandelt wird. Das soll uns aber nicht stören, und so werfen wir zuerst einen kurzen Blick auf die geltende botanische Zuordnung unserer wichtigsten Lauchgemüse. Anschließend beschäftigen wir uns mit der umgangssprachlichen Zuordnung.
Kurzer Blick auf die botanischen Systematik
Die verschiedenen Allium-Arten (Zwiebeln, Lauch und Knoblauch) gehören allesamt zur Pflanzengattung Allium [2]. Diese Gattung wird dem Tribus (Unter-Unter-Familie) Allieae zugeordnet. Die Allieae wiederum gehören zur Unter-Familie der Allioideae, welche innerhalb der Pflanzenfamilie der Amaryllidaceae (Amaryllisgewächse) auszumachen sind. Die Amaryllisgewächse wiederum gehören zur Ordnung der Asparagales (Spargelartigen).
Den Namen "Allium" kannten bereits die alten Römer und Griechen. Vermutlich ist Allium aber keltischen Ursprungs und bedeutet so viel wie "brennen" und weist auf Geruch und Geschmack der Pflanzen.
Die Gattung Allium zeichnet sich durch krautige Geophyten aus. Sie bilden in ihren häutigen Hüllen eingeschlossene Zwiebeln. Die meisten Arten produzieren Alliin, eine natürliche, schwefelhaltige Aminosäure, welche den unverwechselbaren Geschmack und Geruch von Zwiebeln und Knoblauch ausmachen. Ungefähr zwanzig Arten werden als essbare Nutzpflanzen angebaut. Viele der Arten sind auf trockenen Standorten heimisch (Xerophyten), und die über 850 Arten kommen fast ausschließlich auf der Nordhalbkugel vor. Die größte Artenvielfalt finden wir um das Mittelmeer herum verteilt, wo warme trockene Sommer und kühle feuchte Winter vorherrschen. Ein zweites Zentrum der Verbreitung liegt im westlichen Nordamerika. [3]
Meine umgangssprachliche Systematik
Die Küchen- bzw. Speisezwiebel
Wenn wir im gärtnerischen Sinne von Zwiebeln sprechen, so meinen wir nicht immer das Gemüse, sondern auch die vielen schönen Blumen-Zwiebelgewächse (Geophyten), welche unsre Gärten meist im Frühjahr verschönern, also Zierlauch, Tulpen, Narzissen, wie auch die zeitigen Frühblüher. In der Küche verwenden wir die genießbaren Formen, und das ist zunächst die Speise-, Küchen- bzw. Gemüsezwiebel. Vom Handel her hat sich in neuerer Zeit für die lagerbare Form die Bezeichnung Trockenzwiebel eingebürgert. Ein älterer regionaler Begriff hierfür ist Bolle, der sicher auch nicht schlecht ist. Hin und wieder verwende ich ihn auch noch.
Die grünen Lauch-Sorten
Die andere Gruppe der Speisezwiebeln ist die, welche wir frisch geerntet und noch grün verbrauchen, also von denen wir neben dem hellen Schaft auch das grüne, röhrige Laub (den Lauch, die Schlotten) für die Zubereitung von Speisen verwenden. Das sind die Lauchzwiebeln. Werden sie im Frühjahr verkauft, nennen wir sie Frühlingszwiebeln. Damit ist nebenher auch die Frage geklärt, was denn der Unterschied zwischen Lauch- und Frühlingszwiebel ist. Es gibt keinen. Bis hier hin ist sprachlich gesehen alles relativ klar, und diese Sprachregelung ist der Begrifflichkeit von Küche und Handel entlehnt.
Frühlingszwiebeln – Definition aus gärtnerischer Sicht
Wie oben bereits erwähnt, finden wir bei der Bezeichnung der Speisezwiebeln also Namensgebungen, welche den Gebrauch in der Küche meinen. Im gärtnerischen Sprachgebrauch ist das aber manchmal etwas anders. Dort kann zum Beispiel eine Frühlingszwiebel sowohl eine Lauchzwiebel, wie auch eine kleine Bolle sein. Gemeinsam ist ihnen, dass sie die frühesten Ernten von Freilandzwiebeln bringen. Abgesehen von Kulturen in beheizten Gewächshäusern bringen im Vorjahr gepflanzte, winterfeste Steckzwiebeln, sogenannte Wintersteckzwiebeln, im Frühling den allerersten Lauch. Gefolgt werden sie von speziellen winterharten Sorten (Allium cepa oder A. fistulosum), welche keine Bollen ausbilden und damit schnell reifen. Sie werden ab Juli direkt auf das Beet gesät, um im darauffolgenden Frühjahr geerntet werden zu können. Es ist auch möglich, gleiche oder ähnliche Sorten im Februar im Gewächshaus vorzuziehen und dann rasch ins Freiland zu pflanzen. Sie reifen ein wenig später als die Wintersteckzwiebeln, bringen aber höhere Erträge.
Die ersten Trockenzwiebeln ernten wir gewöhnlich nicht vor Mitte Juni, doch gibt es hier wiederum sehr frühe Allium-cepa-Sorten, welche mittels Vorkultur im Gewächshaus noch schneller zur Ernte kommen. Sie nennt der Gärtner ebenfalls Frühlingszwiebeln. Daneben gibt es auch solche Frühlings-Sorten, die bereits im Jahr zuvor im Sommer oder Spätsommer gesät werden. Sie sind frostfest und überwintern als Jungpflanze. Anschließend bilden sie bis Ende Mai schöne, kleine und runde Zwiebeln aus, die allerdings nicht sehr lange haltbar sind. Getrocknet halten sie sich bis zum Ende des Hochsommers. Da diese Formen im Überwinterungs-Anbau gewonnen werden, nennt sie der Gärtner aber auch Winterzwiebeln, und diese kommen dann tatsächlich als Frühlingszwiebeln in den Handel – sind aber keine Frühlings-Lauch-Zwiebeln. Alles klar?
Lauchzwiebeln
Betrachten wir nun noch einmal die Lauchzwiebeln näher. Wir finden sie im Supermarkt sommers wie winters, immer relativ jung geerntet und damit entsprechend klein. Entweder stammen sie aus der Region, oder sie werden, besonders in den Wintermonaten, aus wärmeren Ländern eingeführt. In tropischen Klimazonen hingegen lässt man die Lauchzwiebeln (Allium fistulosum) häufig auswachsen und bringt sie unmittelbar auf regionale Märkte. Sie lassen sich nämlich auch zu größeren, bis drei Zentimeter starken Lauchgewächsen ziehen, und in tropischen Regionen ist es das am häufigsten angebaute Zwiebelgemüse. Für Handel und Transport ist das jedoch ungünstig, da ausgewachsene Lauchzwiebeln nicht lange haltbar sind.
Wo werden sie besonders angebaut?
Doch hat der bevorzugte Anbau der Lauchzwiebel in den tropischen Ländern weniger etwas mit dem Klima zu tun, als mit der Tageslichtlänge. Trockenzwiebeln (Allium cepa) sind sogenannte Langtagspflanzen und sie bildet nur dann besonders dicke Bollen aus, wenn sie einer Tageslichtlänge von mindestens 14 bis 16 Stunden ausgesetzt sind. Das ist aber um den Äquator herum nicht der Fall, weil das ganze Jahr über Tag und Nacht jeweils 12 Stunden betragen. Natürlich braucht es in den tropischen Klimagebieten auch seltener Lagergemüse, welches wie bei uns, die Wintermonate überbrücken muss. Allerdings sollte uns das nicht davon abhalten, als Selbstversorger auch ausgewachsene Lauchzwiebeln zu gebrauchen.
Übrigens: Lauch- und Frühlingszwiebeln lassen sich im Kleingarten auch folgendermaßen aus der Art Allium fistulosum (Winterheckzwiebel) kultivieren, obwohl die Methoden im professionellen Anbau nicht üblich sind. Dabei werden im Frühling ins Freiland gesäte, bereits gut entwickelte Pflanzen:
- ab August jung geerntet (direkt vom Saatbeet)
- im September für das Folgejahr verpflanzt (durch das Verpflanzen gedeihen sie im Anschluss besser)
- mit dem Absterben des Laubes im Oktober/November geerntet, getrocknet und wenige Tage später als Steckzwiebel für das Folgejahr gesteckt
Sie überwintern problemlos, treiben ab Ende März aus und sind zunächst als lauchblättrige Frühlingszwiebeln zu gebrauchen. Diese Anbauform eignet sich besonders gut für den Bereich der Selbstversorgung, weil nämlich auch die nicht geernteten Exemplare stehen bleiben können. Aus ihnen bilden sich in den folgenden Monaten kräftige Lauchzwiebeln aus. Zwar kommen sie im Juni zu Blüte und teilen ihren Schaft der Länge nach, aber das stört uns bei der Verwendung nicht. Sie haben statt einer dicken dann zwei dünne Lauchstängel. Damit haben wir auch brauchbare grüne Zwiebeln bis in die ersten Oktobertage hinein zur Verfügung.
Schalotten
Nun haben wir bereits eine ganze Reihe von Zwiebelgemüse kennengelernt und hätten beinahe die Schalotten vergessen. Wie oben bereits erwähnt, sind sie vermutlich nur eine Unterart der ganz normalen Trockenzwiebel (Speisezwiebel, Allium cepa). Nur hat sie keine sehr feste Außenhülle und teilt sich schnell, sodass sie auch keine feste Bolle ausbildet. Bei der Teilung fällt sie quasi auseinander und bildet im Durchschnitt fünf Tochterzwiebeln aus. Zudem neigen die Schalotten weniger zur Blütenbildung. Die Erträge sind bei uns nicht übermäßig hoch, doch können wir im Garten die kleineren Exemplare als Steckzwiebel verwenden.
Lauch – Porree
Porree (Küchenlauch)
Die dritte wichtige und ziemlich ertragreiche Art an Lauchgemüse ist der Porree (Küchenlauch). Die alte, synonyme, botanische Bezeichnung ist Allium porrum, doch nun (siehe [3]) gehört das Gemüse zur Allium ampeloprasum Lauch-Gruppe, wobei Allium ampeloprasum [4] der wild vorkommende Lauch ist und der angebaute kultivierte Lauch (Porree, Küchenlauch) lediglich die Sorten-Auslesen der Wildform darstellen. Ein weiterer alter, synonymer, botanische Name A. ampeloprasum var. porrum ist dementsprechend verständlich, zur Zeit jedoch nicht gebräuchlich.
Eine Sonderform der Nutzung ist die als Schnittporree, der bei mir noch im Test ist.
Elefantenknoblauch
Etwas weniger bekannt beziehungsweise oft mit Knoblauch verwechselt wird der sogenannte Riesen- oder Elefanten-Knoblauch Allium ampeloprasum var. ampeloprasum. Dieser bildet ähnlich dem Knoblauch würzige Zehen aus. Sie sind meist etwas größer und milder als herkömmliche Knoblauchzehen. Durch Trocknen werden sie etwas pikanter. In manchen Ländern, wie etwa in Ägypten, wird das einfach zu kultivierende Gemüse reichlich verbraucht.
Warum das bei uns nicht der Fall ist, bleibt mir unklar. Vermutlich könnte man die aromatischen Zehen nicht als Knoblauch-Ersatz ansehen, dabei ist es ein eigenständiges Küchengemüse mit ganz eigenen Rezepten und Formen der Zubereitung.
Perlzwiebel, Perllauch
Die dritte Porree-Variante ist die Perlzwiebel Allium ampeloprasum var. sectivum, also die Miniaturzwiebel, die überwiegend eingesäuert (Mixed Pickles) auf den Tisch kommt. Für diesen Zweck ließ man Porree auf dem Beet überwintern und schnitt den im Frühling austreibenden Blütenansatz ab. Anschließend bildet der verbleibende Porreestängel an der Basis kleine Zwiebelchen aus. Das sind die besagten Perlzwiebeln, welche in der Küche Verwendung finden konnten oder für die Weitervermehrung wiederum gesteckt wurden. Die daraus aufgehenden Pflanzen bilden durch Teilung dann wiederum kleine Perlzwiebelchen aus. Sie können nicht durch Samen vermehrt werden. Das ist die ursprüngliche Anbauform.
Neben der kleinen Perlzwiebel gibt es aber auch den etwas größeren, besser zu handhabenden Perllauch. Er schmeckt jedoch ein ganz klein wenig nach Knoblauch, doch eingelegt ist das kaum zu bemerken.
Heutzutage hat man die Art und Weise der Vermehrung dieser beliebten Zwiebel fürs Partybuffet vereinfacht. Es ist anstelle der Porreezwiebel eine Züchtung von Allium cepa getreten. Es ist die Silberzwiebel (Allium cepa), die durch Aussaat vermehrt werden kann und ertragreicher ist. Typische Sorten sind:
- 'Weiße Königin' ('The Queen')
- 'De Barletta'
- 'Blanc de Paris', Pariser Silberzwiebel
- 'Paris Silverskin'
Knoblauch
Zum Knoblauch Allium sativum ist an dieser Stelle nicht viel zu sagen. Sowohl die botanische als auch die umgangssprachliche Zuordnung ist eindeutig. Was die Kultur im Garten betrifft, so habe ich in verschiedenen Versuchen die beste Zeit für das Stecken der Zehen herausgefunden. Und die liegt nicht, wie in vielen Kulturanleitungen vorgeschlagen, im Frühling sondern im Herbst, genauer gesagt Ende September/Anfang Oktober. Die Ernte erfolgt dann je nach Sorte von Juni bis in den August hinein. Wobei die zeitig geernteten Exemplare nicht für die Lagerung geeignet sind. Wir können sie frisch verbrauchen oder zum Einmachen verwenden, was tatsächlich nur mit den ganz frühen, nicht voll ausgereiften Knoblauchzehen geht. Zur Einlagerung verwenden wir nur voll ausgereifte Exemplare. Knoblauch sollte aber auch nicht zu lange auf dem Beet stehen bleiben. Andernfalls platzt die schützende Umhüllungshaut auf und lässt die Zehen rasch verderben.
Früher wurde in Deutschland noch eine weitere Knoblauchart angebaut und zwar die Roggenbolle. Das ist eine Kulturform des Schlangen-Lauchs Allium scorodoprasum. Sie wird in der alten Literatur als eine rote Knoblauchform beschrieben. Ob diese Auslese mit roten Knoblauchzehen heute noch existiert, ist mir nicht bekannt. Vermutlich wurden sie von Allium-sativum-Sorten verdrängt, obwohl um 1880 in Genua (Italien) noch ein darauf spezialisiertes Anbaugebiet existiert haben muss. Von dort wurde sie in großen Mengen unter der Bezeichnung "Ail rouge" in die französische Provence exportiert. [5] [TJ.4.8]
Hinweise und Literatur:
[1] Weitere Lauch-Arten wie Bärlauch (Allium ursinum), Schnittlauch (Allium schoenoprasum), Schnittknoblauch (Allium tuberosum), Chinesischer Lauch, Rakkyo (Allium chinense) und dergleichen, die mehr zu den Wild- oder Küchenkräutern zählen, finden an anderer Stelle Erwähnung.
[2] Manchmal wird in der Systematik zwischen der Gattung Allium und der kultivierten Art z.B. Allium cepa noch die Unter-Gattung Cepa (Gemüsezwiebel) eingefügt.
[3] Botanische Systematik der Allium-Arten: https://en.wikipedia.org/wiki/Taxonomy_of_Allium
[4] Allium ampeloprasum, der Wilde Lauch (Porree) war früher anderen Arten zugeordnet. Die botanischen Synonyme sind: Allium babingtonii Borrer , Allium scorodoprasum var. babingtonii (Borrer), Allium kurrat Schweinf. ex K.Krause.> [3]
[5] Rümpler Theodor; Illustrierte Gemüse- und Obstgärtnerei (Bearbeitete Auflage); Verlag von Wiegand, Hempel & Parey; Berlin 1879 (Roggenbolle, Seite 222)
- https://de.wikipedia.org/wiki/Ackerlauch
- https://de.wikipedia.org/wiki/Alliin
- https://www.graines-baumaux.fr/224432-ail-rocambole-allium-scorodoprasum.html